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FCZ - Thun 3:1
04.08.2007Super League 2007/2008


Wo ansonsten beim Hardturm jeweils der Thuner Mannschaftbus steht, wartet heute ein älterer Herr, der von den aus dem Parkhaus kommenden FCZ-Fans nicht beachtet wird. Ich dagegen nicke ihm zu und grüsse freundlich „Grüessech Herr Weder“. Er grüsst ebenso freundlich zurück. Ich spaziere weiter, Hand in Hand mit meiner Freundin. Ja, heute ist wieder einer jener Tage, in denen ich nicht in der Thuner Kurve stehe. Und noch schlimmer: Nach zu viel Jack Daniels am Rockfest Brienz habe ich ein Bierverbot aufgebrummt bekommen. So bin ich halt am heutigen Spiel ein an der Seitenlinie Sitzender, Händchen Haltender, Eistee Trinkender und Züri-Chnebel Essender Fussballkonsument. Völlig gezähmt bin ich also, nur der Thunschal ist mir noch geblieben.
Völlig gezähmt? Schon nach wenigen Spielsekunden motze ich trotz all der FCZ-Zuschauer um mich herum laut über den Schiri Kever. Stand Omar Pape Faye beim ersten Angriff des Spiels wirklich im Abseits? Da standen doch noch Zürcher in der Mitte. Und spätestens, als zwei Minuten später bei einem Angriff erneut gegen Faye entschieden wird – dessen Gegner fliegt nach einem normalen Zweikampf vor dem Strafraum auf den Ball – halte ich Kever endgültig für einen Heimschiri.
Dumm nur, dass da Thun bereits im Rückstand liegt. Bereits nach 90 Sekunden überrennen die Zürcher die Thuner Abwehr, worauf Alphonse UNBEDRÄNGT zum 1:0 einschiessen kann. Dieses UNBEDRÄNGT wird an diesem Nachmittag zum Fluchwort aus Thuner Sicht. Denn auch beim zweiten Zürcher Tor (23. Minute Raffael), beim dritten Zürcher Treffer (32. Minute Chikhaoui) und bei geschätzten sechs weiteren Zürcher Torchancen hat der FCZ viel zu viel Platz. Da stimmt viel nicht in der Thuner Abwehr. Doch zu einer Kanterniederlage kommt es nicht: Der FCZ trifft heute schlecht und Bettoni wehrt heute zahlreiche Schüsse grandios ab.
Und der Auftritt der Thuner ist doch gefällig. Im Mittelfeld und in der Offensive halten sie ganz im Gegensatz zu früheren Auswärtsdebakeln durchaus mit. Zu sehen sind schöne Ballstafetten. Zu sehen sind gefährliche Angriffe. Wie in der 17. Minute, in der Faye kurz wirbelt und prompt zum 1:1 einschiesst. Aber eben – hinten stehen die Thuner schlecht, weshalb der Traum von einer erneuten Auswärtsüberraschung im Hardturm nicht lange anhält.
War die erste Halbzeit schön anzusehen, ist die zweite Halbzeit schwach. Guldan kommt ins Spiel – und mit ihm eine ordentliche Prise Aggressivität. Nach einer halben Notbremse sieht er bereits in der 63. Minute Gelb. Zwei weitere Gelbe Karten gibt es nach rund einer Stunde: Gegen Galvatorta und gegen Di Fabio. Nur: Spielt jetzt Thun auf einmal wirklich so unfair oder liegen nun die Zürcher Spieler nach jedem harten Zweikampf wälzend am Boden? Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Zürcher mit ihrem Gejammer die Gelben Karten gegen Thun geradezu erzwingen. Zum Vergleich: In Halbzeit 1 haben die Zürcher die Beine des Gegners entweder übersprungen oder dank Ballhalten „Vorteil gespielt“. Das Nervige am Ganzen: Trotz all den dramatischen Foulszenen sind die Zürcher auch weiterhin in den wirklich gefährlichen Szenen UNBEDRÄNGT. Und doch fehlt kein Tor mehr.
In der Nachspielzeit geht Guldan an der Mittellinie von hinten in einen Zweikampf. Ein Foul. Eine Gelbe Karte. Und somit Gelb-Rot. Ein unwürdiger und doch irgendwie perfekter Abschluss für all die Thuner Auftritte, die wir in den letzten Jahren im Hardturm erlebten durften/mussten. Wer wohl nach dem Ausschlachten des Stadions eine Original-Hardturm-WC-Brille um den Hals tragen wird wie einst Rüpel-Alain? Und wird es im Bereich des Stadions wohl noch viele Suchaktionen geben nach Stadtbesuchern, die wie einst ich wegen ein paar Tropfen Wodka ihre Mitreisenden nicht mehr selber finden? Von kaputten Handys, Hosen und Füssen ganz zu schweigen…
Nach dem Spiel gehen meine Freundin und ich noch zum Thuner Fancar. Da kommt es zu einer unerwarteten Begegnung. Wenige Meter daneben ist ein älterer Herr von mehreren FCZ-Kids umringt. Manche wissen einen Präsidenten eines Fussballclubs also doch noch zu schätzen. Sie holen sich Autogramme von… FCZ-Präsident Ancillo Canepa. Und wenig später steht auch im Matchprogramm meiner Freundin: „Herzlichst für Christine, Ancillo Canepa.“ Schön. Ich bleibe Kurt Weder-Fan…