Thunfans » Spielberichte » Schweizer Cup 2017/2018 » FCZ - Thun
FCZ - Thun 4:3
29.11.2017Schweizer Cup 2017/2018


Cupviertelfinale. 4600 Zuschauer heute im Letzi. Da fragen wir Thuner uns noch mehr, warum sich die FCZ- und GC-Fans seit Monaten durch die Stadt jagen. Wollen sie sich gegenseitig in Stadion prügeln? Passierte der Turnhallen-Überfall nur deshalb, weil es eine Provokation ist, in einer Cupwoche am Montagabend Fussballzuspielen? Da hat man gefälligst am Mittwochabend bzw. am Donnerstagabend im Stadion zu sein. Umso überraschender heute Abend das Sicherheitskonzept: Im Eingangsbereich der Gästekurve wird nur abgetastet, wer Züritütsch spricht. Und nein, das Gerücht ist falsch, dass es sich dabei um Mattäng. Man wird ja mal einen GC-Fan an ein Spiel mitnehmen dürfen. Derweil scheint in der Südkurve nur abgetastet zu werden, wer Berndeutsch spricht. Anders ist nicht zu erklären, dass es schon beim Einlaufen der Spieler lichterloh brennt im Stadion. Wobei das auch der Beweis ist, dass Fussballfans doch clever sind. Niemand, der bei klarem Verstand ist, würde heute zum Pyro zünden ein Tor abwarten. Dieses Spiel hier ist prädestiniert für ein 0:0.
Umso erstaunter sind wir, als noch vor der ersten Pyrofackel drüben in der Südkurve hier im Thunblock Arme Linde und Zorro den Match stimmungsmässig eröffnen und zum «Hopp Thun, Hopp Thun!»-Dauersupport ansetzen. Hey Alter, wir werden unser Team hier noch 120 Spielminuten lang unterstützen müssen. Mindestens.
Was aber nicht der Plan der Thunspieler ist. Die streben eine schnelle Heimreise an. Früh machen sie Druck. Und als ich mich in der 8. Minute wieder für ein Gespräch abdrehe (Diskussionsthema: Wo sind unsere Zugfahrer?), weil Rapp gerade eine Flanke verfehlt hat, wird plötzlich laut gejubelt. Kablan ist doch noch an den Ball gekommen und hat ihn weiter zu Sorgic gebracht. Und der hat ihn dann – wie ich auf dem Stadionbildschirm sehen – irgendwie am FCZ-Goalie vorbei ins Tor gespitzelt. Als Thunfan sieht man auf den ersten Blick: der Treffer wäre haltbar gewesen.
Dann tauchen auch noch unsere Zugfahrer auf. Diese waren zwar pünktlich in Zürich. Aber clever wie Fussballfans sind, wissen sie natürlich, dass Zürich eine sehr teure Stadt ist, weshalb sie erst noch einen Abstecher zu einem Bankomaten gemacht haben. Und festgestellt haben, dass man mit Kärtli von seriösen Thuner Grossbanken in Zürich gar kein Geld erhält. Und das soll eine Bankenstadt sein? Mit einer Geld- und Punschspende helfen wir den armen Zugereisten auf die Beine.
Und dann ist Thun bereits wieder im Glück: Rapp setzt in der 24. Minute weit vor dem Tor zum Sololauf an – aus einer Position heraus, die in anderen (Hockey-) Ligen wohl einen Videobeweis auslösen würde. Hier dagegen wird auf dem Stadionbildschirm nur gezeigt, wie Rapp mit einem herrlichen Schuss das 0:2 erzielt.
Arme Linde und Zorro leisten weiter «Hopp Thun, Hopp Thun!»-Dauersupport. Der Capo singt mal wieder «täck, täck, täck, täck». Gut gemeint, aber mit verheerenden Folgen. Denn Michi Frey – in der ersten Halbzeit der einzige Münsinger und wohl auch der einzige Zürcher, der im Stadion alles gibt – hört diesen Refrain gewiss auch und muss überzeugt sein, dass sich die Thuner mit diesem «qüäck, qüäck, qüäck, qüäck» über seine Leidenschaft Entenfüttern lustig machen. Dabei ist er doch nur übertrieben tierlieb. Und nimmt Spiele gegen Thun übertrieben ernst.
Dann ist Pause in Zürich. Zeit für Punsch. Von Kevä lerne ich das Grosse Punsch-Ein-Mal-Eins: Er bestellt 3 Rumpunsch, ich erhöhe auf 4, wir erhalten dann erst 2 und schliesslich 6. Zum Preis von 4. Black Wednesday in Zürich. Und sicher auch eine Lehrstunde für zwei junge pressierte Oberländer (hey, ihr seid doch Oberländer!), die darauf beharren, ihre beiden Punschbecher zu erhalten, bevor unsere Bestellung abgeschlossen ist. Also gibt ihnen die Bedienung halt zwei der Becher, worauf die Jungs von dannen ziehen – um wenig später zurückzukehren mit der Beschwerde, dass dieser «OrangenPunsch» ja Alkohol drin hat. Di hütigi Jugend!
