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Thun - FCB 3:2
25.11.2012Super League 2012/2013


«Wir sind alle geladen», sagte Marco Schneuxty vor dem FCB-Match. Sind wir Zuschauer es auch? Zu hoffen bleibt es, denn es macht doch grosse Freude, wenn das «Vogellisi-Lied» angestimmt wird oder wenn es durchs Stadion tönt «Steht auf, wenn ihr Thuner seid.»

Eine typische Textstelle des heutigen Matchprogramms, das (wie auch sämtliche Gerber-Interviews in der Lokalpresse) unter dem Motto zu stehen scheint «Wahre Fans stärken uns den Rücken und suchen nicht nach Fehlern.» Wie lautet doch eine Botschaft des Gerber Res: «Ich finde, dass die Erwartungshaltung in vielen Kreisen, auch bei unseren Fans, manchmal zu gross ist.» Habe verstanden: Ein Fan erwartet zu viel, wenn er sich in einem Abstiegskampf-Direktduell von den eigenen Fussballsöldnern eine kämpferische Leistung erhofft. Stattdessen muss er ihnen falsche Spielzüge auf und neben dem Platz sofort und von A bis Z verzeihen.
Um auf das Matchprogramm zurückzukommen: Ja, auch wir Fans sind heute geladen. Das Problem, das wir mit den Thuner Leistungen seit längerem unzufrieden sind, packen wir aber unterschiedlich an: Der Block Süd entschliesst sich, sich den Ärger von der Seele zu schreien und Dauersupport zu leisten. Andere Fangruppierungen wie Dopamin und Aebikurve ziehen einen stillen Protest gegen diverse Vorkommnisse beim FC Thun durch. Die Banner hoch oben am Zaun hängen nicht, auf sämtliche Fangesänge wird verzichtet. Ja, lieber Herr Latour, statt sich am SF zwei-Mikrofon mal wieder über die vermeintlich fehlende Thuner Stimmung zu beschweren, könnte man ja auf solche Details achten. Aber Sie haben ja schon als Thun-Trainer immer wieder gerne die Thuner Fanszene gedisst. (BTW: Freiheit für alle Schlagzeuger!) Hoffe, die Kollegen im Fernsehstudio bejubeln Tore lauter als wir.
Der Torjubel-Lärmpegel kann früh getestet werden: Bereits in der 5. Minute bezwingt Anatole Ngamukol FCB-Keeper Yann Sommer mit einem satten Schuss in die weite Ecke. Und weil er auch heute auf sämtliche Strafraum-Schwalben verzichtet, könnte unser Eddie Murphy bereits nach rund einer halben Stunde zum ganz grossen Helden werden. Doch er bringt bei seiner zweiten Topchance den Ball nicht an Sommer vorbei. Das 2:0 wäre zu diesem Zeitpunkt verdient – Thun hat bereits mehrere Chancen versiebt.
Besser macht es natĂĽrlich Basel: In der 32. Minute schiesst Fabian Frei via Innenpfosten zum 1:1 ein. Und in der 39. Minute verwertet Marco Streller einen Pass von Mohamed Salah eiskalt zum 1:2. Einen gefĂĽrchigeren Maskenmann hat Thun seit dem Ausschiesset nicht mehr gesehen. Und wie beim Fulehung gilt: Bitte nicht an der Maske ziehen!
Angesichts des Rückstands diskutieren wir natürlich in der Pause wieder über allfällige spielerische und charakterliche Schwächen unserer Fussballsöldner. Wird allenfalls bereits wieder gegen das neue Trainer-Quartett gespielt? Verzichtet man heute auch wieder darauf, sich ernsthaft um den Ausgleich zu bemühen?
Die Antwort auf beide Fragen lautet Fussballgott sei Dank «Nein!». Die Thuner spielen in der zweiten Halbzeit nicht unbedingt hoch- oder auch schon nur erstklassig. Aber sie zeigen tatsächlich das auf den Matchplakaten versprochene Herzblut und kämpfen um jeden einzelnen Ball. Bei so viel Kampfgeist lassen sich Niederlagen besser verdauen. Und Tore lassen sich umso besser bejubeln. Der verdiente Ausgleich fällt, als in der 64. Minute Hediger Witter anspielt. Der trifft in die weite untere Ecke. Und es kommt noch besser: In der 88. Minute zieht Antole Ngamukol alias Eddie Murphy doch noch seine grosse Show ab und triumphiert nach einem Getümmel im Basler Strafraum mit einem wuchtigen Schuss ins linke obere Eck. 3:2. Und so wird tatsächlich ein drittes Mal das «Vogellisi-Lied» angestimmt und in der Nachspielzeit hallt sogar der Schlachtruf «Steht auf, wenn ihr Thuner seid» durchs Stadion. Die Fussballwelt in Thun ist damit wieder in Ordnung, ist sie nicht?
Als sich nach dem Spiel nicht nur Spieler und Trainerstaff vor der Kurve feiern lassen, sondern auch Präsident Lüthi, stösst das einigen Fans sauer auf. Haben sich Weder oder Stähli jemals so prominent feiern lassen? Und wird Lüthi an den beiden nächsten Spielen gegen Servette und Wohlen ebenso direkt auf uns zukommen, sollte das Team wieder durch schwache Leistungen die Fans verärgern und/oder sich die Chefetage durch ein Scheitern der Verhandlungen mit Trainerfavorit Fischer blamieren? Eines jedenfalls ist klar: Wir Fans sind weiterhin geladen.