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Thun - GC 2-1
14.08.2005Super League 2005/2006


So wie heute in der 1. Halbzeit habe ich seit vielen Jahren kein Meisterschaftsspiel mehr gesehen – zuletzt wohl damals als Balljunge an den 1. Liga-Spielen. Heute sitze ich direkt neben dem Balljungen und bloss wenige Meter von Coltorti entfernt. Die Fussballeuphorie in unserer Region hat mir nämlich eine ganze spezielle Aufgabe beschert: Ich soll für die nächste Landboten-Titelseite einige Zweikämpfe vom Match Thun-GC fotografieren. So trage ich in den ersten 45 Spielminuten für einmal kein Thuntrikot, sondern einen bewusst unauffällig-langweiligen Pulli. Schliesslich bin ich nicht nur unmittelbar am Spielfeldrand, sondern habe auch den GC-Sektor in meinem Rücken.
Für gute Zeitungsbilder müssten nun also die Thunspieler aufs GC-Tor anrennen. Doch dem ist überhaupt nicht so. GC startet viel besser ins Spiel. Rogerio schiesst mit einem herrlichen Schuss ins Lattenkreuz seine Mannschaft bereits in der 4. Minute in Führung. Und auch danach spielt GC besser, es dauert rund 20 Minuten, bis die Thunspieler endlich mal vor Coltorti auftauchen. Doch zu wahren Torchancen kommen sie nicht, einzig einen Adriano-Torschuss kann man als gefährlich einstufen. Ich brauche jedenfalls fast durchgehend den grössten Zoom zum Fotografieren, so weit ist das Spiel von mir entfernt.
Den GC-Fans gefällt das Gebotene natürlich. 45 Minuten Dauersupport ist angesagt, Respekt. Witzigerweise fehlt dabei auch das Vogelisi-Lied nicht. Allerdings happerts mit dem Dialekt natürlich und am Schluss sollte es natürlich nicht „Buuuuuuuuuh“, sondern „Wiiiiiiihuuuuu“ heissen. Die allgemeine Stimmung der Zürcher beeindruckt mich, hier scheint mehr los zu sein als drüben im Thunsektor. Nur phasenweise sind die Thuner Gesänge zu hören.
Ich bin nicht der einzige sonderbare Medienvertreter heute im Stadion. So sorgt der SF DRS-Kameramann für Ärger. Er steht doch tatsächlich mit seiner Kamera jenseits der Werbebande auf dem Rasen – ganz an der Linie. Als der FC Thun-Medienverantwortliche ihn auf seinen Fehler hinweist, reagiert der SF DRS-Mann überaus gereizt. Bei etlichen Leuten will er sich beschweren. Schliesslich begibt er sich dann aber doch hinter die Bande.
Völlig jenseits von Schweden ist dann die Pausenshow auf dem Rasen. Eine Kamera wird aufgestellt, bevor erst ein Herr im Brautkleid und dann drei sichtlich schwule Mediziner sinnlos herumblödeln. Erst nach Minuten erklärt das Speaker das irre Spiel: Soeben seien Szenen für die Versteckte Kamera gefilmt worden. Wahnsinnig witzig – ob es sich wirklich lohnt, die Sendung Ratpäck überhaupt einmal anzusehen?
In der zweiten Halbzeit bin ich dann wieder ein normaler Fan mit Trikot und einem Stehplatz in der Fankurve. Etwas müde wird hier gesungen, ob eher das süffige Thunfest oder eher der Rückstand auf die Stimmung geschlagen hat, lässt sich schwer sagen. Immerhin spielt Thun nun besser, es scheint ein ganz anderes Spiel zu sein. Endlich sind die Angriffe wieder voller Mut und Geschick. Und tatsächlich: Schon in der 51. Minute gelingt Thun der Ausgleich.
Der Match ist hart umkämpft, wobei Thun ein Chancenplus hat. Wobei, was soll das schon heissen, GC konnte die Feldüberlegenheit in der 1. Halbzeit auch nicht für mehr als ein Tor nutzen. Doch bei Thun heisst der Trainer ja nicht Latour…
In der 81. Minute kullert der Ball schliesslich über die Torlinie, es ist nach einem Eckball das 2-1 von Bernardi. Und so sichert sich Thun doch noch drei Punkte. Ja und fast wäre Thun sogar noch Tabellenführer geworden, hätte Xamax-Verteidiger Oppliger nicht in der Nachspielzeit noch den FCZ mit einem Eigentor auf den Thron geschossen. Aber das wär dann wohl doch zu viel des Guten gewesen. Eines aber ist klar: Thunspiele machen derzeit ganz viel Spass, ob nun direkt am Spielfeldrand oder in einer jubelnden Menge in der Fankurve.

Matthias Engel