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Thun - FCZ 2:1
07.12.2014Super League 2014/2015


Wir haben doch keine Zeit. Oder doch? Die Eingangskontrolle dauert heute wie angekündigt länger. Zumindest bei mir. Ich habe nämlich ans Spiel Thun-FCZ zwei Wolldecken mitgebracht. Wobei ich mich zuerst beim FC Thun rückversichert habe, mit meinen Decken nicht gegen irgendwelche nur in der Stadt Thun gültige Sitten und Gesetze zu verstossen. Doch Nik Thomi konnte bereits am Donnerstag all meine Befürchtungen beseitigen: «Die Stadt hat anfangs Woche informiert, dass das Fahnenverbot im Heimsektor am Sonntag aufgehoben wird, die verstärkten Eingangskontrollen aber auch vor dem Match gegen Zürich gelten werden.» Und so strecke ich im Sektor E12 meine beiden Decken dem Spielfeld entgegen und setze damit alle denkbaren politischen Zeichen. Und oute mich erst noch als Warmduscher, als ich mich tief darin einwickle. Denn ich werde wirklich langsam alt. Früher nahm ich höchstens bei Minus 20 Grad im Letzi Decken mit, heute schon bei 2 Grad in der Stockhorn Arena. Oder haben wohl auch meine drei Weihnachtsessen an den vergangenen drei Abenden ihren Teil dazu beigetragen haben, dass ich heute nicht ganz bei Kräften bin? (Kleiner Werbespot an dieser Stelle: 1. Die weiblichen Bedienungen im Bären Münsingen, der Giesserei Oerlikon und dem Kreuz Allmendingen sind allesamt gleichermassen freundlich, aufmerksam und sexy, wobei allerdings der Glöggli-Effekt im Kreuz einen Sonderpunkt gibt. 2. Der Rotwein des FC Thun ist wirklich gut. Das ideale Weihnachtsgeschenk.)
Dass sich auch auf dem Sitz neben mir ein Fussballfan unter einer Wolldecke versteckt, ist kein Zufall. Es ist aber auch nicht so, dass ich heute per Badoo-App gefragt hätte «Suche ein 90 Minuten-Wolldecken-Kuschelabenteuer». Nur damit dieses Gerücht gleich wieder auf der Arena geschafft wäre. Das Spiel ist noch keine 20 Sekunden alt, als meine Sitznachbarin das erste Mal ihr Gesicht verzieht und so zeigt, dass es romantischere Orte für ein Tête-à-tête geben würde. Verärgert ist sie konkret wegen Chikhoui, der gleich nach dem Anspiel einen Fehlpass verursacht hat, worauf sich der FCZ nur mit einem Foul zu helfen weiss. Ein erster Thuner Freistoss, den Schneuwly aber nicht über die Mauer bringt. Überhaupt steigt der FCZ mehr kämpferisch als spielerisch in die Partie, als Alesevic in der 6. Minute für ein Einsteigen gegen Gonzales Gelb sieht, hätte das auch bereits FCZ-Gelb Nummer 3 sein können.
Thun dagegen will heute einfach nur Tore schiessen. Ist ja auch nur 10 Stunden her, dass sie selber mal den Ball im gegnerischen Tor untergebracht haben. In der ersten Halbzeit gegen GC (dafür immerhin gleich 3mal) war das letztmals der Fall. In der 20. Minute hat Sadik die grosse Chance, die Thuner Torflaute zu beenden. Doch es ist Ferreira in der 22. Minute, der nach einem tollen Pass von Schneuwly das 1:0 erzielt. Halleluja, das Tornetz lässt sich also doch noch bewegen. Völlig beglückt springen wir in die Höhe.
Der Glücksmoment hält aber nicht allzu lange an. Ich richte noch meine Wolldecke, als Buff zur grossen Ausgleichschance kommt. Faivre ist zwar rechtzeitig zur Stelle, doch kann er den Abpraller nicht vermeiden. Der landet vor Etoundis Füssen, der sich nicht zweimal bitten lässt. Schon steht es 1:1. 27 Minuten sind gespielt. Und es wurde Nacht. Oder zumindest dunkel. Die FCZ-Fans zünden Pyros.
Gut sitze ich so nach beim FCZ-Tor, denn sonst hätte ich womöglich die nächste Szene verpasst. Der bissige Pyrorauch liegt nämlich nach wie vor in der Luft, als Sadik einmal mehr brilliert (das sage ich nicht nur, um seinen Wintertransferwert zu erhöhen, nein, ganz sicher nicht…) und den Ball zu Ferreira lenkt. Okay, im Normalfall sollte Kajevic den Ball problemlos abfangen können, doch irgendwie stellt sich der gerade etwas tollpatschig an. So bleibt Ferreira am Ball und kann ihn an Schneuwly weitergeben, der ihn zum 2:1 versenkt. Das 1:0 in der 22. Minute, das 2:1 in der 29. Minute – für Thuner Verhältnisse erleben wir hier einen wahren Torrausch.
Wie berauscht scheinen auch die FCZ-Fans zu sein. Die haben nämlich auch Lust auf ein paar Treffer. Ob nun ein Thuner Feldspieler einen Eckball treten will oder Goalie Faivre einen Abstoss, gleich mehrmals fliegen den Thunern Feuerzeuge um die Ohren. Peinlich daran ist, dass das Schiritrio gerade mal ein Stück als Beweisstück an sich nimmt. Selbst jenes blaue Feuerzeug, das direkt vor den Füssen des Fändlima liegen bleibt, scheint zu wenig spannend für den Schirirapport zu sein.
2:1 steht es nach 45 unterhaltsamen Minuten, doch haben die Thuner damit bekanntlich noch keine Punkte auf sicher. Und in den zweiten 45 Minuten werde ich unter meiner Wolldecke so richtig zappelig. Die Thuner scheinen nämlich der ganzen Welt zeigen zu wollen, dass sie den Sieg wirklich verdient haben – ohne dabei mit letzter Konsequenz ein Tor schiessen zu wollen. Oder wie können Gonzales, Frontino, Sadik, Ferreira und selbst Wittwer all ihre Topchancen ernsthaft nicht verwerten. Zumal Sadik ja stets so tolle Pässe spielt, die ihn zu einem der weltbesten Fussballer machen (das sage ich nicht nur, um seinen Wintertransferwert zu erhöhen, nein, ganz sicher nicht… Und nein, Sadik bleibt sicher nicht nur deswegen 90 Minuten lang auf dem Platz, weil ein Tor von ihm auf dem Transfermarkt ein zehntausende Franken wert wäre…)
Es kommt, wie es kommen muss, als ich mich längst meiner Wolldecke entledigt habe wegen einem «Steht auf, wenn ihr Thuner seid»: Der FCZ hat das 2:2 auf dem Fuss. Besser gesagt ist es Etoundi, der mit einem schönen Solo den Thuner zumindest einen Punkt entreissen will. Die Nummer 14 der Zürcher setzt sich gegen drei Thuner Verteidiger durch und schiesst dann den Ball direkt aufs Tor – wobei der Ball nicht rechts unten im Tor landet, sondern ein paar Zentimeter neben dem rechten Pfosten. Oha lätz. Und so bejubeln wir also doch den zweiten Thuner Sieg in Serie – dieses Mal sogar mit eigenen Toren. Eine völlig überraschende 3-Punkte-Strategie die sich Thun merken sollte.