Keine Ahnung, wie die beiden die zweite Halbzeit ohne Alkohol überstanden habe. Ich jedenfalls schaffe es selbst mit der doppelten Portion – und einer zusätzlichen Runde – kaum. In der ersten Halbzeit haben höchstens Statistiker festgestellt, dass mit Frey, Koné und Dwamena heute Abend drei FCZ-Stürmer auf dem Platz stehen. In der zweiten Halbzeit entdecken nun auch wir anderen dieses Detail. Zum ersten Mal in der 51. Minute, als Koné einen Zweikampf gegen Gelmi gewinnt und dann eiskalt zum 1:2 einschiesst. So jedenfalls die liebevolle thunfans.ch-Schilderung dieser Situation. Der Sportal-Liveticker sieht das Ganze etwas anders: «Aus spitzem Winkel profitiert der Cup-Spezialist von einem Aussetzer Ruberto, der viel zu stark auf die Flanke spekuliert und so die nahe Ecke öffnet.»
Jetzt ist für uns Winter in Zürich. Und Winter steht seit Wiederanpfiff auch auf dem Platz. In der 55. Minute knallt er den Ball in die Latte. Wenig später vergibt Dwamena eine 100-Prozent-Chance, setzt den Ball aber knapp übers Tor. Der Ausgleich scheint nun nur noch eine Frage einiger Minuten zu sein.
Doch Arme Linde und Zorro leisten weiter «Hopp Thun, Hopp Thun!»-Dauersupport. Und die Spieler zeigen Kämpferherz. In der 77. Minute lanciert Lauper den eingewechselten Dzonlagic. Der scheitert zwar an FCZ-Goalie Brecher, doch landet der Abpraller bei Rapp. Und der schiesst zum 1:3 ein. Vielleicht entgegen dem Spielverlauf. Aber sicher zu unserer Freude. Haben wir vorher ironisch vom Cupfinal gesungen, beginnen wir nun ernsthaft an eine erfolgreiche Cupsaison zu glauben. Doch eben: «täck, täck, täck, täck» bzw. «qüäck, qüäck, qüäck, qüäck», da steht noch Michi Frey auf dem Platz. In der 83. Minute tritt Rodriguez einen Freistoss. Die Flanke kommt zu Michi Frey, der eiskalt zum 2:3 einschiesst. So jedenfalls die liebevolle thunfans.ch-Schilderung dieser Situation. Der Sportal-Liveticker sieht das Ganze etwas anders: «Frey nickt eine Freistossflanke von Rodriguez in die Maschen. Ruberto steht dabei irgendwo im Niemandsland und verdient sich erneut keine gute Noten.» Und Minuten später heisst es im Liveticker: «Ruberto will das Anspiel verzögern und gibt den Ball nicht heraus, mimt anschliessend noch den sterbenden Schwan. Es sind nicht die Minuten des Thun Keepers.» Hier legt thunfans.ch das Veto ein: Das ist Rubertos beste Aktion in diesem Spiel. Michi Frey hat sicher Angst vor Schwänen. Zu Beginn der Nachspielzeit ist Michi Frey jedenfalls kurz unkonzentriert. Leider auch die Thuner Abwehr. Bei einer Flanke von Koné stimmt die Zuteilung in der Abwehr überhaupt nicht, weshalb Thelander am Pfosten(!) zum 3:3 einschiessen kann.
Arme Linde und Zorro leisten weiter «Hopp Thun, Hopp Thun!»-Dauersupport. Auch wenn es jetzt doch noch zur Verlängerung kommt. Denn die FCZ-Spieler jubeln erst mal ausgelassen und ausgedehnt vor der Südkurve. Weshalb sich viele der Thunfans über dieses Zeitspiel ärgern, verstehe ich nicht. Wir müssen in dieser Nachspielzeit für jede Sekunde dankbar sein, in welcher der Ball nicht im Spiel ist. Das denken sich wohl selbst die FCZ-Spieler, die durchaus Lust auf eine Verlängerung haben. Doch da ist eben Michi Frey, der heute Abend nicht mehr an den Zürichsee zum Entenfüttern will, sondern vielleicht lieber zum Schlummertrunk ins Klösterli Pub Münsingen. Und so reagiert er blitzschnell, als in der 94. Minute ein Thuner den Ball per Kopfball wegzubringen versucht. Frey schnappt sich den Ball und schiesst ihn flach in die weite Ecke. In Rubertos Ecke. 4:3.
Dann ist Schluss. Auch mit dem Dauersupport. Nicht ganz klar ist, weshalb einige Thunfans die eigenen Spieler nun beschimpfen. 3:4 darf man in einem Cupmatch verlieren. Hässig bin ich immer noch, dass man hier im März 2014 0:0 verloren hat.
Cupviertelfinale. 4500 von 4600 Zuschauern verlassen heute das Letzi glücklich. Und einer klebt einen «Block Süd»-Kleber neben die grosse Stadionschrift (für Nicht-Zürcher: die hängt einiges weniger hoch als in Thun). Man sagt, der Thunfan habe gebrochenes Züritüütsch gesprochen. Ein durch die Niederlage gebrochener Fan.