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Thun - Sion 0-5
08.11.2000Testspiele 2000 bis 2023


Mit Handschlag begrüsste in Raron Georges Bregy die im Mannschaftsbus mitgereisten Thun-Fans. Der Thun-Trainer war vor dem Spiel ausnahmsweise ganz locker, denn beim heutigen Spiel ging es nicht um Punkte und Tore sondern um ganz einfach nur um Solidarität. Die beiden Spitzteams aus NLA und NLB, Thun und Sion trafen sich in Bregys Heimatdorf zu einem Plauschmatch, um Geld für die Walliser Umwetteropfer zu sammeln. Nur jemand hatte da selbstverständlich etwas dagegen: Wettergott Petrus, der mit Kritik an seinen Leistungen bekannterweise nicht gut umgehen kann. So rächte er sich an Spieler, Trainer und Zuschauer mit einer bitter-bös kalten Bise. Der Wind wehte so kalt, dass manch ein Fan im Wallis erstarrte und den Weg ins Stadion nicht mehr fand. So kamen nur 650 statt der erwarteten 2000 Leute ins Stadion. Doch die anwesenden Fussballlieberhaber hatten alle ihren Spass, sahen sie doch leichtverdauliche schnelle Fussballkost ohne Fouls und Reklamieren. Besonders die Thuner griffen beherzt an und erspielten sich Respekt bei Walliser Spielern und Fans. Ein kleiner Sion-JUnge war sich trotzdem sicher. "Sion gewinnt 5-0." Meine mürrische Antwort: "So stark wie YB seid ihr also nicht." Gelächter. Ein anderer Sion-Fan meinte dagegen: "Die siä ganz guät, diä Thuner..."
Nur Kobel nicht, zumindest bei seiner ersten wichtigen Aktion nicht. Da sprintete er dem Sion-Angreifer entgegen... und an ihm vorbei! Das Tor war frei, der Sittener traf.
Ein Tor das immerhin 100 Franken wert war. Soviel spendete die skorende Mannschaft an die Umwetteropfer. Bei jedem fallenden Tor übrigens.
Der Match ging munter weiter. Mittelfeldspieler und Stürmer hatten auf beiden Seiten viel Platz, nur der Ball nicht im Netz, das traf keiner mehr.
Dafür flog ein wuchtiger Schuss gleich über die ganze Tribüne hinweg. Hinter der Tribüne liefen sich Thuner und Walliser Spieler ein, letztere umkreist von autogrammsüchtigen Kinder. Ein älterer Mann schnappte sich den Matchball, warf ihn über die Tribüne und verfehlte die Frau in der ersten Reihe nur um Milimeter. Die zweite gefährliche Situation in der ersten Halbzeit.
Das Spiel hinter der Tribüne ging weiter. Als dieses Mal der Ball heranflog, kam Marc Schneider an den Ball. Er kickte ihn zur Tribüne. Hier übernahm einer der kleinen Fans. Mit einem heftigen Kick trieb er den Ball über alle Zuschauer hinweg aufs Spielfeld. Respekt!
Pause. Und wie meinte doch der Speaker: "Alle Einnahmen am Match gehen vollumfänglich an die Unwetteropfer. Da kann man doch ruhig mal drei Bier trinken." Gesagt, getan. Wir Fans assen uns durch Bratwurst, Hot Dog und Walliser Getränke (Super Weisswein!) durch.
Für die zweite Halbzeit waren die Spieler rasch wieder parat. Doch beide Mannschaften mussten sich lange auf die Schiedsrichter gedulden - über fünf Minuten lang. Dafür brachten die schwarzen Herren einen (leider) berühmten Gast mit, den Gemeindepräsidenten von Gondo. Dieser machte den Ankick.
Das Spiel kippte nun ganz zu gunsten der Walliser, deren zweite Garnitur viel besser war als Thun 2. Doch zuerst hielt Paradegoalie Valente gut, machte zwei 100-Prozent-Chancen zunichte. Aber dann wars soweit, bei einer totalen Verwirrung im Thuner Strafraum schob ein Sittener zum 2-0 ein. Daraufhin drehte die Matchuhr durch. Zwar zeigte sie das 2-0 korrekt an, jedoch begann sie wie wild zu zucken und blinken. Noch schlimmer trieb sie es nach dem 3-0, da zeigte sie das Tor schon gar nicht mehr an - dafür blieb die Zeit stehen.
Marc Schneider setzte sich derweil auch auf dem Platz in Szene. Im Mittelfeld kam ein Pass auf ihn zu, doch Marc kippte im dümmsten Moment um. Der Walliser Fan vor mir kommentierte den Verstolperer lachend: "U güät..." Was immer das heissen soll...
Sekunden später war Marc erneut am Ball. Er gab einen kurzen Pass auf Zanni, der ganz aussen an der Seitenlinie ein Dribbling vom Mittelfeld bis in den Strafraum startete.
Doch hier wurde der Pass fällig, Zanni kickte weiter, sein Kumpel übernahm und blieb vor einem Sittener stecken. Nicht einmal eine Torchance.
Dafür blieben die Sittener hart am Ball, kamen zum 4-0 und in der allerletzten Minute tatsächlich noch zum 5-0. Ja, ja, kleiner dicker Sion-Junge, hast recht gehabt.
Solidarisch wie wir Thuner nun mal sind, soffen und frassen wir nach dem Match munter weiter. Anschliessend gings wieder heimwärts - zusammen mit der Mannschaft, die seriös die gezeigte Leistung diskutierte....
Okay, das ist gelogen. In bester Kindergartenmanier alberten sie die ganze Zeit lauthalt herum. Und in Goppenstein stiegen Rama und Okpala gar aus, um im Finsteren mit der Masseuse zu tanzen. Besonders Chris könnte noch viel viel Übung gebrauchen.
Aber ich will, ich darf die gezeigte Leistung nicht kritisieren. Wie wiederholte doch Rama ungefähr Hundertmal auf der Rückfahrt: "Mehr Respekt vor den Spielern!" Heinz Moser schüttelte da nur den Kopf. Er kam zur Erkenntnis: "Wir spielen nicht gut, sind dafür aber eine lustige Mannschaft." Hoffentlich gilt Ersteres nur für Benefizspiele...

Matthias Engel