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GC - Thun 1:2 |
01.11.2015 | Super League 2015/2016 |
Die Thunfans werden langsam alt. Da warte ich heute Nachmittag in Bern auf dem falschen Perron auf meine 60-köpfige Begleitung und bemerke den Fehler erst kurz vor Zugsabfahrt. Kein Vergleich zu früher, als die Thuner so laut unterwegs waren, dass einer jeder im Bahnhof sie sofort orten konnte. Kein Herumgebrülle oder kein Herumgemaxe, keine Trommlereinlagen und schon gar kein Rauch. Also greife ich zum Telefon und versuche per Anruf herauszufinden, auf welchem Perron sich meine Begleiter herumtreiben. Doch alle drei Fans, die ich anvisiere, nehmen ihr Handy nicht ab. Gut möglich, dass sie schwerhörig geworden sind. Klar ist aber auch, dass sie wichtigeres zu tun haben, als nach herrenlosen Fans zu fahnden. Alle drei haben sie jetzt topseriöse Ämtli, selbst Kevä ist ganz in seine Rolle als fleissiger Helfer des Littering Teams versunken. Dass ich die Burschen dann doch noch finde, liegt am vielsagenden Anzeigetafel-Vermerk auf dem Nachbarperron: «Gruppenreservation Sektor C».
Auf der Fahrt Richtung Zürich wachen die Fans dann doch langsam auf und nehmen auch die Trommel hervor. Aber für was für Lieder! Zum Beispiel «I'm Gonna Be (500 Miles)» von den «Proclaimers». Okay, immerhin hat dieses Lied noch einen Fussballbezug. Jedes Mal wenn die Schottische Fussballnationalmannschaft punktet, wird es abgespielt und von den Fans mitgesungen. Was ist dann aber die Fussball-Ausrede für das Singen und Trommeln von «Take me home, Country Roads» von John Denver? Dass wir gerade durch den Kanton Aargau fahren und der FCA mangels Budget für neue CDs diesen Song immer noch als Pausenmusik spielt – in der extranervigen Version der Hermes House Band? Wahrscheinlich würde unsere angegraute musikalische Truppe sogar noch den Ku-Ku-Jodel performen, doch halten sie sich dann aus konditionellen Gründen etwas zurück, als sich das Gerücht bestätigt, dass es in Zürich noch einen Fanmarsch geben wird.
Auf dem Fanmarsch Richtung Letzigrund machen sich dann bei einigen von uns tatsächlich wieder einmal Konditionsschwierigkeiten bemerkbar. Allerdings andere als in der Hitze von Lugano. Drei Thuner brauchen dringend Hilfe von Kevä und mir – wir müssen aushelfen beim Austrinken einer Flasche Vodka Likör Orange Trojka. Der zusätzliche Ballast verlangsamt natürlich nicht nur unser Lauftempo, wir sind dann auch erst sehr knapp im Stadion bzw. in meinem Fall sogar knapp zu spät.
Ich spiele damit natürlich auf Risiko, sind doch die Spiele zwischen GC und Thun immer sehr torreich. Doch in der 5. Minute steht es eher überraschend immer noch 0:0. Auf ein Tor warten wir in dieser ersten Halbzeit vergebens. Was wir bedauern, hat doch Thun die besseren Chancen als GC. Mit einem energischen Pressing kämpfen sich die Thuner durch die GC-Platzhälfte. Selbstbewusst wird aufs Tor geschossen. Alleine der 25-Meter-Freistossknaller von Sandro Wieser an die Latte ist eine Augenweide. Und dann erst der flotte Auftritt von Ridge Munsy, der heute von Anfang an im Thundress herumwirbelt. Thun spielt übrigens in violett. Dennoch singen wir minutenlang «Come on your reds». Obwohl der einzige Rotgekleidete auf dem Platz Schiri Jaccottet ist. Oder soll er etwa motiviert werden, endlich Karten gegen die GC-Spieler zu verteilen? Die spielen nämlich eher hart als überlegt. Dennoch gelingt ihnen in der 45. Minute um ein Pnishi-Haar der Führungstreffer. Auch Källström kann nämlich gefährliche Freistösse schiessen. Sein Freistoss landet im Strafraum, wo Pnishi zum 1:0 einköpfeln will. Doch der Ball fliegt knapp am Tor vorbei.
