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Servette - Thun 1-1, 5-4 n.P.
17.12.2005Schweizer Cup 2005/2006


In der 42. Minute ist der absolute Tiefpunkt der Thuner Krisenwochen erreicht. Esteban schiesst völlig unbedrängt zum 1-0 ein, eine Thuner Abwehr scheint nicht auf dem Platz zu stehen. Doch nicht nur vorne spielt Thun schlecht. Die Mannschaft ist in der ersten Halbzeit absolut chancenlos und unmotiviert. Klar spielt man gegen einen Verein mit viel Tradition, einem grossen Stadion und vielen Fans – aber verdammt noch mal, Servette ist eine 1.Liga-Mannschaft!
Es ist eiskalter und deprimierender Nachmittag für uns Thunfans. Und dass die Servettefans beim Führungstreffer locker mal über die Abschrankung können und auf dem Rasen jubeln dürfen, sorgt auch nicht unbedingt für Beruhigung. Auch wegen der damit gegebenen Fahnenklaugefahr werden die Thuner Banner beim Tor schon in der Pause abgehängt.
Es wäre wirklich gemütlich, Tom würde von jemandem in der Thuner Fankurve einen Flaschenöffner finden, damit wir uns mit seinem „VIP Lounge“-Rotwein bessere Laune antrinken könnten. Doch dies schlägt ebenso fehl wie der Versuch von zwei Servettefans mich in der Pause in unserem „Sektor“ zu finden. Wobei, was kann man schon von einer Sektorenaufteilung sprechen, wenn in der zweiten Halbzeit zwei Vermummte durch unsere Kurve schlendern können und Thunfans schlagen können.
In der 53. Minute gibt’s dann immerhin einen Penalty für Thun. Lustrinelli tritt an und trifft. Immerhin der Gleichstand ist wieder hergestellt. Immerhin scheint sich die Mannschaft jetzt wieder anzustrengen. Oder besser gesagt: Es ist ab diesem Moment wieder eine durchschnittliche Leistung der Thuner, aber immerhin etwas, was man überhaupt Leistung nennen kann. Und doch ist Servette noch leicht überlegen, müsste eigentlich in Führung gegen. Doch stattdessen kommt es zur Verlängerung.
In der Zusatz-Halbstunde beschränkt sich dann die Servettespieler mit wenigen Ausnahmen auf Bodenturnübungen mit schmerzverzerrtem Gesicht. Ob es sich dabei um Kondititionsmängel, ideenloses Zeitspiel oder eine Huldigung an die einstige Servettegrösse „Das isch e Gränni“-Obradovic handelt, ist nur schwer einzuschätzen. Thun ist nun die bessere Mannschaft, hat viele gute Gelegenheiten zum Siegestreffer. Gerade Lustrinelli müsste gleich mehrere Male treffen. Aber wie schon gegen Prag und Schaffhausen gelingt den Thunern kein einziges Tor aus dem Spiel heraus.
Es kommt zum Penaltyschiessen und einem unglaublichen Missverständnis zwischen Longo, Deumi und Aegerter. Nachdem gerade Jakupovic selbstsicher getroffen hat, geht Aegerter zum Ball. Dabei ist er noch gar nicht an der Reihe, wie sich nach einer unprofessionellen Diskussion herausstellt. Deumi ist der nächste Schütze. Bei so viel Aufregung ist nicht weiter verwunderlich, dass der starke Servette-Goalie Boully den Ball halten kann. Thun ist einen Penaltytreffer im Rückstand. Und da Jakupovic keinen einzigen Ball abwehren kann, scheiden die Thuner trotz keinem weiteren Fehlschuss aus dem Cup aus. Einem Cupwettbewerb notabene, bei welchem so glorreiche Teams wie FCZ, YB, Aarau, Lugano, Locarno, Winterthur, Sion und Servette die nächste Runde erreichen.
Nach dem Spiel kommt es dann noch zu zahlreichen unschönen Szenen, da die Servettefans nicht nur zum Feiern auf den Rasen springen, sondern sich einige auch zu uns stürzten, um sich zu prügeln und Fahnen zu klauen. Dies nicht nur direkt am Spielfeldrand, sondern auch weiter oben in den Zuschauerplätzen in unserer Kurve. Bei den Angreifern handelt es sich nicht um Section Grenat-Mitglieder und auch nicht um sonstige „echte“ Servettefans, sondern ganz einfach um Idioten. Dreinschlag-Lieder wie „Lugano, Lugano“ sind sehr aufschlussreich. Richtig getroffen werde ich dann aber ausgerechnet von einem Thunfan. Wenn dies nun von einer Thunerin mit den Worten kommentiert wird: „Mattäng, das geschieht dir recht“, schmerzt dies doppelt. Nach etwa 20 Minuten Getümmel, kommt dann die Polizei in unsere Kurve und bereitet dem Geschehen ein Ende. Wir Thunfans werden bis fast eine Stunde nach dem Spiel im Stadion festgehalten. Immerhin: Als der Sicherheitsverantwortliche des Stade de Geneve zu uns kommt, spricht er wenigstens keine Stadionverbote gegen uns aus, sondern entschuldigt sich für die unschönen Szenen nach dem Spiel.
Während meine Servettekollegin noch gemeinsam mit den SFC –Spielern im Ausgang ist, treffen einige von uns später in Thun noch auf Jakupovic – still und leise in einem Kebabstand. Wobei: Still ist nur er, wir Fans sind trotz Niederlage noch so laut, dass wir kurzerhand aus dem Laden geschmissen werden. Am mitgebrachten Bier kann es kaum liegen, wir trinken ja trotzdem mehr Glühwein als die Durchschnittkunden um diese Zeit. Wir müssen übrigens raus, bevor wir bezahlen können. Da macht sich das Pallett Prix-Garantie-Bier mit 24 Halbliter-Dosen, das wir zuvor für 18 Franken im Coop am Bahnhof Bern gekauft haben, doppelt bezahlt. Aber mittlerweile ist es ja eh höchste Zeit, um beim Winterpause-Abschlusstrinket bei Hidir mitzumachen. Es wird trotz allem ein lustiger Abend – auch wenn um 4.30 bei meiner besoffenen Heimkehr die Thuner Krisenwochen immer noch schrecklich nerven. Hoffen wir auf ein 2006, dass endlich wieder Thuner Tore und Siege gegen Schweizer Mannschaften bringt!