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Xamax - Thun 2:3
09.11.2019Super League 2019/2020


Es ist ein Zeichen von ganz weit oben. Als wir in Thun auf den Extrazug warten - die meisten passiv-aggressiv über den Abstiegskampf am Diskutieren, Mattäng auf Polnisch (!) ein Eishockeyländerspiel am Schauen - steht auf dem Nebengleis die ganze Zeit der SCB-Extrazug. Vielleicht einfach nur ein Gruss von Abstiegskampfteam zu Abstiegskampfteam. Irgendwie aber auch eine Erinnerung daran, dass Geld keine Tore schiesst. Eher im Gegenteil. Und ja, ich stehe immer noch lieber (vorübergehend) auf dem letzten Platz als wie die Xamaxfans diese Woche lesen zu müssen, dass der eigene Klub in ausserkantonale Hände verkauft worden ist, notabene an den langjährigen Präsidenten eines anderen NLA-Klubs. Oder wünscht sich hier einer statt Lüthi einen GC- oder Luzern-Schnurri an der FCT-Spitze?
Ganz unglücklich sind wir dann nicht, dass wir statt mit dem SCB-Zug mit einer etwas älteren BLS-Komposition Richtung Neuenburg losfahren. Ohne Halt in Bern. (Von anderen Zwischenhalten und Zwischenfällen an diesem Abend soll hier keine Rede sein.) Dafür mit langem Halt vor dem einzigen Zug-WC. Wir erzählen uns dabei ganze Lebensgeschichten. Und Mattäng erzählt von seinem polnischen Hockeyspiel, dem Zitat „einzigen Sieg, den ich an diesem Wochenende sehe“. Ja, unser Optimismus war auch schon grösser. Geht wirklich mal ein Thuner Schuss rein!? Und kommt da verdammt noch mal endlich dieser Thunfan aus dem WC raus!?
In Neuenburg tröpfelt es leicht. Das Feuerwerk während dem Fanmarsch brennt trotzdem. 200 Fans gemeinsam auf dem Weg zum Stadion. Eindrücklich. Dieser Verein hat noch Rückhalt. Nur wird unsere Liebe zum Verein in den Startminuten gleich auf die Probe gestellt. Schon nach 40 Sekunden hat Nuzzolo eine erste Topchance. Es folgen ein gefährlicher Xamax-Eckball, den Stilhart erst auf der Linie klären kann, und die obligate Nuzzolo-Schwalbe, die aber zum Glück von Schiedsrichter San entlarvt wird. Faivre muss bereits jetzt auf Zeitspiel setzen, damit Thun überhaupt mal länger als 10 Sekunden am Stück in Ballbesitz ist. All das notabene in den ersten zehn Minuten. Gut, gibt es hier im Stadion Glühwein, wenn auch bei passiv-aggressiven Verkäufern, die mindestens so schlecht drauf sind wie wir Fans. Wenn wunderts, dass es regelmässig laut wird am Getränkestand.
Auf dem Feld ist derweil von den Teamrückkehrern Stillhart, Castroman und Kablan wenig zu sehen. Wir verfluchen schon die dünne Kaderdichte bei Thun. Und dann verletzt sich auch noch Thun-Karlen, wie es aussieht am Knie. Noch-Trainer Schneider schickt für ihn in der 35. Minute Munsy auf den Platz. Nun scheinen die Thuner keine Chance mehr zu haben. Sie packen sie. Jetzt völlig ersatzgeschwächt, übernehmen sie endlich mal Verantwortung in dieser so wegweisenden Partie. Thun hat in der 41. Minute doch tatsächlich die erste Torchance durch Munsy. Der Treffer fällt zwar nicht, doch setzt sich Thun mit zwei Eckbällen nacheinander wenigstens mal im gegnerischen Strafraum fest.
Das macht Mut für die zweite Hälfte. Und die hat es in sich. Selber schuld, wer heute wie Kerzers-Role lieber die Kehrauspartie Bayern-Dortmund am TV schaut statt den Fussballklassiker Xamax-Thun im Stadion. Wobei Fussballschauen bei all den Pyros nach Wiederanpfiff gar nicht so einfach ist. Wir sehen inmitten des Rauchs noch so knapp wie Stillhart zu Tosetti spielt und der wiederum für Castroman auflegt. Und der schiesst zum 0:1 ein. Thun führt nach 49 Minuten. Unverdient zwar. Aber Thun führt. Und kommt wenig später zu einem weiteren Eckball. Der Ball kommt zu Castroman, der ihn volley ins Lattenkreuz knallt. DAS Thuner Tor der Saison. Gut, so viele Tore waren da noch nicht. Thun führt 0:2. Inzwischen verdient.
Doch es ist nun mal keine einfache Saison für Thun. Und so findet Xamax zurück ins Spiel. In der 64. Minute nutzen auch die Neuenburger eine Eckballchance, Torschütze Xhemajli. Und - es ist zum Verrückt werden - in der 84. Minuten gleich nochmals ein Tor nach Eckball. Torschütze Xamax-Karlen nach idealer Vorlage von Nuzzolo.
Verschenkt Thun mal wieder leichtfertig Punkte? Gibt es wieder bloss ein 2:2 gegen Xamax wie schon im ersten Aufeinandertreffen diese Saison? Oder gewinnt am Schluss gar noch der Gegner wie in gefühlt jedem anderen Match der letzen Wochen?
Nein, das darf nicht sein! Denken sich auch die Spieler und holen gleich einen Freistoss heraus. Tosetti tritt und Kablan trifft. 2:3! Von wegen Thun hat ein dünnes Kader. Und der Spruch „Tippgott Mattäng“ macht die Runde. Der hat nämlich ursprünglich mal ein 2:3 vorausgesagt für heute. Und diese Prognose trifft trotz vier langen Nachspielminuten ein.
Seine zweite Prognose, heute nichts Stärkeres als Bier zu trinken, fällt indes merkwürdigerweise im selben Moment in sich zusammen. Es wird eine laute und süffige Rückfahrt zurück im Extrazug. Denn wenn da schon kein Vereinslogo des Abstiegskampfteams am Zug klebt, muss man sich halt sonstwie bemerkbar machen. Hopp Thun!