In der Pause ist eine Stärkung fällig. Natürlich ist es ein Top-Service, dass für uns während des Spiels in der Gästekurve Punch aus einem Kessel geschöpft wird. Das macht definitiv mehr Sinn als das nervige «Mandelbrot, Mandelbrot»-Gebrülle bei FCZ-Heimspielen. Doch Kevä und ich wissen natürlich, dass man für einen Punch mit richtig viel Schuss schon an den Verpflegungsstand muss. Wir haben da unsere Kontakte dank dem Besuch unzähliger Openairs in der Schweizer Provinz sowie dank gefühlt noch mehr erlittener Niederlagen in der Metropole Zürich.
Und in der 63. Minute scheint es wieder so weit zu sein. Bei einer Flanke von Caio passt die Thuner Abwehr zu wenig auf. Einerseits reagieren unsere Jungs zu langsam, andererseits vergessen sie, Brahimi zu decken. Völlig frei kann der zum 1:0 einschiessen. Wie man da eine Diskussion starten kann, dass sei ein Faivre-Fehler gewesen, ist mir ja ein Rätsel. Wie soll Thun da bloss reagieren? Hm, wie wäre es mit einem Munsy-Hindernislauf? Nur zwei Minuten nach dem 1:0 setzt er wieder einmal zu einem Solo an. Kam er in Lugano noch über links, versucht er es in Zürich über rechts. Und wie. Ein Angriff, ein Schuss, ein Tor! In der 66. Minute steht es bereits wieder Unentschieden. Und Thun hat noch mehr Torhunger. In der 79. Minute schlägt Zarate eine gefährlich Flanke in den GC-Strafraum, wo erneut Munsy zum Torschuss ansetzt. Doch er verpasst den Ball. Wir verwerfen schon die Hände, als Schirinzi einen eigenen Versuch wagt. Der Ball fliegt Richtung Torlinie. Aber auch darüber hinweg? Aus gefühlten 500 Meter-Entfernung aus unserem Sektor heraus lässt sich die Frage nicht wirklich klären. Doch als sich die Thuner Spieler jubelnd in den Armen liegen, ist klar: Thun führt 1:2. Und nun liegen auch wir uns in den Armen.
Eine Viertelstunde lang müssen wir noch um unsere Punkte zittern. Oder besser gesagt nur 13 Minuten lang. Denn Jaccottet lässt nur gerade zwei Minuten nachspielen, da er wohl noch eine Einladung an eine Halloweenparty hat. Ob er gleich in seinem roten Schirikostüm gehen wird? Auch in den Schlussminuten passiert aber nicht mehr viel anderes, als dass sich die GC-Spieler auch bei ihrem achten Eckball des heutigen Abends ziemlich unbeholfen anstellen. Und so lässt GC tatsächlich als erst viertes NLA-Team in dieser Saison Punkte gegen Thun liegen – und zwar gleich alle drei. Grund genug, erneut ein «Auf geht’s Thuner, kämpfen und siegen!» anzustimmen. Oder von mir aus auch ein paar Zeilen aus dem Proclaimers-Song:
«If I get drunk, well I know I'm gonna be
I'm gonna be the man who gets drunk next to you
And if I haver, hey I know I'm gonna be
I'm gonna be the man who's havering to you
But I would walk 500 miles
And I would walk 500 more
Just to be the man who walks a thousand miles
To fall down at your door…»
P.S. Bei der Rückkehr in Thun wird dann doch noch ganz viel Stimmung gemacht am Bahnhof, so dass ganz Thun die Thuner Gruppe orten kann. Die Thuner sind also doch noch nicht so alt, wie anfangs gedacht, sie benötigen einfach mittlerweile etwas mehr Zeit, um warmzulaufen. |
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