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YB - Thun 3:1
18.02.2018Super League 2017/2018


Die Schweiz ist eine Wintersportnation? Nachdem ich gerade die Nacht durchgemacht habe, ohne auch nur einen Schweizer Medaillengewinn zu sehen - aber um so mehr Niederlagen (Curling, Eishockey, Langlauf ohne Gewehr, Langlauf mit Gewehr, Skifahren ohne Sprungschanze, Skifahren mit Sprungschanze und selbst exotische Sportarten) - habe ich so meine Zweifel. Wobei: Wenn 3-Stunden-Skistafette olympisch wäre, hätten wir Oberländer doch noch einen Wintersport-Trumpf in der Hand. Kernen (Stefu, nicht Bruno 1 oder Bruno 2) schwärmt mir jedenfalls vor, wie er gestern drei Stunden lang bei einem solchen Wettkampf den Jaun unsicher gemacht hat. Und prompt so erfolgreich war, dass er am grossen Gabentisch seinen Preis selber auswählen durfte: Eine Skimütze oder ein T-Shirt! Und nein, ein eiskaltes Wochenende so zu verbringen, ist sicher auch nicht sonderbarer, als bei diesen Temperaturen 2 Stunden lang (als Gästefan dank Fanrückhalt sogar eher 3) freiwillig im Wankdorf herumzustehen. Dass die Schweiz wohl keine Wintersportnation ist, belegt hier übrigens sogar die Bandenwerbung. Die wirbt für Winterferien im Zillertal. Ja gibt es denn zwischen Bern und Insbruck kein näher gelegenes Skigebiet? Nun, wohl einfach keins, dass YB-Fans als Kunden möchte.
18 000 potenzielle Österreich-Fahrer sehen zu Beginn ein ziemlich zähes Spiel. Die ersten 20 Minuten haben als Höhepunkt je einen Weitschuss der beiden Teams - und ein Rencontre zwischen Hediger und Schaf-Secku. Ja hou mau eine, Hediger!
Dann wird aber in der 23. Minute Gelb-Schwarz ein erstes Mal gefährlich, wobei das Durcheinander im Thuner Strafraum ziemlich unterstützend wirkt: Mbabu auf Assalé und der auf Hoarau. Und schon steht es 1:0. Nikolic ist unschuldig am Gegentor, was man vom hier schwach verteidigenden Lauper nicht unbedingt sagen kann. Und es kommt noch heftiger. In der 30. Minute verliert Hediger den Ball ausgerechnet an Schaf-Secku. Der lanciert umgehend Hoarau, der Ball in die weite Ecke zum 2:0 einschiesst. Eigentlich könnte nur Sekunden später Sulejmani gleich auf 3:0 erhöhen, doch haben wir mit Nikolic jetzt endlich wieder einen starken Goalie. Da ebenfalls nur kurz später Facchinetti eine Topchance ebenso verwerten kann, geht YB mit einem Zwei-Tore-Vorsprung in die Pause.
Gelegenheit für die Frauen, sich am Verpflegungsstand etwas Warmes zu holen. Natürlich ohne dabei die Handschuhe auszuziehen. Besonders chic ist dabei Saskia unterwegs: Rote Wollhandschuhe zeigen halt noch die Verbundenheit zum Verein - und sollten unbedingt Pflichtstoff bei uns in der Kurve werden. Die Männer dagegen müssen erst mal die Hausarbeit machen und die Choreotücher fein säuberlich zusammenlegen. Ja, das ist Männerarbeit! Auch wenn wir bei Uttiger feststellen, dass er noch wenig Erfahrung mit Hausarbeit hat. Aber auch er wird mal heiraten und in der Hochzeitsnacht lernen, wie man einen Bettüberzug zusammenfaltet.
Erwartungen haben wir auch an Hediger. Der soll endlich mal seine Kickbewegungen ins Spiel bringen. Es kann ja nicht sein, dass die YB-Spieler immer so einfach durchs Mittelfeld kommen. In der 68. Minute ist es endlich soweit. Aber anders, als von uns gedacht. Als ihm Spielmann (kurz nach Wiederanpfiff hätte er das 2:1 schiessen MÜSSEN) den Ball zuspielt, kickt Hediger ungelenkig Richtung Ball und versenkt ihn tatsächlich an Wölfli vorbei im Tor. Damit steht es doch noch 2:1 und Thun kann wieder hoffen. Jedenfalls ein paar Sekunden lang. Dann stellen Sulejmani und Hoarau nach dem Anspiel mit einem schnellen Angriff den Zwei-Tore-Vorsprung wieder her.
20 Minuten sind noch zu spielen. Und die spielen sich auf unterirdischem Niveau ab. Thun kann nichts mehr Positives zeigen, YB will nicht. Und das Schiritrio irgendwie auch nicht. Fast jeder Pfiff ist jetzt ein Fehler. Und als zweimal der Ball deutlich im Seitenaus der Linie entlang fliegt, zuckt der Fähndlima nicht einmal. Hediger besinnt sich derweil auf seine alten Stärken und holt sich kurz vor Abpfiff mit einem Foul gegen Sow doch noch die Gelbe Karte an.
Dann ist Schluss. Und meine Frage ist beantwortet. Die Schweiz ist eine Wintersportnation. Denn hier im Stadion habe ich noch untalentiertere Sportler bei der Arbeit beobachten dürfen als in der letzten Olympianacht. Kernen Steffu mit seinen Freudensprüngen einmal ausgenommen. Diese Erkenntnis will gefeiert sein. Und so verlange ich am Verpflegungsstand einen Glacestengel. Da muss die Verkäuferin doch tatsächlich erst einen neuen Glacekarton öffnen, weil ich der erste Glacekunde des Tages bin. Sie haben es wirklich nicht mit dem Eis, die Schweizer. En Guete!