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Sion - Thun 0:1
26.05.2019Super League 2018/2019


Die Rechnung ist einfach: Wenn GC, YB, FCZ und Thun heute allesamt gewinnen, schafft es unser FCT doch noch in die Gruppenphase des Europacups. Die Wettquote, das dies auch wirklich eintrifft, liegt im hohen dreistelligen Bereich. Schliesslich hat GC seit letztem November nicht mehr gewonnen. Und für Thun gab es letztmals Mitte März einen Auswärtssieg. Und doch reisen wir heute optimistisch ins Wallis. Denn schliesslich sind Fussballwunder ein Spezialgebiet des FCT. Und schon ein halbes Wunder würde heute ausreichen für den Europacup, spielt man doch auch auf Platz 4 und 5 europäisch.
Eine andere Hoffnung zerschlägt sich dagegen schon vor dem Spiel, die Hoffnung auf gutes Wetter. Mag Party-Kernen in noch so kurzen Hosen unterwegs sein, wirklich Frühling mit Sonnenschein ist es auch heute nicht. Womit schliesslich 17 von 18 Rückrundenspielen bei nervig schlechtem Wetter stattgefunden haben, einzige Ausnahme war der Abstecher nach Neuenburg. Umso wichtiger, dass wir vor dem Spiel im Fanzelt des FC Sion ein warmes Raclette zu uns nehmen können. Diese winterliche Stärkung ist uns gar so wichtig, dass wir uns zu sechst der Polizeiweisung widersetzten, schnurstracks von der berüchtigten Sion-Brücke aus zum Gästesektor zu gehen. Wir lassen den feurigen Fanmarsch feurig sein und biegen halt bei der zweitbesten Gelegenheit links ab. Wie heisst es doch auf unserer philosophischen Weissweinflasche im Zelt so treffend: Wein ist zwar nicht die Antwort, lässt aber die Frage vergessen. Und ein Raclette sowieso. Vor allem wenn Kevä ordentlich viel Härdöpfu-Nachschub holt.
Schliesslich landen aber auch wir Glorreichen Sechs im Gästesektor, in dem es zu Spielbeginn zu unserer Überraschung keine weitere Feuerwerkeinlage gibt. Dafür zeigt unser Team auf dem Platz feurige Leidenschaft. Als hätte es die Krise der vergangenen Monate ebensowenig gegeben wie die unglückliche Niederlage gegen Basel übernimmt Thun von Beginn an das Spieldiktat. In der 4. Minute erspielt Ferreira den ersten Eckball, in der 15. Minute Costanzo die erste gute Torchance. Das Chancenplus ist klar auf Seiten der Thuner, auch dank einem überaus starken Ferreira. Die Topchance schlechthin hat dann aber Costanzo mit einem Freistoss in der 40. Minute. Er knallt den Ball leider nicht ins Netz, sondern an die Latte.
In der Pause trauern wir aber weniger dem verpassten Tor, als dem verpatzten Bier nach. Light-Bier ist ja das eine. Aber muss es wirklich noch mit Wasser verdünnt werden, wie mehrere Thuner beobachtet haben. Was ist bloss aus dem einst so süffigen Wallis geworden?
In der 58. Minute dann endlich das Tor. Spielmann auf Costanzo und der trifft zum verdienten Führungstreffer. Doch Jaccottet gibt das Tor nicht, soll doch der am Tor unbeteiligte Sorgic Sion-Goalie Fayulu mit einer Abseitsposition irritiert haben. Ein seltsamer und ärgerlicher Entscheid. Doch die Thuner hadern nicht mit dem Schiriverdikt, sondern bleiben buchstäblich am Ball. In den direkt auf diese Szene folgenden Spielminuten wird Thuner Fussballgeschichte geschrieben. Erst geht in der 61. Minute unter tosendem Applaus der Thuner Kurve Ferreira vom Platz. Und dann entschädigt uns in der 62. Minute Kablan für all seine Fehler in der Rückrunde. Er verwertet doch tatsächlich bei einem Eckball eine Vorlage von Sorgic per Kopf. Fussballgott Kablan!
Und kurz darauf schiesst GC tatsächlich weit weg im Tessin den 3:2-Führungstreffer. Thun liegt plötzlich und auch dank weiteren günstigen Resultaten auf dem dritten Tabellenplatz. Das Fussballwunder ist in Greifweite. Es wäre verdient. Auf dem Feld hat Thun das Spiel im Griff, in der Kurve die Fans bei zwei gewaltigen Pyroaktionen das Feuer. Doch GC lässt die Wunderkerzen leider nicht lange brennen. Erst gibt es einen Platzverweis gegen GC, dann den 3:3-Ausgleich für Lugano. Thun müsste nun zwei Tore schiessen, um Lugano aus eigener Kraft zu überholen.
Die Chancen für Thun sind da, doch Costanzo verpasst ebenso wie Salanovic. Und dann ist da die 87. Minute, in der es Glanzparade von Faivre braucht, um das Geschoss von Djitté abzuwehren. Das knappe 1:0 entspricht von daher dem Spielverlauf.
Als der Abpfiff ertönt, feiern wir dieses 1:0 lautstark. Denn damit steht fest, dass Thun doch europäisch spielt im Sommer - zwar nicht als Nummer 3 der Schweiz, aber immerhin als Nummer 4. Diesen Erfolg feiern wir erst im Wallis und dann weiter in Thun die ganze Nacht durch. Wer braucht schon den Meistertitel für eine beschwingte freie Nacht. Ein (halbes) Fussballwunder reicht uns da vollkommen.