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Thun - Bellinzona 1:1
22.07.2022Challenge League 2022/2023


Vor dem Spiel darf munter geraten werden: Wie häufig ertönt heute im Spiel gegen Bellinzona ds Vogellisi über den Stadionlautsprecher. Dreimal? Viermal? Oder gar fünfmal? Schliesslich hat uns Trainer Lustrinelli spektakulären Offensivfussball versprochen. Und der Gegner ist der Aufsteiger, der sich gewiss in bester Aussenseiter-Tradition à la Kriens abschiessen lässt. Wer eine hohe Torzahl geschätzt hat, sieht sich nach sieben Sekunden bestätigt. Touré und Mattäng kreieren bereits die erste Torchance. Doch wer eine tiefe Torzahl geschätzt hat, sieht sich nach sieben Sekunden ebenfalls bestätigt. Mattäng spielt wie schon in Schaffhausen seine typische Rolle als Chancentod. Und Touré fällt nach dieser Aktion kaum noch auf. Wie gesagt: Es sind da gerade mal sieben Sekunden gespielt. Mattäng erzielt dann nach 20 Minuten fast den Führungstreffer, aber ein Tessiner rettet auf der Linie. In der 30. Minute fällt das 1:0 dann doch. Der erneut starke Bertone lanciert Ahmed, der links unten einschiesst. Mehr kommt aber nicht mehr von Thun aus dem Spiel heraus, auch weil Mattäng weiter sündigt.
Das Tor schiesst stattdessen Pollero. In der 70. Minute drischt er den Ball für Bellinzona ins Netz. Doch halt, der Treffer zählt wegen Abseits nicht. Thun sieht schwach aus in der zweiten Halbzeit. Erfolgsversprechend sind in der Schlussphase eigentlich nur zwei Strafraumszenen, in der Bellinzona nur halbwegs legal agiert. Zweimal fordern Team und Fans einen Handelfmeter, doch die Pfeife von Drmic bleibt jeweils stumm. Er ist kein Heimschiedsrichter.
Er ist verdammt noch mal wirklich kein Heimschiedsrichter! Das zeigt sich in der 90. Minute, als Bellinzona ein weiteres Mal gefährlich nach vorne kommt. Schmidt wirft sich dagegen und schafft es dabei, sich selber den Ball an die Hand zu spielen. Da könnte man doch wie zuvor auf der anderen Seite ein Auge zudrücken. Doch Drmic pfeift und Cortelezzi setzt sich den Ball fürs Penaltyduell gegen Zinswiler. Die 3100 Zuschauer feuern den Goalie an, der zur Freude in die richtige Seite hechtet. Aber den Ball, den verpasst er knapp. 1:1. Und nein, in den zwei verbleibenden Minuten ist vom Vogellisi nichts mehr zu hören. Die Pessimisten sehen sich bestätigt und das wohl nicht nur für heute.
Apropos soziale Verantwortung (Ja, auch wir bei thunfans.ch lesen aufmerksam den Tägu): Nach dem Spiel gibt am Verpflegungsstand gratis Pommes frittes für alle, die wollen. Als Trösterli, als Bödeli und ganz einfach als Merci, dass wir heute ins Stadion gekommen. Vielleicht lebe ich als Bewunderer von Latours Läckerli-Teilet zu sehr in der Vergangenheit. Aber genau solche Aktionen machten den FC Thun einst zu einem besonderen Verein. Und das hat nichts mit Sozialismus zu tun, liebe Herren Leserkommentarschreiber. Und dann gibts da noch einen Zwischenfall im Fanzelt, bei dem Nicht-Thuner lernen müssen, dass im Stadion auch bei einer Hüttenzauber-Party mit DJ die Regeln der Ultras gelten. Einem mitfeiernden FCSG-Fan wird das Handy aus der Hand genommen und das letzte Video gelöscht. Nun hat er nicht etwa die kleine Pyroaktion der zweiten Halbzeit gefilmt, sondern wie Frauen aus der Kurve beim Layla-Partysong lautstark mitgesungen haben. Ich habe Verständnis für die Löschaktion. Mal davon abgesehen, dass der St. Galler Dialekt bei der Diskussion sicher nicht geholfen hat, landet man im Jahr 2022 Layla singend noch schneller am Internetpranger als Pyro zündend. Siehe Facebook-Seite des FC Thun. Da braucht es also nicht auch noch Videobeweise. Gesungen wird dann im Fanzelt übrigens bis kurz vor Mitternacht und als Zugabe bis um 3 Uhr am Mühliplatz. Für die Statistiker: Layla läuft während meiner mehrstündigen Stichprobe im musikalischen Teil der beiden Treffpunkte insgesamt fünfmal, ds Vogellisi wie im Stadion ein einziges Mal.