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Wil - Thun 2:2
11.09.2021Challenge League 2021/2022


The boys are back
The boys are back
The boys are back
And they’re looking for trouble…

Wir halten uns auf der Autobahn ganz an die Dropkick Murphys. Bier, Schnaps, Pferderennen und laute Musik. Und wir haben die perfekte Tarnung draussen an der Car-Frontscheibe: «Teambus 1. Mannschaft» steht dort unübersehbar. Dabei fahren die Spieler gar nicht mehr mit Wenger Car durch die Schweiz, sondern sind – wie auch der eine oder andere Thunfan – zu Straubhaar Carreisen abgesprungen. Egal Alter. Das hier ist nicht einfach nur ein Block Süd-Ausflug, es ist die erste Block Süd-Carfahrt seit dem FCT-Sieg mit Munsy-Tor in Basel. Das war am 15. Februar 2020 und eigentlich so lange her, dass ich staune, dass wir überhaupt noch eine Sektion Stadionverbot mit an Bord haben. Aber in der Tat teilen wir Partybusgäste uns heute in drei Gruppen ein: Gruppe 1 bleibt im Stadtzentrum (beim Dorfplatz?) von Wil – lustig, wie einer von uns meint, das sei auch sein Stammplatz und er dürfe auch immer noch nicht näher zum Stadion. Wieder rein mit dr. Gruppe 2 bleibt vor dem Stadion und haut dort mächtig laut auf die Pauke. Und Gruppe 3 nutzt die topmoderne Twint-Bezahlmöglichkeit am Kassenhäuschen und geht tatsächlich rein in den Gästesektor – man will ja auch mal wieder das Team Auge in Auge verfluchen. Denn Anlass zum Fluchen gibt es heute in Wil: Stunden vor Anpfiff haben die Zeitungen «Schweiz am Wochenende» und «Blick» enthüllt, dass der FC Thun über eine Million Franken Corona-Hilfsgelder vom Bundesrat (übersetze: uns Steuerzahlern) erhalten hat, die grösste Summe der ganzen Liga. Wir erinnern uns: Der heilige Gerber hat während Monaten öffentlich abgestritten, dass der FC Thun Anspruch auf Entschädigung für entgangene Zuschauereinnahmen hat. Und wir erinnern uns auch: Der FC Thun hat im Gegensatz zu vielen anderen Profivereinen aus Fussball und Eishockey uns Fans für die krasse Geisterspielsaison 2020/2021 nicht entschädigt. Zum Glück bin ich heute nicht Capo, ich würde wohl ein «Scheiss Millionäre!» anstimmen.
Der Liveticker-Schreiberling des «St. Galler Tagblatts» meint: «Heute sind deutlich mehr Zuschauer im Bergholz als noch an den ersten beiden Heimspielen, was sicherlich am schöneren Wetter liegt. Auch schon zu sehen ist, dass es wieder Gästefans im Stadion hat. Es haben doch einigen Thuner den Weg nach Wil gefunden.» Tatsächlich sind wir im Stadion gegen 100 Thunfans. Nur am Wetter haben wir weniger Spass als der getränkemässig wohl besser ausgerüstete Heimchronist. Kevä und ich verlangen im Gästesektor vergebens den berühmt-berüchtigten Wil-Punsch (man erinnere sich ans Cupspiel). Es sei zu heiss für einen heissen Punsch, werden wir mit einer Ostschweizer Wetterregel belehrt. Bleiben wir halt beim Schützengarten.
Und eben, wir wollen ein einheimisches Schützengarten und kein einheimisches Schützenfest. Auf dem Platz dominieren zu unserem Verdruss von Spielbeginn an die Wiler. Insbesondere Silvio hat viel Drang nach vorne. Wirklich wecken tut uns Fans – und leider eher weniger die Verteidiger – Dickenmann in der 11. Minute mit einem Pfostenknaller. Thun macht nun teils einen überforderten Eindruck. Und als die Gäste nach einer halben Stunde endlich zu ersten Offensivaktionen kommen, stufen wir sie mehr als Befreiungsversuche denn als echte Torchancen ein. Doch während Chihadeh erst noch scheitert, trifft wenig später Schwizer. Im ersten Versuch scheitert er zwar noch am starken Wil-Goalie, aber der Nachschuss passt. 0:1 in der 36. Minute. Und Gelbe Karte für Alex Frei. Der gibt auch als Trainer alles und tobt, weil der Ball angeblich vor dem Tor im Aus war.
