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GC - Thun 0:0
24.10.2010Super League 2010/2011


Es wird gesungen hinten im Bus. Und ich mal wieder mittendrin. Die Passagiere, die an der Haltestelle rein wollen, eilen gerade noch im letzten Moment zu den vorderen Eingangstüren. Die sarkastisch-depressiven GC-Gesänge sind nicht Jedermanns Sache. «Hey, sag jetzt auch mal was?» quatscht mich beim Aussteigen an der Haltestelle Hubertus einer der Bierdosenjungs an. «Du bisch doch au für GC?» «Nei bi Thuner.» «Ächt, vo Porno-Thun. U de, wär gwünnt dä Match?» «I gloubä, das git es Uentschiede.» Und schon werde ich angegrinst – wenn eher wegen meinem Sprachtempo als der Prognose an sich. «Chasch säb eigentli no langsamer säge?» «Iiiiiiiiiiii glouuuuuuubääääääää, daaaaaaaas giiiiiiiiit es Uuuuuuuuuuueeeeeeeentschiiiiiiiiiede.» Womit aber fertig ist mit Clown-Machen. Wer echtes sprachentschleunigstes Berndeutsch hören will, muss halt in die Illfis-Halle pilgern. Böse Zungen behaupten, die Speakerin sei noch immer damit beschäftigt, all die Torschützen und Passgeber vom Lugano-Spiel durchzugeben. Doch ich komme gar nicht dazu, diesen Tipp zu geben, da auf der Höhe der Max-Frisch-Badi einer der GC-Jungs schon in die Büsche kotzt – um halb Vier nachmittags. «Mir trinke im Fall no viel uf so änere Uswärtsrais,» meint einer. Ja dann halt Prost und noch viel Spass am Match.
Im Stadion gibts dann tatsächlich ein breites Trink-dich-blau-(weiss)-Angebot. Sogar Rot- und Weisswein wird ausgeschenkt. Bei einem Becherchen-Preis von 9 Franken verzichte ich aber. Auf Walliser Plätzen gibt’s zu diesem Tarif jeweils ganze Flaschen oder Massbecher Wein. Da ich bin heute ohnehin auf dem Gesundheitstrip und entscheide mich für ein Cola Zero und (im Gedenken an den Fly Agaric Fanclub) Gratis-Gürkchen.
Und so geht’s rein in die Partie. Thun wäre gegen einen massiv ersatzgeschwächten Tabellenletzten ja eigentlich Favorit. Und entsprechend motiviert starten unsere Jungs in die Partie. Zur ersten grossen Chancen kommen sie in der 14. Minute. Und die hat es in sich. Demiri läuft mit dem Ball in den Strafraum rein und wird von Vaillori umgesäbelt. Penalty, klar. Aber aus irgendeinem Grund keine Karte. Als Scarione den Ball setzt , merken viele von uns erst, dass Proschwitz am Bänkeln ist. Thun hat halt bekanntlich ein Luxus-Stürmerproblem. So macht Scarione die entscheidenden Schritte zum Ball… und hämmert ihn weit übers Tor.
Der Schock in der Kurve ist gross. Doch kurz darauf ist Thun bereits wieder im Vorwärtszug. Nun läuft Glarner Richtung Strafraum. Der Weg zum Tor ist frei, doch drückt er schon vor dem Strafraum ab. Sein Schuss saust ganz knapp am Tor vorbei. Und die Hektik in diesem Spiel wird noch grösser. Im Gegenstoss schiesst GC einmal, zweimal, dreimal aufs Tor. Der Ball liegt drin, Goalie Da Costa wälzt sich am Boden, die GC-Kurve jubelt erst, pfeift dann… der Treffer zählt nämlich nicht. Wars Offside oder ein Foul an Da Costa? Nach 17 Minuten tut der Zwischenstand von 0:0 ein klein wenig weniger weh.
Weh tut es aber mit fortlaufender Spielzeit, sich dieses Spiel überhaupt ansehen zu müssen. Denn nach dem Startfurioso zieht sich Thun immer mehr zurück, eigentliche Torchancen sind nicht mehr auszumachen. Und auch GC büsst an Torgefahr ein. Die Flanken sind stets unpräzise und zu hoch. Da GC dennoch fast bei jedem Angriff zu einem Eckball kommt, muss man angesichts der Thuner Einfach-raus-damit-Taktik Angst haben, dass eine der vielen Befreiungsschläge noch im eigenen Tor landet. Als dann Thun selbst bei den GC-Flanken nur noch zuschaut, landet Ball um Ball im Aussennetz.
85 Minuten sind schon gespielt… (um dich, liebe Leserin oder lieber Leser davor zu bewahren, am Computer einzuschlafen, spare ich hier den grössten Teil des Spiels aus)… da sagt Kevä. «Das git hüt ja scho wieder es 0:0.» Mit Betonung auf «scho». Na ja, das letzte Meisterschafts-0:0 erlitten wir vor fast genau drei Jahren am 4. November 2007 gegen YB. Und auch heute könnte das ja noch werden mit einem Tor. In der 89. Minute fliegt Abrashi nach seiner zweiten Gelben Karte vom Platz. Jetzt also alles nach vorne werfen, liebe Thuner, zumal mittlerweile auch endlich Proschwitz auf dem Platz steht. Doch die Thuner spielen sich den Ball an der Mittelinie hin und her und hin und her und… schwer auszumachen, ob die Pfiffe in der GC-Kurve oder in der Thuner Kurve lauter sind. So endet das Spiel 0:0. Und wir schicken die Spieler mit einem «Wir wolln euch kämpfen sehn» in die Kabine. Aber dieses Lied verhallt heute im Letzi ebenso ungehört wie die Thuner Sprüchli-Zeile «Mit em Zug dä wie mir fahre.»
Unsere Zuggruppe zurück nach Thun besteht aus drei Nasen. Im Tram (ausnahmsweise wird die Notbremse nicht gezogen!) lassen wir uns von (nüchternen!) GC-Fans erklärten, dass Thun den Schiedsrichter gekauft habe. War da eigentlich nicht mal ein Hinspiel mit zwei krassen Fehlentscheiden? Im (gc-freien) Zug diskutieren wir angesichts der heutigen indiskutablen Thuner Leistung lieber über Bergsport. Allerdings nur nach Bern. Denn das muss man auch mal schaffen: Obwohl wir drei alle in einen Schnellzug Richtung Oberland umsteigen wollen, nehmen wir in Bern drei unterschiedliche Züge. Einer fährt Richtung Münsingen, einer Richtung Thun und einer Richtung Brig… Ja dann, nächstes Wochenende sind wir ja dann wieder gemeinsam unterwegs. Wir sind nervenstark.