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YB - Thun 1:2
14.04.2013Super League 2012/2013


Endlich Frühling. Endlich Gelegenheit, das Fight&Bite-Shirt auch wirklich als T-Shirt anzuziehen und nicht als zusätzliche Zwiebelschicht über der Jacke zu tragen. Und endlich gibt’s auch ein Wiedersehen mit Challandes. Im November in Thun entlassen, hat er nun den härtesten Job der Welt angenommen: Er soll 10 Mal 90 Minuten lang Coolness bewahren und YB trotz aller Kaputtheit auf den Erfolgsweg zurückführen. Ausgerechnet er! Cool ist aber immerhin Bickel. Wer engagiert schon einen Trainer, der beim letzten Engagement bei YB den Klub auf Platz 12 manövriert hat.
Dennoch ist für die selbsternannten Fussballexperten schon vor dem Spiel klar: Das heutige Derby kann nur einen Sieger kennen: YB!!!? Wie belehrt uns doch sportal.ch vor dem Spiel: «Die Entlassung von Martin Rueda wirkt bei YB Wunder. Gelb-Schwarz wird die Thuner überrollen und beim 5:1 noch deutlicher gewinnen als im letzten Heimspiel gegen Thun.» Wie bitte? Ist solch eine Vorspiel-Analyse wirklich ernst gemeint, doch wollen die Schreiberlinge bloss vermeiden, dass die YB-Kids schon vor dem Spiel in Tränen ausbrechen?
Den richtigen Ton trifft jedenfalls Doubai vor dem Spiel. Da sich ausnahmsweise kein Castingshow-Verlierer ins YB-Studio verirrt hat (… und Beatrice Egli wird DSDS selbstverständlich gewinnen), bestimmen mal wieder YB-Spieler das Musikprogramm. Und Doubai wählt eben Scream & Shout von Will.I.Am und Britney Spears. Passt für mich, schliesslich war Britney Spears einst vor grauer Vorzeit auch sehr erfolgreich – wie YB. Heute dagegen zeigt von den Gelb-Schwarzen einzig Nicola eine ansprechende Leistung. Er ist der young Boy im TV-Studio, der sich in seiner kindlichen Naivität drei Tore von seinem Lieblingsspieler Nuzzolo wünscht.
Einen ganz so schlechten Riecher hat Nicola allerdings nicht: Als nach einer Viertelstunde Constanzo an Faivre scheitert, landet der Abpraller bei Nuzzolo. Und der schiebt den Ball zum 1:0 ins Netz. Um mich herum wird laut gejubelt. Fanclublegende und ich haben es uns mal wieder fernab aller Gästefanschikanen im Sektor B7 gemütlich gemacht. Von hier aus wollen wir ganz neutral mitschreiben, welche der beiden Kurven gehässigere Fangesänge anstimmt. Doch zu unserer Überraschung zeigen sich beide Kurven handzahm, jene krassen Ultrapunkte, die sich die Ostkurve mit einer Pyroshow vor Anpfiff gesammelt hat, müssen ihr noch in der ersten Halbzeit wieder abgezogen werden. Denn die beiden Fankurven führen tatsächlich eine gemeinsame Choreo durch. Ein Spruchband von Thun wird auf YB-Seite fortgesetzt. Zusammengesetzt ergibt sich die Aussage, dass das Referendum gegen das Hooligan-Konkordat unbedingt unterschrieben werden sollte. Gute Sache!
Ansonsten sind sich YB und Thun ja vor allem nah, wenn Spieler bei Gelb-Schwarz ausgemustert und wenig später – meist weitaus besser – wieder im Thun-Kader auftauchen. Einzig von Marco Schneuxty (wir setzen bei Thunfans.ch nach wie vor auf die albanische Schreibweise) hätten wir uns ehrlich gesagt etwas mehr fussballerische Brillanz erhofft. Auch heute ist er zu Spielbeginn eher blass. In der 27. Minute steht er dafür aber goldrichtig – und schliesst nach einem Freistoss tatsächlich mal eine Thuner Standardsituation mit einem Tor ab. Aus drei Metern schiesst er zum 1:1 ein.
Das Spiel flacht nach dem raschen Ausgleich der Thuner ziemlich ab, was Zeit zur Diskussion über mehr oder weniger realistische Fussballwettervoraussagen gibt. Sportal.ch läuft für das Eintreffen seines 5:1-Tipps schon langsam die Zeit davon. Vielleicht ist das der Grund, dass sie den Treffer zum 1:1 Christian S. zuschreiben. Jene 9 Punkte, die man dagegen bei YB aus den Spielen gegen Lausanne, Servette und Thun gefordert hat, sind schon reinste Utopie geworden. Eine Ausbeute von 1, 2 oder 4 Punkten steht noch zur Diskussion. Und auch ich habe mit einer Prognose einen Fehlgriff gemacht: Im Vorfeld der vier Eishockey- und Fussballderbys dieser Woche erhoffte ich mir 4 Siege der Nicht-Stadtberner Teams. Mein Zähler stets indes an diesem Sonntagnachmittag bei «2».
Und die Chancen auf Derbysieg Nummer 3 schwinden, als Challandes in der 58. Minute Sämi Afum ins Spiel bringt. Urplötzlich geht bei YB ein Ruck durch die Mannschaft, der Druck wird sichtlich stärker. Doch die Torausbeute bleibt ebenso aus, ebenso ein möglicher Penaltypfiff. Anders bei Thun: Bei einem Konter in der 70. Minute fasst sich Schneuxty ein Herz und schiesst bereits an der Strafraumgrenze. Der Ball landet im Netz, 2:1 für Thun!
Doch wir trauen der Sache noch nicht ganz, schliesslich folgt noch die YB-Viertelstunde – und Sämi Afum wirbelt nach wie vor auf dem Platz herum. Und tatsächlich: In der 83. Minute lupft Afumm den Ball über Faivre. Wir ärgern uns bereits über den Goaliefehler, als wir wie die anderen 19 000 Zuschauer verdutzt beobachten, dass der Ball nicht im Netz, sondern nur am Pfosten landet. Und jetzt reagiert tatsächlich Faivre am Schnellsten. Der Sieg ist damit gesichert, sämtliches Sämi-Pulver verschossen.
Und während im Gästesektor und anderen Stadionbereichen die Eroberung des 6. Tabellenplatz gefeiert wird – «die Nummer 1 von Bern sind wir» - will ich hiermit ein altes Versprechen einlösen. Wie schrieb ich doch einst im März 2012 stellvertretend für alle Schreiberlinge dieser Homepage: «Die Thunfans.ch-Autoren schwören, die Schneuxty-Brüder künftig Schneuwlys zu nennen, sobald sie YB abgeschossen haben.» Was hiermit der Fall ist: Bisch e geile Siech, Marco Schneuwly!
Ja, was für ein Tag. Schön, dass der Frühling heute begonnen hat. Möge er mindestens so lange andauern, wie die Siegesserie der Thuner. Ins Grübeln kommen Fanclublegende und ich aber noch, als uns beim Stadionausgang ein Kinderbuch (wohl das vielbesungene «YB het für euch es Gschänkli») in die Hand gedrückt wird. «Schatten über dem Schwingfest» heisst die Guetnacht-Lektüre. Ob es wohl nicht angebrachter wäre, den YB-Kids eine kurzweilige Geschichte über die «Schatten über dem Stade de Suisse» zu erzählen? Möglicher Untertitel: «9 agseit, 1 gmacht, Differänz 8».