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Thun - Sion 1:0
06.11.2010Super League 2010/2011


So sieht also ein Marsch durch Thun aus, wenn die Walliser kommen. 30 Fans marschieren auf der Strasse und singen abwechselnd «Scheiss Thun» und «Scheiss YB». Würde man nicht den Dialekt heraushören, könnte man sie genauso gut für Anhänger des FC Spiez halten. Sie schwenken nämlich weder Fahnen, noch halten sie Doppelhalter in die Höhe. «Die haben Angst vor einem Fahnenklau», analysiert unser Welschland-Experte Mr. Cardinal. Im Stadion selber stehen dann etwa 150 Sion-Supporter, um den ersten Sieg der Walliser in Thun seit dem 7. August 2007 live mitzuerleben. Lange ist’s her.
Doch auch die Siegesdurststrecke von uns Thuner ist lang geworden. Wir durften seit dem 8. August 2010 nicht mehr im heimischen Lachenstadion jubeln. Ob deshalb erneut nur 3700 Zuschauer den Weg ins Stadion gefunden haben?
Der Spielverlauf scheint den Abwesenden recht zu geben. Der grösste Aufreger in der ersten Halbzeit ist noch ein weiter Flug von Mrdja im Thuner Strafraum. Wobei an sich nur die Frage interessiert, ob Schiedsrichter Wermelinger dem Sion-Spieler nun Schwalben-Gelb gibt oder nicht. Er gibt ihm Gelb – wie viele von uns aber erst Zuhause in der Zeitlupenwiederholung mitbekommen.
In der 34. Minute kommt Sion zu einem Freistoss. Ogararu tritt ihn, der Ball wird von Obradovic auf Sio verlängert, der diesen über Da Costa hinweg ins Tor köpft. Empörung im Thun-Sektor? Nein, die Szene wurde so langsam ausgeführt, dass wir alle sofort die einzige schnelle Bewegung auf dem Platz erkannten: Der Fähndlima entschied bereits auf Offside, als die Sion-Sio sich noch nicht einmal zum Torschuss entschlossen hatte.
Ansonsten sehen wir einen typischen Abstiegskampffight ohne nennenswerte Chancen oder Fouls. Uns bleibt Zeit, über das wahre Highlight des Wochenendes zu diskutieren: Das bereits zur herbstlichen Tradition gewordene Kürbisleuchtenfest in Rudolfingen. Angeblich ziehen ja jetzt schon Thunfans vom Berner Oberland ins Zürcher Weinland, weil 1000 beleuchtende Kürbisse mehr Überraschungsmomente bieten als 11 nicht ganz so helle Thun-Spieler.
Die Stimmung ist überraschenderweise dennoch gut. Für Irritationen sorgt allerdings Welschland-Experte Schöpu, der den «Enchanté»-Wechselgesang mit einem kräftigen «Ensemble!» anstimmt. Ja sind wir etwa Genfer?
In der Pause wird endlich mal der Thuner Strafraum ausgemessen. Denn anders als in der Meisterschaft soll schliesslich beim Fust-Millionenschuss alles korrekt ablaufen. Ein hagerer Typ sowie eine Schwangere treten zum Torwandschiessen an. Angeblich gibt’s eine Million zu gewinnen, aber wer traut schon solchen Spielchen. Ausser vielleicht Sanel, der immer wieder in die Menge ruft. «Alli zäme zu Fuscht!» Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Am Schiessbudenstand sind die Löcher jeweils auch so verwinkelt, dass der Ball nicht wirklich rein kommt. Aber da der Typ den Ball übers Tor haut und die Frau den Ball keine fünf Meter weit bringt, brauchen wir eh nicht weiter über die allfälligen Gewinnchancen bei diesem Spielchen zu diskutieren. Übrigens: Nein zum modernen Fussball!
Zum Glück ist der eigentliche Match noch bodenständig-rückständig langweilig. In der 48. Minute kommt Scarione zu einem guten Abschluss, doch Vanis kommt an den Ball und lässt ihn nach vorne abprallen. Die Thuner dort stehen alle Offside. In der 64. Minute sehen wir den einzig guten Corner in diesem Spiel. Sion-Sio bringt den Ball zu Obradovic, doch dessen Schuss kann auf der Linie geklärt werden. Und in der 74. Minute zwingt der St. Galler-Publikumsliebling Benjamin Lüthi mit einer Direktabnahme aus mehr als 40 Metern Vanins zu einer Parade.
Das Spiel neigt sich (zu) langsam dem Ende zu. Da kommt es in der 85. Minute zu einem Laufduell zwischen Ogararu und Andrist. Ogararu will treten, Andrist will fliegen… und weil der Schiedsrichter Penalty pfeifen will, kann Scarione wieder mal den Ball auf den Elfmeterpunkt setzen. Ob er wohl heute wohl mal wie die Millionenschuss-Schwangere oder wieder wie der Millionschuss-Typ verschiessen wird? Wir zittern so lange wie lange nicht mehr bei einem Penalty, zumal Vanis schon mal bewiesen hat, dass er Thuns Penaltys abwehren kann. Doch Vanis stürzt sich in die rechte Ecke, während Scarione links unten einschiesst. 1:0!
Nachgespielt werden sollten eigentlich vier Minuten, doch da allein Scarione eine gute Minute braucht, um vom Platz schleichen und dem Neuzuzug Enrico Schirinzi Platz zu machen, werden es fünf Minuten. Wirkliche Hektik kommt aber nicht mehr auf, Sion-Sio und seine Kumpels wirken nach dem Rückstand erst recht ideenlos. Thun gewinnt erstmals seit dem 8. August wieder. Die Analyse lassen wir mal sein und genehmigen uns bei Mätt‘s Hüsi einen weissen Glühwein. Santé!