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Servette - Thun 2:1
16.04.2010Challenge League 2009/2010


Heute gehts im wahrsten Sinne des Wortes in den Wilden Westen. Zwischen Avenches und Estavayer-le-Lac ist die Autobahn gesperrt, weils eine tödliche Schiesserei gegeben hat. So müssen wir halt die ausgeschilderte Umfahrung nehmen. Alle orangen Schilder zählen - ausser die Wegweiser zum Aldi. Besonders abenteuerlich wird die Fahrt kurz vor Estavayer, weil hier sogar die Dorfstrasse wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Ein Freiburger Polizist hält uns an und erklärt uns auf Deutsch (Chapeau!), wie wir über ein Kiesgrubengelände weiter Richtung Yverdon kommen. Es ist den Rallye-Künsten von Fanclublegende zu verdanken, dass wir auf der doppelten Umfahrung nicht zu viel Zeit verlieren.
Beim Zwischenstopp an der Autobahnraststätte Bavois philosophieren wir über die Thuner Siegeschancen in Genf. Ich habe in der Calvin-Stadt schon 11 Niederlagen gegen Servette gesehen: 7 mal mit Thun und 4 mal mit Gotteron. Fanclublegende wird dagegen seinem Namen gerecht. Er hat in Genf noch nie einen Thuner Punktverlust miterlebt. "Ja fährst du denn eigentlich zum ersten Mal nach Genf?" "Ja!"
Genf ist eine teure Stadt. Weil die gängigen Getränke in der Pizzeria beim Stadion alle um die 5 Franken kosten, gibt es auf der Speisekarte extra eine Kategorie "Getränke fürs kleine Budget". Offizielle Arbeitslosengetränke sind demnach Mineralwasser, Grapefruitsaft und kalte Milch. Prost.
Wenigstens gibts an der Kasse verbilligte Tickets für Chômeurs. Allerdings nur, wenn man einen Arbeitslosenausweis hat. Nächstes Mal bringen wir unsere RAV-Belege mit. Ich komme wenigstens zum Studententarif ein. Auch wenn ich schon älter als 25 bin. Erst habe ich das Gefühl, dass mich die Kassiererin so jung schätzt. Doch meine Faltencreme wirkt wohl doch nicht, sagt doch die Kassierein zu mir: "Ich kann schon erlauben, dich zum 10 Franken-Tarif reinzulassen." Sie hat also bloss Mitleid mit mir.
Vielleicht habe ich aber auch einfach portugiesische Gesichtszüge und komme deshalb zum Rabatt. Im Stadion macht nämlich eine portugiesische Folkloregruppe wahnsinnigen Lärm. Und in welcher Platzhälfte trampeln diese Elefanten herum? Natürlich zwischen den Thunspielern. Flanken üben können die Thuner also schon mal vergessen. Wenn das keine Benachteiligung ist.
Als der portugieische Lärm mal ausgestanden ist, kann das Spiel beginnen. Die Partie ist in der Startphase ausgeglichen, rund 200 Thunfans peischten unser Team nach vorne. Und doch haben wir ein mulmiges Gefühl, da Servette im Mittelfeld klar stärker ist. Immer wieder setzen sie zu schnellen Zwischenspurts an. Einer dieser schnellen Angriffe führt in der 24. Minute gleich zum 1:0. Eudis kann Stulz probelmlos bezwingen.
Vier Minuten später kommt es zum Duell zwischen Klose und Tréand. Klose wird überlaufen und kann seinen Gegenspieler an der Strafraumgrenze nur noch mit einem Foul stoppen. Da Tréand in hohem Bogen in den Strafraum fliegt, entscheidet Schiedsrichter Sperenda auf Penalty. Merde! Eudis legt sich den Ball vor und versenkt ihn sicher im Netz. 2:0.
Den Thunern droht ein weiteres Genfer Debakel. Und das vor 6118 Spectateurs. Fantasievoller Saisonrekord. Als Stimmungshäppchen taugen für uns vorderhand nur die Zwischenergebnisse aus dem fernen Wallis. 1:0 Sion, 2:0 Sion... nicht nur Thun scheint heute die Leaderposition einzubüssen.
Thun kommt nun besser ins Spiel, passt sich der Aggresivität der Genfer an. Tréand kommt völlig ausser Tritt, als der Schiedsrichter nicht mehr bei jeden Zweikampf für ihn pfeift. Herrlich, wie Tréand in der 39. Minute einmal einen halben Salto zeigt, weil er sich vernachlässigt fühlt.
2:0 stehts zur Pause immer noch. Gelegenheit für ein alkoholfreies Bier. Bei einem Carlsberg spielts eh keine Rolle mehr. Interessant einfach, dass die Hälfte des Verpflegungsteams ausgerechnet zu Beginn der Pause Pause macht. Als ich Equipe Nummer 2 mit einem "Hü emau"-Spruch begrüsse, werde ich an der nun offenen zweiten Getränketheke wenigstens als Erster bedient. Allerdings bestrafe ich mich mit dem verhältnismässig schnellen Getränkeholen gleich selber. Im Stadion ist bereits wieder grässliche Portugiesenmusik zu hören.
In die zweite Halbzeit startet Thun ohne den heute völlig überforderten Reinmann. Unglaublich, aber wahr: Die Einwechslung von Wittwer bringt Ruhe in die Thuner Abwehr. Thun ist nun das stärkere Team. In der 56. Minute spielen sie regelrecht Powerplay im Genfer Strafraum. Dass derweil ein Verteidiger am Boden liegt und heult, interessiert die Thuner nicht. Sie powern weiter. Doch weder Bouziane, noch Aratore können den Ball versenken. Aber dann steht Rama goldrichtig und schiebt den Ball zum verdienten Anschlusstreffer ein.
Zehn Minuten später hat Rama gar die Chance zum Ausgleich. Doch sein wuchtiger Schuss wird von Servette-Goalie Gonzales abgefangen. Weiterhin stehts 2:1.
Thun riskiert immer mehr. "Enorme pression de Thoune!!!" meldet sogar der SFC-Liveticker. Zum Happy-end kommt es aber nicht, Servette kann den Vorsprung über die Zeit retten. Über Lautsprecher ertönt minutenlang eine ohrenbetäubende Siegeshymne. Im Wilden Westen kennt man halt keine Gnade mit den Unterlegenen. Na ja, wenigstens gibts kein Wiedersehen mit den Portugiesen.