Thunfans » Spielberichte » Schweizer Cup 2020/2021 » Thun - Luzern
Thun - Luzern 0:1
13.09.2020Schweizer Cup 2020/2021


Fussball im Jahr 2020. Ja überhaupt das Leben im Jahr 2020. Es ist nicht mehr das selbe. thunfans.ch war 20 Jahre lang eine Website von und für Thunfans. Dann kam Corona und alles ist nicht mehr so wie an jenem 22. Februar 2020 als ich im grossen engen Freundeskreis das NLA-Spiel Thun-Luzern im Stadion sah. Die einen kommen nicht mehr ins Stadion, weil sie Stimmung und Stehplätze vermissen. Bei den anderen ist der Hass auf die Masken grösser als die Liebe zum Fussball. Und dann gibt es jene, die im Altersheim arbeiten und denen 90 Minuten Fussball das Risiko nicht wert sind, allenfalls sich und andere anzustecken - erst recht nicht in der NLB. Das sei hier auch noch kurz erwähnt: Thun ist in diesem Sommer in der Barrage abgestiegen ohne dass Fans mit gültigem Saisonabo 2019/2020 überhaupt die Möglichkeit hatten, im entscheidenden Spiel das Team im Stadion anzupeitschen. Das hat nicht (nur) der Bundesrat so entschieden, sondern der FC Thun.
Ja, der Schmerz ist tief und der Frust ist gross im Jahr 2020. Und wenn wir thunfans.ch nach monatelanger Pause nun doch wieder auf aktiv stellen, dann um hier eine Art Zeitdokument zu schaffen über eine Zeit, die ganz einfach SCHEISSE ist. Aus dieser Website wird ein Blog, auf dem wir ab und zu über Stadionbesuche berichten. Wie oft das einem von uns überhaupt glücken wird, steht natürlich in den Sternen. Die Motivation ist in etwa so mittelmässig wie der Thuner Trainerstab und nicht jeder von uns ist so hyperaktiv und fussballsüchtig, dass er sein Auswärtsreisenbudget in eine Kriens-Saisonkarte investiert.

Der heutige Spielbesuch und Spielbericht wird möglich durch eine „Einladung zum Cupspiel FC Thun - FC Luzern“. Angeblich habe ich in einer Tombola des FCT dieses Los gezogen. Als Alternative hätte es eine Starterlaubnis für NLB-Spiel gegen Lausanne-Ouchy gegeben. Gut, hätte auch nicht gepasst, nach dem verpassten Abstieg beim Wiederanfang in der NLB live dabei zu können. Zusammen mit der Einladung gibts einen Papierstapel Fussball- und Gesundheitsbürokratie. Spannend ist der 48 Stunden-Kein-Kopf-Passus, der auf dem „Es geht mir trotz all dem Scheiss gut“-Dokument unterschrieben werden muss. Ist das eine ernsthafte Frage, wenn das Spiel am Sonntag stattfindet? Ich versuche aber mein Bestes und trinke das ganze Wochenende nur Thunbier. Meine beste Nicht-mehr-Fussball-Kollegin leistet mir Gesellschaft - und hat am Sonntagmorgen prompt Kopfweh. Also gilt es prompt das „Es geht mir trotz all dem Scheiss gut“-Dokument bis aufs letzte Detail zu prüfen. Und Halleluja, sie darf gemäss Ziffer C Kopfweh haben, Probleme hätte ich(!) erst, wenn sie keinen Biergeschmack mehr erkennen würde. Ein grosses Herz wie sie hat, trinkt sie am Sonntagmittag extra nochmals ein Bier - sie findet mit all dem Kopfweh nicht wirklich gut, aber sie findet ihn.
Ich darf ans Spiel. Einfach mit Maske und Desinfektionsmittel. Weshalb ich prompt meinen Schal Zuhause vergesse. Aber im Jahr 2020 trägt man das Vereinslogo sowieso auf einer Maske und nicht auf einem Schal. Und die trägt man immer ausser man trinkt, raucht oder isst. Um nicht mit einem neuen Laster anzufangen und weil das Thunbier langsam auch bei mir wirkt, esse ich meine erste Thunwurst seit Jahren. Schmeckt gut. Und ist auch ideale Waffe, damit die Fans rundum genug Abstand halten. Anders sind da die Luzernspieler unterwegs, die von Spielbeginn an kräftig zupacken, foulen und techtelmechteln. Warum ein Schulz für mehrere solche Aktionen nur einmal Gelb sieht, weiss auch nur Schiedsrichter Schnyder. Vermutlich liegt daran, dass Thun als B-Ligist nun endgültig der Übervorteilte ist bei Tatsachenentscheiden. Wie war das nochmals mit dem Stromausfall in Genf und den nicht gleichzeitig gespielten zweiten Halbzeiten am letzten NLA-Spieltag. Jedenfalls spielt Luzern durchwegs zu elft und hat selbst so Mühe mit Thun mitzuhalten. Der Unterklassige (an diesem Ausdruck müssen wir uns erst noch gewöhnen) ist feldüberlegen, erspielt sich mehr Chancen und hat schliesslich auch die erste Grosschance. Doch Sutter schafft es nach einem Eckball in der 20. Minute fünf Meter vor dem Tor gefühlte fünfzig Meter übers Tor zu schiessen. Mehr Cleverness hat da schon Luzern, könnte man meinen. In der 43. Minute tauchen Schulz und Ndiaye allein vor Torhüter Hirzel auf. Querpass von Schulz auf seinen Teamkollegen, der nur noch ins leere Tor einschiessen muss. Nur trifft er zu unserer Schadenfreude nur das Aussennetz.
Allein von Spielverlauf her darf man darauf hoffen, dass Thun in der zweiten Halbzeit verdient in Führung gehen wird. Doch jeder, der nur halbwegs nüchtern Cupspiele verfolgt, weiss nur zu gut, dass dann meist der Oberklassige in Führung geht. In Minute 53 ist es soweit. Ausgerechnet Schulz wird an der Strafraumgrenze lanciert und drückt den Ball über die Linie. 0:1. Und statt lautem Hopp Thun und viel Applaus dominieren nun in Zuschauerreihen die Flüche - gegen eigene Spieler und gegen gegnerische. Wir haben viel Frust abzubauen in diesem Jahr 2020. Doch niemand schmeisst Bierbecher wie in der guten alten Zeit. Fussball ist nicht mehr das selbe im Jahr 2020. Nur die Spielweise der Thuner, die erinnert etwa ab der 60. Minute ans Jahr 2019. Die Spieler mühen sich ab, ohne noch wirklich gefährlich zu werden. Ob der Weitschuss von Faktic oder der Kopfball von Havenaar, als Grosschance kann man keine Thuner Szene bezeichnen in der zweiten Halbzeit. Und so schaukelt Luzern die knappe Führung über die Zeit. Die Cupsaison 2020/2021 ist schon vorbei, bevor die meisten Thunfans überhaupt einmal im Stadion waren. Passt perfekt ins Jahr 2020. Einfach Scheisse!