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Sion - Thun 0:0
25.08.2013Super League 2013/2014


Und weiter geht die Reise. Um 9.08 Uhr fährt das Tram in Zürich los. Wie schon am Donnerstagvormittag heisst eine der ersten Stationen Letzigrund. Aber warum eine 1 Kilometer-Reise machen, wenn man für Fussball auch 1000 Kilometer unterwegs sein kann. Und so steige ich kurz vor 10 in den Zug Richtung Visp – idealerweise sind allein für mich 60 Plätze reserviert. Was umso besser ist, da ich immer noch meinen Tramper-Fallschirm-Rucksack dabei habe. Schliesslich habe ich vorgestern in Belgrad und gestern in Zürich übernachtet. Ein kurzer Abstecher nach Zuhause lag noch nicht drin. Um es mir bequem zu machen, verschönere ich mein 4er-Abteil mit einer grossen Schweizer Fahne und einem FC Thun-Schal. Die Wanderer, die spätestens in Bern das Weite suchen, verstehen den Fingerzeig. Anders die Zugbegleiterin. Die fordert mich doch tatsächlich auf der Höhe von Ostermundigen auf, doch bitte das Abteil zu wechseln. «Wissen Sie, ab Thun ist der ganze Wagen für Fussballfans reserviert.» Es braucht einige Überzeugungsarbeit, um sie davon zu überzeugen, dass ich wohl alleine diese Woche genügend Thuner Ultrapunkte für jede Menge Extrazugfahrten gesammelt habe.
In Thun füllt sich dann der Wagen tatsächlich. Auch einige Belgradfahrer sind dabei. Schnee sammelt Geld und Telefonnummern. Scheinbar hat sich seine Belgrader Taxifahrt noch leicht verteuert, weil er sein Handy dort liegen lassen hat. Für so viel Blödsinn, die sehr an meine Auslandabenteuer erinnern, hat er eine Belohnung verdient: Ich engagiere ihn sogleich als Sherpa. Während ich mir im Tourbillon das Spiel ansehe, hütet er in einem Sion-Spelunken meinen Rucksack. BTW: Freiheit für alle Schlagzeuger und sonstige Bösewichte. Dumm nur, hab ich Schnee nicht gleich meine Schuhe abgegeben. Die muss der durchschnittliche Thunfan nämlich heute bei der Eingangskontrolle abziehen. Wer noch etwas unverdächtiger aussieht, kriegt gleich gratis eine Ganzkörpermassage dazu. Willkommen in der heissen Welt des Hooligan-Konkordats.
Die krassen Spielregeln führen denn auch dazu, dass Sions Gardin Nord praktisch leer bleibt. Der Kop boykottiert auch das heutige Spiel wieder, die paar verbliebenen 1984-Anbeter fallen gerade mal durch zwei Kantonsfahnen auf. Die Stimmung auf Seiten der Walliser tendiert konsequenterweise gegen Null. Wir vielleicht 80 Thuner haben die Stimmungshoheit im Tourbillon. Wirklich Freude bereitet diese neue Fussballrealität nicht.
In der ersten Halbzeit deutet wenig darauf hin, dass Sion in den ersten fünf Partien kein einziges Tor erzielt hat. Die Walliser ballern aus allen Ecken und Distanzen. Erst mit zunehmendem Spielverlauf lässt sich die Walliser Torimpotenz richtig erkennen. Der letzte Pass ist meistens sehr unpräzise, die Schüsse bringen Faivre kaum ins Schwitzen. Da Thun sehr defensiv eingestellt ist, lautet das logische Pausenergebnis 0:0.
Erst in der zweiten Halbzeit legt Thun los. Und zwar so stark, dass sich Sion nur noch mit unfairen Mitteln zu helfen weiss. Besonders ein bestimmter Spieler. Doch ob die Kampfsau mit der Nummer 27 namens Léo Lacroix nun Marco Schneuwly an der Strafraumgrenze umreisst oder gar im Strafraum drin Martinez von hinten niedergestreckt (ein klarer Penalty!), Pfeife Fedayi San bleibt stumm. Thun hilft heute wirklich niemand beim Toreschiessen. Und selber haben sie grösste Mühe, zum verdienten Treffer zu kommen. Cup- und Fanschreck Cassio bleibt blass, Marco Schneuwly will mal wieder kein Tor schiessen und vom eingewechselten Sadik sehen wir ausser ein paar guten Kampfszenen auch nicht viel. Es bleibt bei der Nullnummer – und lauter unzufriedener Fans. Die Mehrzahl der 5850 Zuschauer pfeift nach Spielende die Sionspieler aus, wir Thuner verfluchen den Schiedsrichter. Und 6 Punkte aus 6 Spielen sind irgendwie auch nicht viel.
Nach dem wenig erfreulichen Wallisausflug geht doch noch Richtung Heimat. Da beim Zwischenstopp in Leuk ausnahmsweise keine Bierflaschen geflogen kommen, verbrauchen wir unsere Energie zu Flogging Molly-Songs. Da macht sogar die zweite Reisegruppe mit, mit der wir die reservierten Plätze teilen. Es handelt sich zwar dabei weder um Göteburger, noch um Belgrader Hunde, aber immerhin um Bergziegen. Und ja, die Wandergruppe hat sich wirklich selber diesen Namen gegeben. Andere Länder, andere Sitten halt.