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Wil - Thun 3:1
26.09.2020Challenge League 2020/2021


An Tagen wie diesen... Euphorie im Stadion, die Hymne der Toten Hosen wird angestimmt. Und ich stehe direkt hinter der Spielerbank der Thuner und weiss nicht, ob ich fluchen oder mitsingen soll. Thun hat zwar wie an jedem AuswĂ€rtsspiel seit dem Sieg im Joggeli Mitte Februar enttĂ€uscht. Aber heute war ich immerhin wieder mittendrin statt nicht dabei. Kurz, ich war wieder im Stadion. An einem Match mit nicht mal 500 Zuschauern. Aber mit je einer Fahne der kleinen, aber lautstarken Wil-Kurve (das „Ihr seid alles Absteigerjungs“ gibt einen Bonus-Ultrapunkt) und einer Fahne einer Thun-Familie direkt neben der HaupttribĂŒne, welche den Sektor A1 kurzerhand in einen inoffiziellen Thunsektor verwandelt. Ob wohl wegen ihnen der Speaker etwa im 10-Minuten-Takt erwĂ€hnt, dass nĂ€chste Woche beim Match GC-Wil dann auch wirklich keine Wilfans erlaubt sind, weil Corona oder so?
Ich selber werde in Wil mit dem typischen Ostschweizer Charme begrĂŒsst. Ein paar Meter vor dem Stadion hĂ€ngt bei einer Metzgerei das Schild: „Aufgrund von Wildpinklern und anderen SchĂ€dlingen wird das GeschĂ€ft neu von 19.00 Uhr und bis 6.00 Uhr morgens per Kamera gesichert. Wir danken fĂŒr Ihr VerstĂ€ndnis.“ Gut ist da erst 16 Uhr. Ich pinkle dann trotzdem vis-Ă -vis im Baustellen-Toitoi, das vorbildlich mit dickflĂŒssigem Desinfektionsgel ausgerĂŒstet ist. Direkt schade, bin ich heute solo unterwegs. Und als ich vor dem Regen Unterschlupf suche auf einem gedeckten BĂ€nkchen vor der Bergholz-Badi, werde ich prompt von einem FC Wil-Verantwortlichen angesprochen: „Wortisch of opper?“ Hm, ich habe 10 Meter neben dem Haupteingang zu einem Fussballstadion sowohl eine Bierdose, als auch eine Snusdose in der Hand... Ja natĂŒrlich warte ich auf meine Traumfrau, aber die will ja nicht mehr an Thunspiele mit. Er ist dann jedenfalls erfreut UND ĂŒberrascht, als ich ihm (ohne ooo‘s) erklĂ€re, dass ich einfach ans Spiel will und das Stadion halt 70 Minuten vor Anpfiff noch nicht geöffnet ist.
Im Stadion sind die Sicherheitsmassnahmen top, aber nicht ĂŒbertrieben streng umgesetzt. Und ich bin wohl der einzige Fan, der ĂŒberhaupt eine Selbstdeklaration abgibt. Die Wurst (ohne Senf) ist herrlich, der JĂ€gertee sowieso. Als ich meine dritte JĂ€gertee-Runde holen gehe, spricht mir die VerkĂ€uferin ins Gewissen: „Wosch nor oine?“ Und dann schleicht da noch dieser hagere Typ umher mit seiner FCZ-Maske. Hallo Herr Nef. Leider komme ich aber nicht dazu ihm zu erklĂ€ren, warum ich an diesem Wochenende wegen Herrn Canepa gegen das Stadion gestimmt habe.
Es wĂ€re trotz Dauerregen der perfekte Fussballnachmittag - wenn nur das Spiel an sich nicht wĂ€re. Thun hat schon in der ersten Halbzeit MĂŒhe mit den gut aufgestellten Wilern. Alex Frei zeigt an der Seitenlinie mehr Biss als die ganze Thuner Elf. Die hat grosszĂŒgig gezĂ€hlt zwei Chancen in der ganzen ersten HĂ€lfte. Und eine davon verwertet Neuzugang RĂŒdlin in der 34. Minute nach einem Eckball von Schwizer tatsĂ€chlich. Eine schmeichelhafte FĂŒhrung.
So schmeichelhaft wie der Freistossentscheid fĂŒr Thun in der 49. Minute ist. Dabei hat doch Munsy Wil-Goalie Köhn so gerammt, dass dieser verletzt raus muss. FĂŒr ihn kommt Ersatzgoalie Abubakar ins Spiel. Und dann ist es wie im Barragehinspiel. Plötzlich zaubert und trifft nur noch der Gegner.
Bei einem Zweikapf im Strafraum sieht der Schiedsrichter ein Handspiel von TorschĂŒtze RĂŒdlin. Muntwiler lĂ€uft an und trifft. 1:1 in der 57. Minute. Und in der 58. Minute fasst sich Fazliu bei einem Freistoss aus gut 20 Metern ein Herz und hĂ€lt einfach drauf. Der Ball setzt zwar vor TorhĂŒter Hirzel nochmals auf, der macht aber in dieser Situation Faivre-mĂ€ssig keine gute Figur. Und damit nicht genug: In der 69. Minute kommt nach einem Freistoss von Fazliu aus halbrechter Position Ballet frei zum Kopfball. Er hat keine Probleme den Ball ins Tor zu befördern. 3:1. AusgetrĂ€umt sĂ€mtliche TrĂ€ume ĂŒber den ersten AuswĂ€rtssieg seit Mitte Februar - trotz acht Nachspielminuten. Da kann Alex Frei noch so sportlich bei EinwĂŒrfen jedes Mal sofort den Ball direkt einem Thuner in die Hand drĂŒcken, hier liegt fĂŒr Thun einfach nichts drin. Nicht einmal der Anschlusstreffer. Ja an Tagen wie diesen... ist Schneider immer noch Thun-Trainer.