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Lugano - Thun 0:2
10.11.2012Schweizer Cup 2012/2013


Piove! Senti come piove! Madonna come piove! Senti come viene giù!

Nichts beschreibt das heutige Wetter in der Sonnenstube der Schweiz so gut wie Jovanottis Regenhymne. Umso froher sind wir, als wir direkt beim Stadioneingang einen Parkplatz finden. Nur finden es die Carabinieri nicht so eine gute Idee, unser Auto direkt bei Tessiner Ultratreffpunkt hinzustellen. So muss Fanclublegende halt bei strömendem Regen gleich ein zweites Parkmanöver machen. Wir landen schliesslich hinter dem Denner. Gute Gelegenheit, um die Biervorräte im Auto aufzustocken. Ein 18er Cardinal-Gaschong reicht bei so einer süffigen Reisegesellschaft nicht allzu weit. Wobei nur David und ich gutes Bier zu schätzen wissen. Chrige und Fanclublegende pflegen dagegen noch richtig südländische Trinkkultur, wie sie in der Stadionbeiz unter Beweis stellen: Sie bestellen beide eine Cioccolata densa, eine dickflüssige heisse Schokolade. Viel Spass beim Reinstechen, kann man da nur sagen. Ich bekämpfe die Kälte da schon lieber mit einem 2-Franken-Espresso – auch weil das Bier (Eichhof? Porca Miseria!) nur bedingt mundet.
Wir haben vor allen Respekt, die stundenlanges Dauerregen-Stehen zu ihren Hobbys zählen. Mit Ausnahme von David, der seine Frankreichfahne endlich mal waschen will, lösen wir aber doch Tickets für die gedeckte Tribüne. Der Dach-Zuschlag beträgt schliesslich auch nur 15 Franken. Zudem kann man hier bestens fachsimpeln. Zum Beispiel mit Bettoni: «Wir erwarten heute ein Zu-Null-Spiel!» Oder mit der vierköpfigen FCB-Delegation. Ob es wohl an der Leistung der Thuner auf dem Spielfeld liegt, dass Murat Yakin so vergnügt ist?
Seien wir ehrlich: Thun ist heute zwar die klar stärkere Mannschaft und läuft nie Gefahr, aus dem Cup auszuscheiden. Aber Lugano macht es Thun auch sehr einfach. Wie beispielsweise Armando Sadiku in der 4. Minute an Ferreiras Trikot herumzerrt, ist einfach oberdämlich. Ferreira muss nicht mal richtig zu Boden gehen, um den fälligen Penalty zu kriegen. Schirinzi übernimmt Verantwortung und schiesst den Ball zum 1:0 ein. Für die alten Männer auf der Tribüne das Startsignal dazu, nur noch an ihrer Mannschaft herumzunörgeln. Bei jedem Fehlpass und jedem kläglichen Schuss lernen wir wieder ein neues italienisches Fluchwort. Die Nerven sind angespannt, denn dem FC Lugano droht schon das zehnte sieglose Spiel in Serie.
Wie doof Fussballer allgemein sind, zeigt die Tatsache, dass sich das Mittelfeldgeplänke immer wieder in der gleichen tiefen Pütze an der Seitenlinie abspielt. Nein, dort rollt der Ball wirklich nicht mehr. Aber ihr könnt natürlich bis in die Nachspielzeit hinein immer wieder erfolglos probieren, von jener Hochwasserstelle aus einen Angriff zu lancieren.
Kurz vor Schluss kommt Anatol Ngamukol ins Spiel – und wird mit «Flieger, Flieger!»-Rufen begrüsst. Doch ich muss ihn tatsächlich loben: Angesichts der heutigen Platz- bzw. Wasserverhältnisse verzichtet er in seinem 15-Minuten-Gastspiel darauf, auch nur ein einziges Mal abzutauchen. Prompt wird er dafür belohnt: In der 83. Minute dribbelt er die Tessiner Abwehr aus und schiesst das 2:0. Noch sehenswerter als sein Treffer ist seine Tanzeinlage. «Tanzen kann er besser als Fussball spielen», nörgeln wir frech. Nur was für einen Beruf soll sich dann erst Schneuxty aussuchen, der heute einmal mehr auf NLB-Niveau spielt? Gleiches gilt übrigens auch für Aegerter. Obwohl bestimmt auch sein Name in Gerbers Notizbüchlein steht, hats wohl für ihn keinen Platz mehr in Thun. Sehr schwach seine Leistung.
Wie es um den Zustand des Luganeser Fussball stehts, zeigt nicht nur die Tatsache, dass sich gerade mal 700 Zuschauer ins Stadion verirrt haben – wovon mindestens 100 Thuner sind (BTW Freiheit für alle Schlagzeuger). Obwohl es in Strömen regnet, macht sich der Grossteil der (noch) trockenen Tribünenzuschauer nach dem 2:0 schon wieder auf den Heimweg. Wer will schon die letzen 10 Minuten dieser Cup-Wasserschlacht sehen. Selbst Yakin hat scheinbar besseres vor. Und Fanclublegende kann noch so sehr einen weiteren Thuner Treffer bejubeln, ausser ihm hat jetzt wirklich niemand den Ball im Tor gesehen. Das Spiel endet 2:0. Und ein SMS-Gruss aus dem fernen Aaretal bestätigt, dass ein Aufeinandertreffen mit dem FC Varela Köniz in der aktuellen Cupsaison weiterhin möglich ist.
Mit lautem Partysound machen wir uns auf den Heimweg. So nass David aber auch ist, Jovanottis Regenhymne stimmt nur noch halb. Auf der Autobahn setzt dichter Schneefall ein, etwa eine halbe Stunde lang fahren wir direkt hinter einem Schneeräumfahrzeug Richtung Gotthard. Das Gütesiegel «Sonnenstube der Schweiz» ist heutzutage wohl wirklich nichts mehr wert.

Piove! Senti come piove! Madonna come piove! Senti come viene giù!