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GC - Thun 1:1
19.11.2016Super League 2016/2017


Take me down
To the paradise city
Where the grass is green
And the girls are pretty
Oh, won t you please take me home

Wir warden heute im Letzigrund mit lautem Hardrock verschreckt. Warum kann hier nicht Schlager von Helene Fischer oder Gölä laufen wie in jedem anderen halbleeren NLA-Stadion? Stattdessen brüllt uns sieben Minuten lang Axl Rose von Guns N Roses an. Vielleicht hat Latour ja genau Schreckmomente wie diesen gemeint, als er heute Morgen im «Bund» lästerte, dass Thuner (Spieler, Fans und normale Bürger) nicht ihr ganzes Leben in Thun verschlafen sollten. Latour wünscht sich, dass mehr Leute ihr gemachtes Nest verlassen und in der Fremde fürs Leben lernen, «dafür müssen sie nicht gleich nach Amerika, Zürich reicht. Da erlebt er, was Ellbögeln heisst. Aber es tut gut, diese Erfahrung zu machen». Nun gut, dann singen bzw. kreischen wir halt mit Axl mit. Und sind froh, dass wir im Letzigrund wenigstens jenen noch schlimmeren Hardcore-Refrain schon seit Jahren nicht mehr gehört haben: «Aber es nützt ne nüt, aber es nützt ne nüt.» Am 29. September 2013 hat der GC-DJ zum letzten Mal den «Nume GC»-Hardrock von Nöggi eingespielt – seitdem hat Thun in fünf Auswärtsspielen bei GC elf Punkte geholt und dabei nie verloren. So von wegen der Zürcher bringt dem Thuner das Ellbögeln bei. Und das darf heute ruhig so bleiben.
Doch die erneute Punkteausbeute bei GC wird dadurch erschwert, dass Faivre wegen einer Zerrung des Aussenbands im Knie heute nicht dabei ist. Stattdessen steht Ruberto im Tor. Und der hat wohl nicht nur wegen seinem zuletzt verpatzten Auftritt gegen Kriens ordentliches Nervenflattern. Gleich bei zwei Szenen in den ersten 30 Minuten sieht der 23-Jährige ziemlich alt aus. In der 10. Minute geht er in einer Strafraumszene gegen Munsy ziemlich zur Sache. Klar wäre sein Eingreifen nach normalem Standard nicht penaltywürdig. Doch hier pfeift eben nun mal Jaccottet. Und wir wundern uns schon, dass er mal keinen Anti-Thun-Pfiff abgibt. Weniger Glück hat Ruberto dagegen in der 26. Minute. Als Kallström mit einer Flanke die Thuner Verteidigung ausspielt, rächt es sich, dass kein Thuner Caio im Auge behalten hat. Es kommt zum 1:1 von Caio gegen Ruberto, wobei der GC-Stürmer auf die Goalieecke zielt. Ein haltbarer Schuss. Doch Ruberto greift daneben. Aus dem 1:1 wird ein 1:0.
Doch auch Thun hat Chancen. Rapp köpfelt den Ball an den Pfosten. Und als Vasic einen katastrophalen Fehlpass spielt, hat Fassnacht gefühlt alle Zeit der Welt, um den Ball zum 1:1 einschiessen. Wobei er dann schon beim ersten, zweiten oder dritten Schritt endlich schiessen sollte. Doch er zögert so lange, bis ihm Pnishi den Ball wegschnappt.
GC führt zur Pause 1:0. Und wir wundern uns so über vieles. Zum Beispiel, weshalb oben im Gästesektor eine Hürlimann-Bierzapfanlage steht. Wenn sie denn nur funktionieren würde. Zapfhahn geht nicht, Wasserhahn geht nicht, Prix-Garantie-Seife funktioniert! Ist das ein Fingerzeig, dass wir uns die bösen Wörter, die wir an Fussballspielen zu rufen pflegen, aus dem Mund waschen sollen? Wir holen uns dann doch lieber am regulären Verpflegungsstand einen Punsch, die ganz durstigen unter uns gleich einen ganzen Karton für den Eigengebrauch.
Fluchen tun wir ja normalerweise, wenn Thun pro Spiel zehn Eckballchancen kläglich vergibt. Nur die ganz Alten unter uns können sich an jene Zeiten erinnern, als Thun pro Saison mehr als zwei-, dreimal per Eckball traf. Es muss in den 1980er-Jahren gewesen sein. So setzen wir schon zum nächsten Fluch an, als in der 57. Minute Tossetti den Ball bei der Eckballfahne setzt. Er bringt seine Flanke vors Tor, wo Fassnacht am Schnellsten reagiert – und doch tatsächlich per Innenrist den Ball über die Linie schiesst. Unser Jubel ist gross, denn solche Standardglücksmomente sind bei Thun wirklich selten.
Thun ist nun dem x-ten Punktgewinn bei GC ganz nah. Doch beide Teams wollen noch gewinnen. Zwischen der 70. und 80. Minute hat Thun die ganz grossen Chancen. Zwischen der 80. und 90. Minute macht dann GC ganz viel Druck. Doch da hat sich Ruberto längst seine Anfangsschwierigkeiten überwunden und hält nun so souverän, dass er sich als Matchwinner bzw. Punktewinner entpuppt. In der Nachspielzeit stellt GC dann jedenfalls die Angriffsbemühungen ein und spielt lieber noch mit einem Wechsel auf Zeit.

Take me down
To the paradise city
Where the grass is green
And the girls are pretty
Take me home

Vor dem Stadion spielen sich chaotische Szenen ab. Tränengas, Polizeisirenen und viele aufgeregte Fans. FCZ-Fans greifen GC-Zuschauer an. Ob Latour wirklich will, dass sich mehr Thuner auf diese Zürcher Art verhalten? Latour vermisst in Thun «oft Spontaneität, Kreativität, die Lust auf Neues, Bereitschaft, Grenzen zu verschieben». Vielleicht hat die Thuner Bodenständigkeit ja doch ihre guten Seiten. Gute Heimreise!