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St. Gallen - Thun 0:1
21.04.2018Super League 2017/2018


Scheiss auf den Job, Scheiss auf mein Geld, egal was ihr sagt, egal was ihr denkt...

Jeder Thuner weiss noch, was da war am letzten Thunspiel in St. Gallen. Eine Rote Karte, drei Gegentore und dann der Fulehung. Und sicher irgendwo auch einen Filmriss dazwischen, wobei der leider bei den meisten nicht die qualvollen 90 Minuten im Stadion ausgelöscht hat. Entsprechend gilt es heute Revanche zu nehmen für jene der 15 Saisonniederlagen, die wohl am meisten wehgetan hat. Damals habt ihr Ostschweizer uns unseren Thuner Feiertag verdorben, das Ganze soll sich heute beim glorreichen Thuner Saisonschlussspurt – von Pessimisten auch Abstiegskampf genannt – nicht wiederholen. Und so reisen heute mehr Thunfans als erwartet nach St. Gallen. Zwar hat Kevä angeblich tagelang vergeblich nach anderen Zugfahrern gesucht und deshalb kurzfristig so überhaupt nicht nachhaltig auf ein Autoquartett gesetzt. Ich aber bin guten Mutes und halbwegs mit Ostschweizer Bier ausgestattet (Calanda Glatsch) im Zug durch Mittelland und Ostschweiz unterwegs. Wobei ich dann schon die Stirn runzle, als sich in Zürich zwei stark beladene Typen Mitte 30 zu mir setzen: Mehrere Päckchen Blumensamen( ja, wirklich Blumen fürs Gartenbeet und nicht etwa für eine Gras-Hausmischung), ein Alpamare-Schwimmkissen und ganz viel Bier – so ist man gewöhnlich nur zur Uttigwelle unterwegs. Erst kurz vor Gossau merke, dass es sich beim seltsamen Duo um Thunfans handelt. Sie fragen nämlich plötzlich alle im Zugsabteil aus – aber erst im dritten Versuch mich – wie und wo man eigentlich am besten zum St. Gallen-Stadion kommt. Und ob es eigentlich angebracht sei, beim Aussteigen «Hurra, Hurra, die Thuner sind da!» zu schreien. Da Letzteres natürlich nur Autofahrer Kevä darf, bleibt es in Gossau doch ruhig. Überhaupt ist hier in der Ostschweiz erst mal Meditieren angesagt. Beim Postauto, das uns zum Stadion fahren sollte, stellt der Chauffeur nämlich auf der Fahrzeug-Anzeige statt «Kyburgarena» (oder wie das Stadion auf St. Gallerisch nun mal heisst) das Reiseziel «Garage» ein – und parkiert sein Fahrzeug gleich bei Perron 1. Ob ihn der Fahrtenschreiber dazu zwingt oder ob er ganz einfach Lust auf eine Pause hat, kann ich nicht in Erfahrung bringen. Ich staune aber, wie besonnen FCSG- und FCT-Fans in der brennenden Frühlingshitze die Situation als Fussballgott gegeben hinnehmen und halt einfach zehn Minuten später in den nächsten Extrabus zum Stadion einsteigen. Wetten, dass in Zürich in den gleichen zehn Minuten Fans das Postauto in seine Einzelteile zerlegt hätten. Ungeduldig werden eigentlich nur jene Thunfans, die schon beim Stadion sind. Die Anrufe auf meinem Handy häufen sich, mal von Kevä, der heute zum Glück nicht mit seinem Unglücks-Pauli-Shirt in der Ostschweiz unterwegs ist, mal von Dave, der seinen 20 Franken-Schnäppchen-Ticketverkauf verbissener mit «Du hast nur noch fünf Minuten Zeit für dieses Topangebot»-Sprüchen anpreist als jeder Teleshoppingverkäufer. Schliesslich bin aber auch ich beim Stadion, nicht ohne zuvor aber das Vor-dem-Gästesektor-Pissoir zu nutzen. Ja, ich habe gelernt aus dem Lugano-Spiel. Was dann auch bestätigt wird durch die vollgekotzte WC-Anlage drinnen im Gästesektor. Jungs, sauft nicht immer so viel Wasser!
