Thunfans » Spielberichte » Super League 2017/2018 » FCZ - Thun
FCZ - Thun 2:4
04.02.2018Super League 2017/2018


Die Stadt Zürich ist im Wahlkampf. Am 4. März wählt die Limmatstadt eine neue Regierung und ein neues Parlament. Wir als Aussenbetrachter haben natürlich längst unsere Wahlkampflieblinge bestimmt. Nein, nicht etwa die Stadtwölfe der AL. Sondern die Leuteneggers und Baumers der FDP. Deren Slogan lautet schliesslich «Meh blau für Züri». Das entspricht heute absolut unserer Lebenseinstellung, ob wir nun per Car, Zug oder – psssssst – Auto nach Zürich unterwegs sind. Und es wird ja auch gemunkelt, dass sich Mattäng nach seinem Umzug nach Zürich den Blauen angeschlossen haben soll. Wir von thunfans.ch wollen hier keine Kumpels enttarnen. Aber ja, auch wir sind davon überzeugt, dass Mattäng perfekt in eine «Meh blau für Züri»-Bewegung passen würde.
Auch wenn heute 4. Februar und nicht 4. März ist, ist der Wahlkampf rund ums Stadion schon spürbar. Ein Indiz ist die starke (Zivil)Polizeipräsenz. Nicht jeder lässt sich durch die FCZ-Verkleidung täuschen. Ein anderes ist die strengere Eingangskontrolle. So werde ich gebeten, meine Jacke zu öffnen. Und damit nicht genug: «Chönnt Sie die zwäit Jagge au öffne!» Zweite Jacke, was? Also bei uns in Thun ist nicht der Wohlstand und auch keine Hippster-Kultur ausgebrochen. Aber er meint wohl meinen Rollkragenpullover mit Reissverschluss. Ja, so reisse ich halt meinen Pullover entzwei. Was bin ich froh, hat mein Unterhemd keine Knöpfe. Es ist mein Will & Grace-Moment dieses eiskalten Stadtzürcher Nachmittags.
Kevä ist dagegen schon wieder ganz politisch unterwegs. «Hüt nimme i nüt i däm Stadion!» Er ärgert sich, dass das Bier neu 6 Franken kostet im Letzigrund. Und die Bratwurst sogar 8. Ich prophezeie ihm ja, dass er seinen Boykott höchstens fünf Minuten durchhält. Wobei ich an die 5. Spielminute denke. Ich irre. Schon fünf Minuten nach Stadionbetreten kommt er mit einem Becher in der Hand entgegen. Der Rumpuntsch kostet unverändert 6 Franken. Grund genug, den Buvetten-Boykott abzublasen. Und mindestens so viele Runden Rumpuntsch holen zu gehen wie es heute Tore gibt.
Und sie sind zahlreich heute, die Tore. 0:1 habe ich getippt vor dem Spiel. Vor allem aus purem Selbstschutz, weil ich keine psychisch und physisch nicht fit genug bin, um ein weiteres Torfestival wie im Cup-Viertelfinale zu leben. Aber auch heute gilt mal wieder «Meh Gou für Züri». Wobei mal wieder Thun das Schützenfest eröffnet. In der achten Minute versucht Spielmann als erster Thuner sein Glück. Sein Schuss wird zwar von Thelander abgeblockt, doch kann Thun dennoch jubeln. Denn der Ball fliegt direkt zu Sorgic, der zum 0:1 einköpfelt. In der 11. Minute ist es dann Bangura, der vor dem FCZ-Strafraum mit einem Riesenpatzer das 0:2 einleitet. Dieses Mal scheitert Sorgic zwar an FCZ-Goalie Vanins, doch landet der Abpraller in den Füssen von Costanzo, der zum 0:2 einschiesst. Ja, mit diesem frühen Zwei-Tore-Vorsprung können wir gut leben. Ob Canepa zu diesem Zeitpunkt schon das Stadion verlässt? Vielleicht ja nur, um wie wir eine weitere Runde Rumpuntsch zu holen.
Doch wie jeder Münsinger weiss: Hier steht auch Michi Frey auf dem Platz. Und der schiesst auch heute wieder pflichtbewusst seine Tore. Erst in der 14., dann auch wieder in der 42. Minute. Und doch wird er nach diesem Match wieder einen Pflichttermin als Entenfütterer haben. Denn gleiche beide Tore werden von Schiedsrichter Schnyder wegen Offside aberkannt. Zwei korrekte Entscheide. Ebenso korrekt ist die Gelbe Karte gegen Rodriguez. Eine peinlichere Schwalbe gabs auf Schweizer Fussballrasen schon lange nicht mehr zu sehen.
Thun rettet das 0:2 in die Pause. Und es kommt noch besser: In der 51. Minute patzert Pa Modou, so dass Tossetti unbedrängt zu einer seiner tollen Flanken ansetzen kann. Der Ball fliegt zu Spielmann, der eiskalt zum 0:3 einschiesst. Thun hat jetzt eine noch bessere Ausgangslage als in jenem Cupspiel vom November. Und zudem einen Goalie, der vielleicht nicht stärker ist, als Ruberto, aber dessen Schwachpunkte niemand kennt. Jedenfalls nicht bis zur 70. Minute. Denn kaum wechselt der FCZ Marchesano und Odey an, wird das Spiel wieder eine ganz enge Angelegenheit. Erst schiesst Winter nach einen starken Vorarbeit von Marchesano und Frey das 1:3. Und dann bezwingt wenige Minuten später Odey Thun-Goalie Nikolic. Ein Cupspiel-Déjà-vu, wäre doch zumindest der zweite Treffer haltbar gewesen.
Aber ansonsten gibt es heute keine Parallelen zu jenem verhängnisvollen 29. November 2017. In der 84. Minute ist dann nämlich wieder Thun besorgt für «Meh Gou für Züri». Wobei ich die Schilderung des gewinnbringenden Spielzugs gerne dem Liveticker-Schreiberling von sportal.ch überlasse: «Ein Konter wie aus dem Bilderbuch: Matteo Tossetti treibt den Ball auf der rechten Seite in den Angriff, verlagert dann das Spiel mit einem hohen Ball auf links. Dort ist Chris Kablan mitgelaufen, der direkt mit dem Kopf in die Tiefe auf Moreno COSTANZO legt, der den Ball wunderschön über den herauseilenden Vanins chipt. Das wars wohl!»
Damit steht es 2:4! Und nun kann selbst Michi Frey nicht mehr reagieren. Thun kämpft sich erfolgreich durch die restlichen Spielminuten – ein grosses Bravo insbesondere an Sorgic – und holt sich den Sieg. So gerecht kann Fussball selbst in Fussball sein. Und so ist es uns eigentlich egal, ob am 4. März in Zürich die Stadtwölfe oder die Blauen gewinnen werden. Denn heute, am 4. Februar, haben wir Blauen aus Thun gesiegt. Und das ist doch viel wichtiger. Hol noch mal eine Runde Rumpuntsch, Kevä!