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Thun - Lausanne 2:4
08.04.2017Super League 2016/2017


Was liebe ich nicht diese Thuner Gastfreundschaft. Da humple ich durchs Bälliz und bekomme von einem freundlichen Herr prompt ein Flugblatt zur Aufmunterung beigesteckt. Der Thuner Gruss beginnt mit den Worten: "Weltweit sterben mehr als 86 000 Menschen jeden Tag. Und das Erschreckende daran: Jeder kann der Nächste sein, denn der Tod macht vor niemandem halt..." Doch, doch, so Thuner können einem wirklich so richtig die Stimmung vermiesen. Was der nette Herr erst den vier Lausanne-Fans für Lebensweisheiten mit auf den Weg gibt? Dass es falsch ist, Franzose zu sein? Nun auch seelisch angeschlagen, hole ich mir im Coop das Getränke, das meine letzte Wochen perfekt umschreibt: 2 Dosen Suure Moscht. Damit setze ich mich vor dem Stadion hin und bitte in bester Strassenenmusiker-Weise (aber ohne ein Instrument zu foltern) um eine milde Spende. Doch nicht mal Gölä (also der mit mehr Musikgeschmack und weniger Tattoos) zeigt Härzbluet für mich. So geh ich halt doch in die Stehkurve.
Stehend leide ich also vor mich hin. Eine gute Zeit lang nur wegen dem Fuss, doch dann auch immer stärker wegen dem Spielverlauf. Vielleicht liegt es auch einfach nur aber schön-warmen Frühlingswetter, dass auch ich die schlechten Vorzeichen zu Spielbeginn wahrnehme. So ist da zum Beispiel dieser Kololloli. In der 2. Minute stoppt er Tossetti unsanft - und bekommt dafür von Jaccottet kein Gelb. Und in der 3. Minute gibt er einen Schuss auf Faivre ab. Der hat zwar diesen Ball, doch bekommt gleich mehrere Bälle erst im zweiten oder gar dritten Versuch zu fassen. Und doch ist es Castella, der als erster Goalie auf diesem Platz bezwungen wird: Ein Fehler von Pasche im Mittelfeld, ein schneller Thuner Konter, Tossetti auf Sorgic und drin ist der Schuss zum 1:0. 13. Minute sind da gespielt.
Obwohl Thun ĂĽberraschend fĂĽhrt, blicken wir dem weiteren Spiel nun ziemlich unbesorgt entgegen. Und diskutieren stattdessen darĂĽber, ob Lustrinellis Kopf heute wirklich zum ersten Mal auf dem Arena-Bildschirm erschienenen ist, wie unser Lieblingsspeaker heute vor dem Match behauptet hat. Aber da war doch mal so ein Heimspiel gegen Lausanne, als Lustrigoal mindestens drei Torchancen nicht ins Gou gesetzt hat. Doch Phippu ist ĂĽberzeugt, dass Thun jenes Spiel trotzdem 5:2 gewonnen hat. Fakenews oder Tatsache? Das thunfans.ch-Team verzichtet auf den Faktencheck und konzentriert sich lieber wieder aufs heutige Spiel.
Und da gibt immer noch Lausanne den Ton an. Besonders Ben Khalifa. In der 38. Minute taucht er vor Faivre auf und schiesst prompt aus spitzem Winkel zum 1:1 ein. Leicht ärgerlich so ein Tor so kurz vor der Pause.
In der Pause möchte ich Kevä zu meinem persönlichen Spitex-Schnapsbrenner und Sexy-Remo zu meinem Spitex-Masseur (natürlich ganz unhappy) machen. Doch beide verweigern den Dienst. Es steht wirklich schlimm ums Schweizer Gesundheitssystem.
So gehe ich halt ungestärkt in die zweite Halbzeit. Was schlimmer ist: Die Thunspieler auch! Anders kann ich mir die Szene in der 48. Minute nicht erklären. Kololli startet fast 50 Meter vor dem Thuner Tor zum Sololauf et court et court et court und bezwingt schliesslich Faivre aus spitzem Winkel. Verdammt ärgerlich so ein Tor so kurz nach der Pause.
Jetzt ist Thun gefordert. Und wer sich zuvor geachtet hat, wie Lausanne selbst im Rückstand das Spiel verzögert, muss sich jetzt nicht über die langsame Bewegungen wundern. Ähnlich langsam unterwegs ist nur Rapp. Der allerdings, wenn der Ball noch im Spiel ist. Rapp reiht heute Fehler um Fehler aneinander. Warum er erst in den Schlussminuten ausgewechselt wird, weiss nur Trainer Lustrinelli. Ja, das ist ein klarer Wechselfehler, der mit weit mehr als zwei Minuten bestraft werden sollte.
Doch erst jubeln wir noch mal. In der 69. Minute erzielt Schirinzi aus über 20 Metern das herrliche 2:2.Nun scheint alles gut zu kommen. Auch weil die Thuner jetzt ihre stärkste Phase haben. Schuss um Schuss kommt aufs Lausannetor. Doch Castella hält selbst gefühlt Unhaltbare und lässt kein weiteres Tor mehr zu.
Das Spiel wird heute trotz allgemein bescheidener Thuner Leistung auf der Goalieposition entschieden. In der 81. Minute läuft Ben Khalifa von rechts auf Faivre zu - und wendet natürlich einmal mehr den Trick mit dem spitzen Winkel an. Die Lausannefans feiern das Tor mit einem Scheissböller. Und in der 90. Minute laufen die Thuner in einer Konter, der von Ben Khalifa abgeschlossen wird - rechts aus spitzem Winkel. 2:4, drei Tore Ben Khalifa. Ja, so geht das, Lustrigou. Frage dazu: Hat eigentlich schon mal ein Gegenspieler drei Tore geschossen, wenn Hediger auf dem Platz gespielt bzw. gefoult hat? So ein Fitnessguru ist halt doch wichtig im Abstiegskampf. Ohne Hediger gewinnt Lausanne aber deutlich, was die rund 50 Fans nach Abpfiff mit einem weiteren Scheissböller feiern.
Wir ĂĽben uns derweil auf der Fahrt zum Bahnhof in Selbstkritik, sprich in Kritik an den Thunspielern. Wie bringt es doch ein Kenner auf den Punkt: "Alle Tore kamen bei Angriffen ĂĽber die Seite von BĂĽrki und Glarner." Typisch fĂĽr Thun mischen sich die anderen Passagiere in die gewagte Spielanalyse ein. Denn das Erschreckende daran: BĂĽrki und Glarner haben heute gar nicht gespielt...