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Xamax - Thun 2:2
28.10.2022Challenge League 2022/2023


Fast exakt drei Jahre ist es her. Zum letzten Mal in Neuenburg war ich am 9. November 2019. Kablan traf damals in der 86. Minute nach einem Tosetti-Freistoss zum 2:3. Und wir Thunfans hatten den Irrglauben, der Abstieg in die NLB könnte doch noch verhindert werden. Das Spiel ist mir aber wegen den Fans in Erinnerung geblieben. Es war jene Partie, der wir ein Remember Ins-Shirt zu verdanken haben. Ich war auch im Zug - gemeinsam mit meiner Fünfergruppe guter Kolleginnen und Kollegen, wie oft zuvor. Es war das letzte Mal, das wir zu fünft unterwegs waren, obwohl die schwierige Corona-Zeit in jenem November 2019 noch nicht in Sichtweite war. Seitdem haben wir uns zerstritten und vergessen, gegenseitig und auch was den FC Thun angeht. Nur noch einer von uns steht 2022 noch jede Woche in der Fankurve - und das bin nicht ich. Er ist auch der einzige neben mir aus der Fünfergruppe, der heute in Neuenburg unterwegs ist. Wobei: Sein Zug kommt nur gerade fünf Minuten vor meinem Zug in Neuenburg an, doch weder er, noch die anderen Thuner warten auf uns Fans aus dem Schnellzug. Er verspricht mir, dass er vor dem Stadion mit einem Bier auf mich wartet. Als ich eine Viertelstunde später beim See unten bin, meint er trocken, dass er nun im Stadion sei. Mich ärgert dieses typische Thuner Verhalten schon gar nicht mehr. 2019 ist - wie würde es meine damalige Kollegin sagen - „Vergangenheit“. Was in Thun das Codewort dafür ist, anders als früher nicht mehr für Kollegen da zu sein. Dann soll sich aber auch niemand wundern, wenn ich mir heute ein Ticket für den Sektor C3 kaufe. Das ist kein Stehplatz im Gästesektor, sondern für 25 Franken ein Sitzplatz an der Seitenlinie. In der vierten Reihe. Und dort sitze ich... zu viert! Denn auch das ist zum Glück noch Thun. Wenn Match ist, kann man an einem beliebigen Wochentag irgendwo in der Schweiz Thuner treffen, die man von früher kennt; wie zum Beispiel unsere Fanforumlegende (er lässt Mitstreiterin Fenchel herzlich grüssen), der kurz vor der Auswanderung steht und wohl nochmals eine schlechte FCT-Leistung sehen muss, um mit seiner alten Heimat abschliessen zu können. Oder Kogogk, mit dem ich seit längerem nur noch im FCB-Forum Kontakt habe. Er bringt eine/seine Pflegefachfrau mit. Gut so, in unserem Alter kann man nie vorsichtig genug sein. Das Fussballglück perfekt macht das Angebot am Bierstand: Ein 1,4-Liter-Pitcher für 19 Franken. Jeder von uns vieren wird am heutigen Abend einen solchen bestellen. Herrlich, ich verspüre erotische Flatulenz.
Ja und dann ist da noch das Spiel zwischen dem Tabellenletzten Xamax und Thun als Nummer 18 der Fussballschweiz. 3457 Leute sehen sich aus mir unverständlichen Gründen diese Partie an, wenn sie nicht gerade an den Verpflegungsständen oder auf dem WC - ganz authentisch mit bettelnden Kindern - herumhängen. Falls sie am Platz sind, sehen sie in der 8. Minute bereits ein Tor: Rüdlin spielt auf Ndongo und Thun führt 0:1. Das Niveau des Spiels ist zwar bescheiden, aber das energiereiche Auftreten der Thuner gefällt. Spielerisch glückt nicht viel, aber sie gehen aggressiv in die Zweikämpfe rein und holen sich ein paar Gelbe Karten ab. Eine wichtige Kompetenz im Abstiegskampf. Leider patzt vorne Mattäng (der Spieler) mehr als einmal, Thun geht mit einer zu knappen 0:1-Führung in die Pause.
Während das Spiel ruht, tauschen wir Erinnerungen über Tomtom aus, den wir alle nach wie vor sehr vermissen. Wir sind nun alle älter als er damals, als er viel zu früh starb. Tomtom würde uns sagen, dass wir uns lieber aufs starke Bier statt auf schwache Spiel konzentrieren sollten. Nur nicht aufregen! Was halt wieder schwierig ist in dieser zweiten Halbzeit. Nun fallen die Tore zahlreich, nicht zum Vorteil von Thun. Erst wechselt Xamax dreimal und trifft dann zweimal. In der 57. Spielminute spielt Nuzzolo den Ball zu Pinga, der zum 1:1 einschiesst. In der 59. Minute kann zu unserer Freude Rüdlin einen Eckball zum 1:2 verwerten, am 14. Spieltag der erste Eckballtreffer überhaupt für Thun. In der 70. Minute dann aber das obligate Nuzzolo-Tor. Wenn einer mit 39 Jahren die Thuner Abwehrspieler abhängen kann, sagt das viel aus.
Wir denken und hoffen, dass sich wenigstens auf dem Kunstrasen das Schöne von 2019 2022 wiederholen lässt. Ein 2:3 wie damals von Kablan, was würden wir uns freuen. Doch nirgends ist mehr erotische Flatulenz zu verspüren im Stadion, es bleibt beim 2:2 - und das ist angesichts dem Druck von Xamax in den Schlussminuten eher glücklich für Thun. Ja, so ist halt das Leben am 28. Oktober 2022.