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Xamax - Thun 0-0
14.05.2005SuperLeague 2004/2005


"...Immer no MFuti. Wird gestört vom Baykal, dr Baykal wo wieder mal vo Afang spiut. zVerhältnis vom Baykal mit em Trainer, em Urs Schöneberger ja sicher nid zbeste. Aber itze Gägeagriff vom FC Thun, dr Mario Raimondi u dr Mauro Lustrinelli, dä nimmt diräkt ab. Und si Schuss geit knapp am rächte Goalpfoste verbi. Da het er doch chli überhastet abgschlosse... Bereits e Bombechance, das nach 3 Minute..."

Was sagt uns dieser Livekommentar von Sportradio-, BE1- und Lachenstadion-Guru Luzi Fricker: Das Meisterschaftsspiel Xamax-Thun findet im dritten Versuch tatsächlich noch statt und Thun beginnt stark. Dumm nur, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht im Stadion bin, ich verpasse damit eine von zwei oder maximal drei Thuner Torchancen in diesem Spiel.
Es ist eine gemütliche Fanreise nach Chaux-de-Fonds, allein im Zug sind zwei Dutzend Thunfans unterwegs. Die Stimmung ist gut, zumal das Wetter vom verregneten und stürmischen Thun bis hinauf ins überraschend trockene und teilweise gar sonnige La Chaux-de-Fonds immer besser wird. Sorgen bereitet uns einzig die Blick-Schlagzeile: "In Biel stanks zum Himmel", wobei der Grund von den Journalisten nicht recherchiert wurde. "Ich weiss es - gestern war ein YB-Fan in Biel", stellt Amador eine Hypothese auf. Obwohl wir dann aber am Bahnhof sogleich auf einen Bieler mit YB-Cap treffen, lässt sich diese Behauptung nicht bestätigen. Mehr freue ich mich auf die Begegnung mit zwei Xamaxgirls, im Zug nach Chx-de-Fonds sitzen wir im selben Viererabteil - gemeinsam mit oben erwähntem Luzi Fricker. Doch der gähnt immer nur, da er Frühdienst ab 5 Uhr morgens hatte. Ob ihn wohl die Schoggibrötchen von Amélia den dringend notwendigen Energieschub verleihen?

"MFuti Doppelpassspiel mit em Alexandre Rey. Dert isch wiederum dr Kopfball vom Oppliger, dr Oplliger itze allei vor em Tor. Aber er verzieht, ja das gits ja nid, er wär allei vor em Fabio Coltorti. Aber dr Pascal Oppliger setzt dr Ball knapp am rächte Torpfoste verbi. Dr Longo verwirft dHänd..."

Ja, bei der Liveübertragung schreit Luzi Fricker dann wirklich wieder wie gewohnt. Wobei es bei dem eher schwachen Spiel gar nicht so viel zu schreien gibt. Zumindest für uns Thuner geht es nicht mehr um viel. Entsprechend lange sitzen viele von uns im gemütlichen Pub vis-à-vis des Haupteinganges - das heisst ungefähr fünf Kilometer vom Thunsektor entfernt. Selbst Kevin ist hier bestens akzeptiert und bekommt sogar von einer Xamax-Herrenrunde noch ein Glas Weisswein spendiert. Und ich leiste meine eigene Xamax-Finanzhilfe, in dem ich die Rechnung der beiden Xamaxgirls bezahle.
Ich hätte das wohl auch gemacht, wenn ich da die peinliche Eintrittspreise von Xamax schon gekannt hätte. Im Xamaxsektor bezahlt also ein Fan 5 Franken (Student/Lehrling) respektive 12 Franken (Erwachsene). Im Thunsektor dagegen zahlen wir 10 Franken oder gar 18 Franken. Obwohl auch dies noch recht günstig ist, finde ich diese Preise wirklich unfair.
Jä nu, rund fünf Minuten nach Spielbeginn steh ich dann auch schon in der gut gefüllten Thuner Fankurve. 100 Leute sind wir - wohl mehr Fans als auf der Xamax-Stehrampe.

"Joel Griffiths mit em Kopfball, Flugkopfball, Diräktabnahm vom Griffiths... Ganz knapp verzieht er am rächte Goupfoste verbi... Sicher die besti Chance im Spiu, das nach 15 Minute..."

