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GC - Thun 4:0
08.03.2008Super League 2007/2008


Am Donnerstagabend bin ich DAS Gesprächsthema im letzten Zug von Fribourg nach Bern: Da bin ich doch ein grosser Gotteronfan, habe ein Saisonabo und schreie wegen dem Team (nicht nur) in den Playoffs bis zur Heiserkeit. Und doch wiederhole ich zum x-ten Mal, dass ich am Samstag im Allmendstadion nicht dabei bin. Nicht einmal ein Gratisticket, das mir offeriert wird, kann mich umstimmen. Da versteht selbst Mitzu die Welt nicht mehr.
Und doch sitze ich heute Abend im Letzigrund, wenigstens auf der Haupttribüne – dank Schwarzmarkthändler 77 zum Exklusivpreis von zwei Bierjetons. So ist es möglich, mich kurz vor Anpfiff noch durch den Zaun hindurch im besten Walliserdeutsch mit einem GC-Fan zu unterhalten. Wobei die Supporterin für meine Prognose, dass Thun punkten wird, nur ein müdes Lächeln übrig hat.
Zu Spielbeginn ist von den GC-Fans nichts mehr zu hören? Spielt Thun etwa überraschend gut? Quatsch! Die GC-Kurve zieht einen Stimmungsprotest durch. Der Grund dafür bleibt aber geheim, leisten doch die Sicherheitsleute wieder einmal beste Arbeit. Spruchbänder wie „Scheiss Letzi Preise, Wucher!“ sollte es im Schweizer Fussball wirklich nicht geben.
Kurz vor der 15 Minute wird nicht etwa die YB-Viertelstunde angezählt, sondern der Countdown zum GC-Urschrei. Schliesslich soll im mit 4100 Zuschauern nicht ganz vollen Letzigrund doch noch Hexenkesselstimmung aufkommen. Bislang hörte man nur einige Thunfans singen – angesichts des Spielverlaufs sehr erwähnenswert! Denn obwohl es 0:0 steht, hat Thun nicht den Hauch eine Chance gegen GC. Mindestens sechs klare Torchancen hat GC in der ersten halben Stunde, während die Thuner vielleicht zweimal über die eigene Platzhälfte hinauskommen. Thuntrainer van Eck steht trotzdem gelassen am Spielfeldrand und denkt nicht daran, mit einem Wechsel das drohende Unheil abzuwenden. Warum auch: Thun kann sich mit seinem breiten Kader den Luxus leisten, Topskorer Rama sowie den besten Spieler Ferreira auf der Ersatzbank sitzen zu lassen. Und Gerber hat ja sowieso frei bekommen, um sich gemeinsam mit Aegerter das Spiel auf der Haupttribüne ansehen zu können.
Schliesslich ist es soweit: In der 35. Minute trifft Dos Santos per Freistoss zum 1:0. Vier Minuten später erhöht Vallori zum 2:0. Das Pausenergebnis, das aus Thuner Sicht noch viel zu milde ausgefallen ist. Nachtragend wie ich bin, habe ich mir einen Platz hinter der Trainerbank gesucht, um gemeinsam mit meiner Freundin ein „van Eck raus“ anzustimmen, als unsere Trainergrösse das Spielfeld verlässt. Profi wie er ist, lässt er sich nichts anmerken. Rama dagegen reagiert auf einen positiven Zuruf – in dem er die Hände verwirft. Derweil will sich Iashvili einspielen und nimmt einen Ball am Spielfeldrand. Er wird sogleich von einem Sicherheitsmann ermahnt, dass er doch nicht mit einem GC-Ball spielen soll. Schliesslich darf er sich den Ball aber doch ausleihen. Ein Team wie Thun braucht doch in der Pause keine eigenen Bälle, um sich fit zu halten. Im allgemeinen Frust fällt noch der Satz: „Ich habe ja schon viele Thunspiele gesehen, aber noch nie war die Leistung so schlecht wie heute.“ Nein, dieser Satz stammt von keinem heutigen oder ehemaligen Thunspieler, es braucht also keine weiteren Disziplinarmassnahmen.
Nach einem weiteren „van Eck raus“ beginnt die zweite Halbzeit. Neu mit Scarione und Iashvili, Rama wird in der 66. Minute eingewechselt. Ferreira bleibt das ganze Spiel lang draussen.
Die Geschichte der zweiten Halbzeit ist schnell erzählt: Thun spielt weiterhin drittklassigen Fussball ohne Kampfgeist und ohne sich auch nur eine einzige Torchance zu erarbeiten, während GC Chance um Chance vergibt. Vallori und Bobadilla erhöhen dann aber doch noch auf 3:0 und 4:0 – wobei wohl selbst ein Stängeli heute möglich gewesen wäre.
In der Ferne stimmt die Thuner Kurve ein weiteres „van Eck raus“ an, meine Freundin und ich stimmen mit ein – was ein paar GC-Kids um uns herum dazu animiert, selber unserer Trainergrösse zuzurufen. Van Eck bleibt weiter Profi und reagiert nicht. Und doch scheint es ihn zu wurmen, dass er unverständlicherweise von allen Fussballfans, die kein FCL-Trikot tragen, verschmäht wird.

Wie ist später in der NZZ am Sonntag zu lesen: „Irgendwann nach dem Schlusspfiff, es war die Zeit der Grundsatzfragen angebrochen, flüchtete sich René van Eck in den Galgenhumor. Von der Haupttribüne hatte er Kinder seine Entlassung fordern hören, «vermutlich haben sie sich damit ihr Sackgeld aufbessern können». Die Ironie der Szene: Die Jugendlichen trugen GC-Trikots.“

Wenig später tragen die GC-Kids übrigens sogar Originaltrikots, verteilen doch die gutgelaunten GC-Spieler ihren jungen Fans Trikots und sonstige Utensilien. Den grössten Freudenschrei erlebe ich aber vor dem Stadion, als mir ein GC-Tennie nachrennt und mir völlig ausser Atem ihre Torhüterhandschuhe zeigt: „Hey, die habe ich von Bettoni bekommen, so geil“, ruft das überglückliche Mädchen. Schön zu sehen, dass heute doch noch ein Thunspieler einem Fan eine grosse Freude bereitet hat.