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Düdingen - Thun 3:4
15.09.2012Schweizer Cup 2012/2013


«4:3», sagt Marco, «2:1», wünscht sich Lukas. – Angesichts der Tatsache, dass Thuner Cupspiele meist auf torarme Kampfsiege herauslaufen, belustigen uns die Prognosen der beiden Schneuxty-Brüder. Zumal Lukas im gemeinsamen Thuner Tägu-Interview natürlich von einem 2:1 für Düdingen angeht. Wir Fans halten uns selber für die besseren Propheten: Etwas anderes als ein 1:0 oder 2:0 würde uns doch sehr überraschen. Doch in einem Zeitalter, in dem Stadien nach einem Pyrowurf zu 25 Prozent, aber nach einem 52 Dezibel lautet Torjubel zu 40 Prozent geschlossen werden, muss man als Fan mit allem rechnen. Und so werden wir auch heute im Birchhölzli wieder mal überrascht – erst positiv, dann aber überaus negativ.
Die Cupatmosphäre an sich ist in Düdingen sehr gelungen. Die optimistische 3000 Zuschauer-Prognose des Vereins wird gar noch übertroffen, 3500 Zuschauer sind schliesslich am Spiel. Der Kanton Freiburg ist nun mal für seine Sporteuphorie berüchtigt. Nur ein Freiburger kann sich so gar nicht fürs Spiel begeistern: Ein Rentner regt sich in seinem Auto so sehr über den Thuner Fanmarsch auf der Strasse auf, dass er ihn gleich selber beenden will. Er fährt gleich mal mit seinem Auto auf die Gruppe zu und bremst nur sehr widerwillig – und spät. Das führt zu einer seltsamen Szene: Für einmal verbünden sich Ultras und Polizei.
Über die Eingangskontrollen gibt es verschiedene Schilderungen. Manche üben stolz ihr Frühfranzösisch – die Security spricht konsequent nur Westschweizerisch – andere nerven sich über die übergenauen Kontrollen, welche dem Pyro am Cupmatch-Mythos definitiv ein Ende setzen. Nur ein Aebikürvler hat überhaupt nichts am Sicherheitscheck auszusetzen… und öffnet im Stadion genüsslich die mitgebrachte Bierdose.
Gut gelaunt ist auch jenes Thuner Trio, das im Thunsektor die Frankreich-Fahne schwenkt. Sie erleben ihren Spielhöhepunkt bereits in der dritten Minute, als sie ein Tor von Salamand bejubeln können. Anschliessend übernimmt der Wünnewiler Marco Schneuxty das Spieldiktat. In der 25. Minute schiesst er das 0:2. Und in der 33. Minute erhöht er gleich auf 0:3. Bei beiden Treffern wird er von einem anderen Schneutxy unterstützt – wenn auch unfreiwillig. Der Torhüter des SC Düdingen trägt den selben Namen, den man im Freiburgischen «Schneuwly» und in Albanien und anderswo «Schneutxy» ausspricht. Und Adrian S. zieht heute einen regelreicht schwarzen Tag ein. Das einzig Positive, das man über sein Abwehrverhalten bei den Gegentreffern sagen kann, ist, dass ihm nur beim 0:3 das Baseball-Käpi vom Kopf fällt. Die tief stehende Sonne, die ihn gewiss blendet, kann keine Ausrede sein.
Geblendet ist scheinbar auch das Schiedsrichtertrio. Ein klarer Penalty wird nicht gegeben, die Offsideregel haben sie zudem auch nicht in Griff. Weshalb Red Fanatic einmal mehr lauter wird, als Barbara Egger erlaubt. Wir witzeln schon, ob die sich die Stadion-Nachbarn wirklich über sämtliche Thuner Zuschauer ärgern oder doch nur über die lauten (aber meist auch in dieser Dezibel-Stärke gerechtfertigten) ostschweizerischen Schiedsrichteranalysen.
Ich dagegen bin zur Pause gut gelaunt. Das Bier ist lecker (Cardinal!), das Frühherbstwetter zauberhaft und die Leistung der Thuner Jungs ist bisher eine einzige Freude. «Thun schwimmt für einmal nicht im Cup – das gibt’s auch nur alle fünf Jahre.» Selbst als Gigic in der 52. Minute den 1:3-Ehrentreffer erzielt, werde ich noch nicht misstrauisch. Wir diskutieren nicht etwa über die schlecht aussehende Abwehr der Thuner, sondern über das Jobangebot, das Gigic kürzlich bei Thun erhalten hat. Wenn der FC Thun einigen Spielen also nur 4000 Franken zahlt. Verdienen dass die genervten «die Spieler verdienen das Zehnfache von uns»-Fans wirklich nur 400 Franken pro Monat?
In der 65. Minute zückt der Schiedsrichter die Rote Karte. Weil die Sonne noch tiefer steht, als zuvor, hat fast niemand die geahndete Szene mitbekommen. Wittwer habe eine Tätlichkeit begangen, wird herumerzählt. Thun nun also in Unterzahl, aber noch mit beruhigendem 2-Tore-Polster. Dagegen hat Lukas Schneuxty was einzuwenden: Er verkürzt in der 82. Minute auf 2:3. Und noch ehe Thun den Ernst der Lage wirklich erkennt hat, ist es auch schon passiert: In der 83. Minute doppelt Gigic zum 3:3 nach. Die tief stehende Sonne, welche die Thuner Abwehr gewiss blendet, können wir sicher als Ausrede gelten lassen. Oder etwa nicht?
Angesichts des leichtfertig verspielten 3-Tore-Vorsprungs steigt der Lärmpegel im Thunsektor. Doch Bättig rettet uns noch gerade einmal rechtzeitig vor einer nervenaufreibenden Verlängerung. In der 90. Minute bleibt er bei einem eher harmlosen Thuner Schuss aufmerksam und reagiert beim x-ten Patzer von Adrian Schneuxty am Schnellsten. Er verwertet den unglücklichen Abpraller des SCD-Goalies umgehend zum 4:3. Womit beide Scheuxty mit ihren Prognosen rechtbehalten haben: Lukas darf sich über ein beachtliches 2:1 in der Düdinger-Schlussviertelstunde freuen, Marco dagegen über jenes Resultat, das für die Statistik wirklich zählt: 4:3.