Wir nehmen uns an Alex ein Beispiel und toben zwei Minuten später auch. Denn da gleicht der FC Wil bereits wieder aus. Dickenmann kommt über die rechte Seite und flankt den Ball in den Strafraum, wo bei den Thunern helle Verwirrung herrscht. Brahimi kommt an den Ball und schiesst aus zehn Metern Goalie Hirzel an. Der freistehende Lukembila reagiert am schnellsten und köpft den Ball zum Ausgleich ins Tor. Echt keine Meisterleistung der Thuner. Auch weil wir froh sein müssen, dass Thun dieses 1:1 überhaupt in die Pause rettet. Wobei Schwizer schon früher in der Kabine verschwindet, er hat sich bei einem Zweikampf verletzt.
Wer soll da bloss in der zweiten Halbzeit ein Tor für die Thuner schiessen? Wenigstens zeigt der Schiedsrichter Schärli in der 56. Minute Herz für Thun, als der Ball Lukembila an die Hand springt. Er zeigt auf den Elfmeterpunkt. Ein strenger Penalty, der für viel Tumult auf dem Platz sorgt mit drei Gelben Karten. Dann endlich der Elfmeter. Castroman läuft an und schiesst in bester Natispieler-Manier flach in die linke Ecke. «Hör auf, dich für die Nati zu bewerben!» schreie ich. Denn klar, Wil-Goalie Keller kommt an den Ball und wehrt ihn ab. Da fragt man sich, was Will aus so einer Chance gemacht hätte. Gesagt, getan, Schiedsrichter Schärli beglückt in der 62. Minute auch die Einheimischen mit einem Penalty. Die Szene, die dazu geführt hat: Havenaar hat Dickenmann gefoult. Für den FCW schiesst Bahloul und das auch nicht wirklich platziert. Und doch gelingt es ihm irgendwie, den Ball unter Hirzel zu versenken. 2:1. Da trinke ich lieber noch einen grossen Schluck Schützengarten. Kevä bleibt auf dem Trockenen, sein voller Bierbecher ist kurz zuvor in hohem Bogen durch den Gästesektor geflogen.
Der Speaker vermeldet einen neuen Saisonrekord, 940 Zuschauer sind heute mit von der Partie. Und die singen und klatschen gut gelaunt. Bis, ja bis Thun eher entgegen dem pielverlauf zum Ausgleich kommt. Nach einem Eckball verlängert Bürki den Ball zum hinteren Pfosten, wo Dorn steht und genug Platz hat, um den Ball aus knapper Distanz über die Linie zu schieben. Das war jetzt auch schlecht verteidigt. Kein Wunder, tobt Alex Frei wieder.
Wir in der Thunkurve verzichten darauf, in den Schlussminuten ähnlich zu toben. Ein paar zynische Sprüche – auch gegen den heiligen Gerber – sind zwar schon zu vernehmen. Aber ansonsten finden wir uns mit dem 2:2 ab. In der Blitztabelle haben wir so immerhin einen Sprung von Platz 7 auf Platz 6 gemacht. Umso besser, hat der heilige Gerber schon vor dem Wil-Spiel den Vertrag mit Trainer Bernegger um weitere zwei Jahre verlängert.
Ja fahren wir halt mit diesem einen Punkt wieder heimwärts. Und fühlen wir uns geehrt, wie viel Polizei es heute rund ums Stadion hat. Wenigstens in Wil hat man den Block Süd nicht vergessen.

The boys are back
The boys are back
The boys are back
And they’re looking for trouble…