Irgendwie machen wir immer Stimmung. Wir nutzen die seltene Gelegenheit, einmal auch die an Eishockeyspielen erlernten welschen Fangesänge anzustimmen. Witzig sind neue Basteleien einiger Fans, über die eigentlich das Schweizer Fernsehen geradewegs eine Live-Reportage hätte machen sollen. Da gibt es einen neuen Doppelhalter mit der Aufschrift "Danke Nicole - www.blindekuh.ch", da gibt es Essmäntelchen (!) mit der Longo-Sprechblase aus dem Blick: "Du bisch ä Gränni!" Ob Romina wohl deshalb bei Spielende ein Trikot von Renggli bekommt, damit sie sich endlich umzieht? Übrigens noch ein Wort zu Rominas Look: Mit einem kurzen Rock an ein Spiel nach La Chaux-de-Fonds zu kommen, zeugt von jugendlichem Übermut à la East Ender. Gruss an dieser Stelle nach Südafrika!
Und selbst Sarah hat ein bisschen gebastelt. Ihre Fingernägel sind im Thun-Look bemalt - rot-weiss mit Sternchen. Wenn ich in der zweiten Halbzeit fast genau so häufig sie anschaue wie die Thunspieler, liegt dies bloss an meinem starken Stadtpatriotimus... Okay, vielleicht auch noch ein wenig an der Tatsache, dass das Spiel von Minute zu Minute langweiliger wird. Besonders Halbzeit Zwei ist zum Vergessen - mit einer einzigen Ausnahme.

"Mauro Lustrinelli allei vor em Goal. Dr Benedik chunt usse u cha ne korrekt stoppe, geit mit de Füess dri diräkt a dr 16-Linie... itz i de 76 Minute. Mauro Lustrinelli, besti Chance i de 2. Halbzyt für e FC Thun..."

Andere Fans ersetzen die fehlenden dramatischen Szene auf dem Platz durch unnötige Streitereien untereinander. Ohne den Streit irgendwie kommentieren zu wollen, eine kurze Anmerkung: Jeder Fan (auch ich) sollte sich immer wieder im Klaren sein, wo Trash Talk gegen gegnerische Spieler aufhört und wo rassistische Sprüche anfangen. Um ein Beispiel aus einem anderen Spiel zu nennen: Dürfen Thunfans Gügi als "Kebabfresser" bezeichnen und Minuten später Chappi als Rassisten beschimpfen?
Selbst dieser Streit ist aber keine Erklärung dafür, wieso wir Fans nach dem Spiel überallhin von Polizei begleitet werden. Selbst der Extrabus an den Bahnhof (gute Idee wegen des schlechten Fahrplans!) fährt einem Polizeimofa hinterher, das mit Blaulicht unterwegs ist. Und auch am Bahnhof wimmelt es nur so von Polizisten. Ein Wunder, dass der Kontakt zwischen mir und den Xamaxgirls überhaupt zugelassen wird. Die Rückreise verläuft übrigens problemlos - kein Notbremseziehen, keine Belästigungen härziger Xamaxmeitschis.
In Biel trennen sich dann die Wege. Die Xamaxfans fahren weiter Richtung Aarau oder Fribourg, die Thunfans reisen über Bern nach Thun und ich bin von nun an mit Kevin unterwegs - über Zollikofen-Hasle-Rüegsau Richtung Biglen. Mein Outfit an der spassigen Pubfestivalnacht: Ein Pädu Baumann-Trikot.

"No mal e Corner für Neuchâtel Xamax. Allerletzti Chance... Benedik, dr Goalie vo Xamax, chunt o no füre, da ganz wit vorne, doch dert isch niemer, nume dr Fabio Coltorti... Dr Guido Wildhaber pfift i däm Moment ab. E entüüschendi Partie. 0-0 geits us. Di erste 30 Minute hei viellech no chli entschädigt, wöu denn hets no chli Chance gä... Kes schöns Spiu, natürlech o druf zrügg zfüehre uf di schlächte Terrainverhältniss, i dr Pouse het ja dr Thun-Präsi Kurt Weder das Terrain ir Charrière als Kartoffelacker bezeichnet..."

Matthias Engel