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Thun - Wohlen 1:2
09.04.2009Challenge League 2008/2009


Fussball am Gründonnerstag? Weil das Wortspiel so schön ist? Oder weil unsere Spieler nach all den Topleistungen ein verlängertes Wochenende verdient haben? Eiersuchen als Individualtraining macht sicher mehr Spass als Trainingseinheiten, bei denen man sogar ins Schwitzen kommt.
Aber wir wollen uns nicht beklagen. Das Wetter ist wirklich toll. Und nach drei guten Thun-Leistungen in Serie ist sogar ein wenig Fussballeuphorie spürbar. Immerhin 2900 Zuschauer kommen ans Spiel – gut gelaunt und optimistisch.
Umso besser, dass der Matchflyer heute lesenswert ist. Sascha Stulz stellt sich den kritischen Fragen. Was unser Top-Goalie wohl auf die Frage „Wo siehst du noch Verbesserungspotenzial in der Mannschaft“ antwortet? Er ist natürlich ganz selbstkritisch und meint… „Bei der Chancenauswertung können wir uns noch verbessern.“ Genau. Thun hat nur am drittmeisten Tore in der Liga erzielt. Aber ist da nicht noch ein ganz kleines Problem hinten, sagen wir in der Abwehr oder sogar im Tor? Thun hat die schliesslich von allen 16 NLB-Teams am meisten Gegentore erhalten. Nun, Stulz fügt einsichtig hinzu: „Aber auch bei der Abstimmung und der Kommunikation zwischen Abwehr, Mittelfeld und Angriff sehe ich noch Verbesserungspotenzial.“ Hallo!? Wenn dem so ist, besteht das grösste Kommunikation-Verbesserungspotenzial wohl zwischen Goalie und Fans. Nachdem ich das Stulz-Interview gelesen habe, habe ich plötzlich ein schlechtes Gefühl für das heutige Spiel. Zweckoptimismus – oder wollen wir Arroganz sagen – bekam den Thunern noch nie gut.
Immerhin vor dem Spiel dürfen wir noch jubeln: Ari Nyman wird über Lautsprecher verabschiedet. Die hämischen Zwischenrufe sind zahlreich. Auch ich bin am Motzen und nicht am Klatschen. Ich gehe aber ehrlich gesagt auch davon aus, dass dies eine finnische Verabschiedung à là Spengler-Cup-Finale ist. Wenn bis zum Finaltag die Finnen wegen zu schlechten Leistungen längst verjagt sind, nimmt dort auch ein verkleideter "Finne" das Abschiedsgeschenk entgegen. Ich kann ja nicht wissen, dass sich Ari tatsächlich nochmals freiwillig im Lachenstadion zeigt. Hoffen wir für ihn, dass er dank den paar schlechten Leistungen in Thun für sein ganzes Leben ausgesorgt hat.
Auch die Trikots der Wohlen-Spieler erinnern an Skandinavien. Die Aargauer spielen nicht nur in weissen Socken, sondern auch in Malmö-Hellblau. Aber anders als einst Malmö ist Wohlen feldüberlegen. Während die Thuner noch über den Platz stolpern, erzwingen die Wohlener bereits die ersten Torchancen. Bis zum Führungstreffer dauert es nicht lange. In der 11. Minute schiesst Michael Keller (bisher 1 Saisontor) zum 0:1 ein. Fans, die den Treffer bejubeln könnten, sind keine in Thun.
Die Thuner greifen zögerlich an, sie spielen sehr umständlich. Auch in der 24. Minute versuchen sie ihr Glück am linken Flügel, statt endlich in die Mitte zu passen. Selbst als der vorderste Thuner den Strafraum erreicht, bleibt er samt Ball links vom Tor. Sucht er eigentlich den Eckball oder was? Doch dann passiert das Unglaubliche: Ein Verteidiger grätscht ihn tatsächlich um. Der Schiri pfeift. Penalty. Kukuruzovic läuft an und verwertet klar – links unten natürlich.
Der Ausgleich sollte den Thunern eigentlich Mut machen. Aber dem ist nicht so. Die besseren Chancen hat weiterhin Wohlen. Kein Wunder, das da selbst ein anderthalbjähriger Nachwuchs-Thunfan lieber Richtung Getränkestand davon läuft, als sich das Gekicke weiter anzusehen.
Kurz vor der Pause wirds noch mal brandgefährlich. Stulz hat scheinbar den Ball, doch der Wohlen-Stürmer kann ihn ihm aus den Händen wegspitzeln. Warum der Rüebliländer anschliessend aber das leere Tor verfehlt, versteht niemand im Stadion.
Zur Pause stehts also immer noch 1:1 – aber wir wissen ja, wie schwach die zweite Halbzeit der Thuner jeweils ist. Und tatsächlich: In der 57. Minute schiesst Zahir Idrizi (bisher 1 Saisontor) seelenruhig zum 1:2 ein. Ja, bei unserem Team besteht noch Kommunikation-Verbesserungspotenzial.
Wohlen leistet sich in der verbleibenden halben Stunde den Luxus, gleich beide Torschützen auszuwechseln. Man führt ja, warum also unnötig Kräfte verpuffen. Thun dagegen rennt mit aller Kraft an. Mehr als ein, zwei gute Chancen können sie aber nicht herausspielen. Das Spiel endet 1:2.
Und so sollten wir uns an Ostern nicht fragen „Wo siehst du noch Verbesserungspotenzial in der Mannschaft?“, sondern „In welchen Bereichen ruft die Mannschaft eigentlich ihr Potenzial ab?“ Aber wahrscheinlich finden wir auch für diese Frage jede Menge guter Ausreden.