Und direkt zum Kotzen ist dieses Spiel ja gar nicht. Was auch daran liegt, dass heute auch einer der Thunspieler unbedingt Revanche nehmen will: Roy Gelmi. Im Fulehungspiel musste er in der 18. Minute nach der einzigen umstrittenen Szene der grossen Ehrlacher-Doku, einer angeblichen Rotbremse gegen Buess, vom Platz. Umso mehr kämpft er heute und ist neben Faivre der sichere Pol in der Thuner Abwehr. Wobei ihm natürlich auch die Thuner Spielweise zu Gute kommt. Zu einem folgenschweren Buess-Konter wie im letzten September kann es heute schon deshalb nicht kommen, weil Thun einmal mehr in diesen schwierigen Schlussspurt-Wochen ziemlich defensiv aufgestellt ist. Die St. Galler rennen Mal für Mal erfolglos gegen das Thuner Abwehrbollwerk an. Negativ fällt dabei van der Werff auf. In der 21. Minute schlägt er bei einer Kopfballaktion(!) mit dem Bein gegen hinten aus und tritt Ferreira mitten in die… sagen wir einmal Aua-Teile. Ferreira ist erst tapfer, verzieht sich dann aber doch in die Kabine. In der 28. Minute kommt der zuletzt schwache Tosetti für ihn ins Spiel. Ziemlich zeitgleich mit der nächsten van der Werff-Unverschämtheit. Bei der x-ten St. Galler-Angriffssituation lässt er sich nämlich billig fallen. Spätestens jetzt wäre die Gelbe Karte angebracht. Thun hat derweil in der ersten Halbzeit nur eine Chance: In der 37. Minute steht ausgerechnet Gelmi bei einem Tosetti-Eckball goldrichtig. Doch Lopar wehrt den Ball ab. Eine Szene, die man sich merken muss.
Nach der Pause wird St. Gallen noch stärker. Die gefährlichen Weitschüsse folgen sich nun fast im Minutentakt. Und in der 51. Minute kommt noch ein Pfostenschuss von Sigurjonsson dazu. Das kann Thun aber auch: In der 53. Minute trifft Sorgic ebenfalls den Pfosten. Der Pass kam übrigens vom Tosetti. Hat hier jemand gesagt, Tosetti habe zuletzt schwach gespielt?
Ein Formtief haben dagegen die Thunfans. Klar gibt es auch heute Dauersupport. Aber die Stimmen in der Kurve tönen ja heiserer als nach dem Fulehungspiel um 10 Uhr morgens bei Hidir. Aber das ist natürlich nur Taktik: Auch die Fans haben sich an den Spielern ein Beispiel genommen und singen aus Absicht erst defensiv und zurückhaltend, um sich im entscheidenden Moment gewaltig zu steigern und den Gegner in den Schatten zu stellen. Der entscheidende Impuls kommt in der 88. Minute vom Spielfeld: Eckball Tosetti, Schuss Gelmi – und plötzlich steht es 0:1. Ausgerechnet Gelmi bringt Thun in Führung. Und wenige Minuten später ist die Fulehungrevanche von Gelmi und allen anderen Thunern perfekt. Schiedsrichter Fähndrich pfeift ab, die Thuner feiern auf und neben dem Platz lautstark drei wichtige Punkte.
Auf der Rückreise setze mich nun mit richtigem Ostschweizer Bier ausgestattet (Schützengarten) im Zug neben einen älteren Herrn mit irgendeinem Guggen-Pin am Hemd. Was für seltsame Leute man doch immer wieder im Zug trifft. Von Sieg und Bier berauscht, komme ich jetzt etwas schneller ins Gespräch mit meinem Gegenüber – und selbstverständlich ist auch dieser Zugfahrer wieder ein Thuner und darüber hinaus Hidir-Stammgast. Als dann noch weitere Thuner wie Dave hinzustossen, fühle ich mich so richtig wie in einer redseligen Fulehungrunde. Was es da alles zu erzählen gibt, wie zum Beispiel die Geschichte von Toni und dem… Da Dave nun aber bekanntlich auch Administratorenrechte bei thunfans.ch hat, will ich mich an dieser Stelle gar nicht so sehr ins Gespräch vertiefen. Lieber gebe ich euch allen eine Lebensweisheit mit auf den Nachhauseweg, die damals am Fulehung ebenso Gültigkeit hatte wie auch heute noch:

Däpp, Däpp, Däpp, Johnny Däpp, Däpp, Johnny, Johnny Däpp, Däpp, Däpp...