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Thun - FCB 1:1
28.02.2016Super League 2015/2016


Das «Härzbluet für üse FC Thun» gibt es jetzt auch als App. Jedenfalls drückt man mir heute beim Eingang einen entsprechenden Flyer in die Hand, der mir verspricht: «Ab sofort erscheinen alle FC Thun News als Push-Mitteilungen auf deinem Handy.» Mal davon abgesehen, dass ich 1. wohl eher dem Zielpublikum des zweiten Flyers entspreche (Werbung für ein Fondue-Iglu und andere Sportaktiviäten auf der Engstligenalp) und ich mich 2. frage, ob wir bald schon bei Heimspielen ein Litteringteam brauchen (und zwar direkt beim Eingang), vermisse ich heute mehr denn je das Härzbluet beim FC Thun. Oder um selber mal eine Mitteilung zu pushen: «Statt Härzbluet für üse FC Thun zellt hüt Gäutgier für eue FC Thun.»
Die Stadionordnung des FC Thun ist nämlich um einen weiteren Punkt ergänzt worden: Bei Spielen gegen Basel und YB dürfen ab sofort Fahnen nicht mehr am Zaun aufgehängt werden. Was an sich schon absurd ist, ist dies umso mehr, weil die Regelung natürlich mal wieder nur für die Heimkurve gilt. Und nein, es handelt sich dabei nicht um eine Anordnung von Polizeichef Siegenthaler (der widmet sich ganz der Prohibition im Gästesektor), sondern um einen Timm Thaler-Deal des Vereinsvorstands. Dieser will die Fankultur im Stehplatzsektor gegen möglichst hohe Ticketeinnahmen im Sitzplatzsektor eintauschen. Und da passt es natürlich überhaupt nicht, wenn gelebte Fankultur die Sicht einschränkt. Da fragt man sich als langjähriger Fan höchstens, welche Verbote uns bei noch wertvolleren Spielen für die Vereinskasse blühen: Doppelhalterverbot und Schwenkfahnenverbot in der Europaleague? Schalverbot in der Champions League? Allgemeines Zutrittverbot von Männern (die sind eben schon verdammt gross und versperren den Frauen die Sicht) beim Abstiegskampf-Showdown am letzten Spieltag?
Leidtragende sind nebst den Fans die Bronchos. Denn anfangs macht das Gerücht die Runde, die Bronchos hätten in einer Kurzschlusshandlung die grosse Zaunfahne wieder heruntergerissen. Was nicht stimmt: Der Timm Thaler-Deal von Thun ist bereits seit anderthalb Wochen beschlossene Sache. Wahr ist dagegen, dass mit Stadionverboten gedroht wird, falls doch jemand auf den wahnwitzigen Gedanken kommen sollte, die Fankurve mit einer Zaunfahne schmücken zu wollen. Für viele Fans ist daher klar: Die Mannschaftsaufstellung schauen wir uns noch an. Doch als die Mannschaften ins Stadion marschieren, marschieren viele von uns aus dem Stadion hinaus. Stimmungsboykott als Antwort auf den Timm Thaler-Deal.
So verpassen die «Wir lassen uns alles gefallen»-Abstinenzler zwei schöne Szenen in der ersten Halbzeit. Zuerst ist da die Fussballkunst. In der 5. Minute kickt Schirinzi den Ball weit nach vorne zu Munsy, der tatsächlich noch knapp mit den Zehenspitzen an den Ball kommt und ihn an Vailati vorbei ins Tor schiebt. 1:0. Und dann ist da die Fankultur. Beziehungsweise das grosse Schweigen der FCB-Kurve. Diese solidarisiert sich nämlich nach rund 20 Minuten mit uns Thunern und stellt für rund eine Viertelstunde den Support ein. Vielen Dank dafür! Erst dann konzentrieren sich die Basel wieder aufs Anfeuern und auch aufs Feuern. Der Support wird nämlich gleich samt Pyroshow wieder aufgenommen. Fahne, Faggle und no meh! Diese Basler Aktion gefällt. Was dagegen nicht gefällt, ist der Knalleffekt zu Beginn der zweiten Halbzeit: Der Scheissböller knallt so laut, dass ich am Verpflegungsstand unten erst meine, irgendwelche Thuner hätten hier herumgeknallt. Im FCB-Forum hat man indes eine andere Theorie: «Am böller a isch e zürcher ir kurve!» Schwarzer Humor.
Zu diesem Zeitpunkt steht es ĂĽbrigens 1:1. Getroffen hat in der 42. Minute ausgerechnet der, der von den im Stadion gebliebenen Zuschauern bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen worden ist: Kollege Steffen. Ein Tor, das er natĂĽrlich gestenreich vor der (ehemaligen) Thuner Kurve feiert. Mit der Hand am Ohr. Provokateur bleibt halt Provokateur.
Die zweite Halbzeit bietet dann ein so gutes Spiel, wie es ehrlich gesagt selten ist in Thun. Beide Teams haben Zug nach vorne, beide Teams steigen hart in die Zweikämpfe. Schiedsrichter Bieri lässt viel laufen und verteilt eine einzige Gelbe Karte (an den Basler Akanji), was aus Thuner Sicht sicher auch nicht schlecht ist. Bis zuletzt hoffen wir auf das dritte glückliche 2:1 in dieser Rückrunde, doch weder Rojas, noch Schirinzi oder Schindelholz glückt der Lucky Punch. Und der durchspielende Munsy ist am Schluss für einmal ausgepowert. Thun muss am Schluss froh sein, überhaupt einen Punkt ans Trockene zu bringen. Denn in der 93. Minute hat der FCB nochmals eine Riesenchance. Nach Vorlage von Lang kommt Safari aus 15 Metern freistehend zum Abschluss, doch setzt er den Ball knapp neben das Tor.
Die reinen Zahlen sagen übers heutige Spiel: 1 Punkt gewonnen. Dank 6807 Zuschauern ordentlich viel Geld verdient. Doch wer im Stadion war – und sei es auch nur für ein paar Minuten – weiss mehr: Heute hat Thun ein Stück seiner Fankultur verkauft.