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Thun - Sion 2:1
31.08.2014Super League 2014/2015


Bei der zweiten BLOCKSCHRIFT habe ich schon mein erstes Aha-Erlebnis. Typisch arroganter Ultra wie ich bin, stehe ich Blättern mit Fangesängen jeweils skeptisch gegenüber. Das ist doch nur was für Modefans oder Supporter, die sich ohne Frühfranzösisch einem welschen Klub angeschlossen habe. Ich selber singe doch auch ohne Textbüchlein fehlerfrei und lautstark, so dass selbst Breitsch-Goalies zum Zittern anfangen. Und so habe ich schon x-mal gesungen, was wir einst anno 2013 live vor Ort im Joggeli erdichtet haben: "Mit Stolz u Lideschaft so mir a grössi Macht, di ganzi Kurve tobt u singt das Stadion devo..." Und immer habe ich dabei gedacht, was das doch für ein schönes Schlussbild ist, dass so gekonnt aufzeigt, dass die Kurve mit dem FC Thun gemeinsam in neue Galaxien und Welten aufbrechen will, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Doch nun lehrt mich heute die BLOCKSCHRIFT-RUBRIK "Öpis um dini Stimm z'öölä", dass da bloss der Trekkie mit mir durchgegangen ist. Im Original lautet der Tex nämlich: "Mit Stolz u Lideschaft so mir a grössi Macht, di ganzi Kurve tobt u singe gäge Stadionverbot."
Dass die "Kein Freund und Helfer"-Version im Jahr 2014 angebrachter ist, zeigt sich mir heute nach nicht mal zehn Spielminuten. Da kommt nämlich der Chef-Broncho zu unserem Capo und bittet ihn, die Handschellen-Zaunfahne mit der Aufschrift "Freiheit für ale Stadionverbotler" abzuhängen. Haben wir jetzt schon russische Zustände in Thun, so dass die ganze Welt schön geredet werden muss? Mindestens ein Fa steht heute nämlich in unserer Kurve, der kürzlich mit Handschellen aus einem Zürcher Tram abgeführt worden ist? Oder hat die peinliche B. aus Z.-Kampagne gegen die polizeifeindlichsten Zaunfahnen der Schweiz schon auf Thun übergegriffen?
Ehe wir diese Frage jenen beiden Ultras stellen können,d ie auf Capo-Befehl tatsächlich die Zaunfahne abhängen, absorbiert ein anderer Schockmoment unsere Aufmerksamkeit: Im Walliser Strafraum säbelt Ndoye Ferreira um, worauf Schiedsrichter Gut gut auf Gelbe Karte für den Walliser und Penalty für den Berner Oberländer entscheidet. Normalerweise sind Elfmeter gegen Sion alles andere als sichere Tore, doch zum Glück für die Thuner ist Vanins heute krankgeschrieben. Stattdessen stelt sich Deana zum Duell gegen Sadik. Doch der junge Goalie bleibt chancenlos, Sadik versenkt den Ball sicher.
Während Thun das Spiel nun weiter gut kontrolliert, wendet sich das Blatt bzw. die Zaunfahne im Fankurvenvorfall. Nicht die Zaunfahne an sich war nämlich das Problem, sondern jene bestimmten 5x5 Meter am Zaun: Die Sitzplätzler im Nebenblock haben sich bei den Bronchos darüber beschwert, dass sie wegen dem Transparent keinen transparenten Blick mehr durch den Zaun hätten. Eine solche Jammerei ist zwar aus unserer Sicht auch nervig, aber wenigstens haben wir es nicht mit verschärften Zensurbestimmungen, sondern einem gewöhnlichen Nachbarstreit zu tun. Und so wird die Zaunfahne halt die in der Pause ganz oben an die Glaswand wieder aufgehängt. Zu einem Zeitpunkt, in dem Thun immer noch unbedrängt 1:0 in Führung liegt.
Doch kaum beginnt die zweite Halbzeit, bereit uns auch das Spiel Sorgen. In der 54. Minute kommt Sion nämlich zum Ausgleich. Es ist ein Geschenk der Thuner. Nach einer Flanke von Pa Modou köpfelt Siegfried den Bal weiter an den entfernten Pfosten, wo Ovidiu Herea nur noch den Fuss hinhalten muss.
Auch wenn Sion nun etwas stärker wird, stimmt die Kollektivarbeit bei Thun viel besser. Bestes Beispiel dafür ist der Vergleich der beiden Nummern. Während Sadik einmal mehr tadellose Arbeit leistet, wirkt Cissé bei Sion wie ein Fremdkörper. Keväs WG-Koch und ich fragen und durchs Spiel hinweg, welche Rolle Cissé eigentlich in diesem Spiel verkörpert. Die Rolle eines Stürmers oder schon nur die eines Fusballers kann es jedenfalls nicht sein. Hat er sich als 15-Jähriger etwa für die falsche Lehrstelle entschieden? Und so hoffen Fipu und ich bei jeder Walliser Auswechslung, dass Cissé auf dem Bitz bleiben darf. Und tatsächlich: Cissé spielt durch, was schon die halbe Miete für die Thuner ist.
In der 70. Minute zeigt dann einmal mehr Frontino, wie man Gegenspieler ins Toreschiessen einbinden kann. Er verwertet einen Sadk-Pass - in dem er den Ball via Lacroixs Absatz ins Tor spediert. 2:1. Thun gewinnt dieses Spiel. U di ganzi Kurve tobt u singt das Stadion devo - oder so ähnlich.