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Thun - Vaduz 4:0
02.05.2015Super League 2014/2015


Après-Fussball-Party bzw. Après-Ski-Party heute im Kreuz. Der kauzige Österreicher ab Band singt etwas von Tiefschnee. Na toll, eigentlich wollte ich dieses Wochenende in den Strämu. Doch dass ich auf dem Weg ins Kreuz Allmendingen ziemlich heftig durchnässt worden bin (danke übrigens fürs Kompliment «heute hast du mal eine anständige Frisur») lässt darauf deuten, dass die Schwimmpläne ins Wasser bzw. in den Tiefschnee fallen. Wenn die Hütte hier aber trotzdem voll ist, hängt das weder mit dem Scheisswetter, noch mit dem Sch…neesound zusammen. «Es ist ein Naturgesetz: Je besser Thun gespielt hat, umso voller ist es dann im Kreuz», lasse ich mich aufklären. Wobei der Kollege sofort die Bemerkung hinzufügt, dass letztes Wochenende nach dem Sion-Spiel das Gedränge noch weitaus grösser gewesen sei. «Es spielt natürlich schon eine Rolle, ob Thun überraschend gewonnen hat oder bloss gegen einen schwächeren Gegner», analysiert Fussball- und Beizenexperte Phippu.

An einem Sieg gegen Vaduz zweifelt vier Stunden zuvor in der Arena ehrlich gesagt niemand. Zu gut sehen die Alltime Records gegen Vaduz aus. Bei keiner der fünf Begegnungen der Vereinsgeschichte konnte Vaduz bisher gewinnen. Und wie Fussballkennerwissen, ist Vaduz selbst in der Saison 1991/1992 in den Aufstiegsspielen von der 2. in die 1. Liga in Thun gescheitert – vor 1000 Zuschauern gegen den FC Dürrenast. 1:0 gewann damals Dürrechnebu. Ein Resultat, mit dem wir angesichts der Nullnummer gegen GC auch gut leben könnten.
Doch dann powert Thun los – will heissen – dann powert Ferreira los. Was Super-Nello in der ersten Halbzeit für Flanken schlägt, ist schier unglaublich: In der 6. Minute tritt Ferreira einen Foul-Freistoss Richtung Sadik, der zum 1:0 einschiesst. Aus Freude küsst unser Finne gleich den Rasen. In der 22. Minute tritt Ferreira einen Hands-Freistoss zu Sadik, der ein Duell gegen Stahel gewinnt und den Ball zu Reimann passen kann. Dieser schiesst zum 2:0 ein. In der 36. Minute tritt Ferreira einen Foul-Freistoss, dessen Flanke ein erneutes Duell zwischen Stahel und Sadik entfacht. Erneut ist Sadik der Gewinner, wobei dieses Mal Sulmoni der (noch lauter) lachende Dritte ist. Er schiesst zum 3:0 ein. Worauf der sportal.ch-Liveticker-Schreiberling sympathische Euphorie zeigt: «Nelson Ferreira kann bisher in dieser Halbzeit vier Freistösse schlagen und vier davon führen zu Toren!»
Ja, bei so vielen Toren kann man sich schon mal verzählen. Wir zählen derweil die angereisten Vaduzfans. Es sind genau neun Personen – in der zweiten Halbzeit werden sich zwei weitere Fans dazu gesellen. Die Zahl an sich ist weniger eine Enttäuschung, wir Thuner waren ja beispielsweise auch schon mal nur zu viert in St.Gallen. Und dass der harte Kern der Vaduzer zum Spielboykott aufgerufen hat, spricht sich im Laufe des Spiels auch bei uns herum. Was uns dagegen wirklich überrascht: Da wird das eigene Team auf dem Platz förmlich abgeschlachtet und die neun Vaduzer sitzen alle regungslos auf ihren Plätzen. Also entweder haben diese Fans sehr viel Schnaps intus oder sie sind aus irgendwelchen Gründen so abgehärtet, dass sie nicht mal mitten im Abstiegskampf Emotionen zeigen.
Ob 4:0 oder 3:0, uns jedenfalls bereitet der Thuner Spassfussball grosse Freude. Ferreira und Sadik spielen phänomenal und Munsy tankt sich auch immer wieder gekonnt durch das Mittelfeld hindurch. Doch auch Sulmoni meldet Interesse am «Spieler des Tages »-Gütesiegel an. Als die Thuner in der 45. Minute weniger von den Vaduzern, sondern durch Schiri Hänni gereizt werden, weil dieser Vaduz-Fouls vorübergehend nicht mehr als freistosswürdig einstuft, wollen sie unter Beweis stellen, dass sie auch aus dem Spiel heraus Tore schiessen können. Als wären die Grätschen der Vaduzer bloss optische Täuschungen halten die Thuner den Ball in ihren Reihen und spielen regelrecht Powerplay (und das wesentlich besser als die Schweizer Hockeynati gegen Österreich). Zum x-ten Mal sprintet Sadik in den Strafraum, gewinnt das Duell gegen von Niederhäusern und passt den Ball dann zu Sulmoni, der sogleich zum 4:0 verwertet. Fantastisch. Da wollen wir auch nicht bemängeln, dass auf dieses 4:0 in der zweiten Halbzeit keine weiteren Toren folgen.

Und weil die Partie nun mal so eindeutig war, analysieren wir im Kreuz weniger die 90-minütige Galadarbietung, sondern das Restprogramm des Saisonfinales 2014/2015 sowie – Euphorie ist eben ansteckend – mögliche Europacupszenarien der Saison 2015/2016. Wobei sich aufzeigt, dass es in Thuner Fankreisen derzeit zwei Gruppen gibt: Die Euphorischen und die Ultra-Euphorischen. Da gibt es diejenigen unter uns, die Thun am Ende der Saison Platz 3 zutrauen. Und es gibt die anderen, die Thun jetzt schon auf Platz 2 sehen. «YB soll morgen gewinnen? Warum denn das? Wir wollen doch noch YB überholen!» Bald mal ist Zeit für den Schlummertrunk. Nun ja, jedenfalls für so alte, aber schön-frisierte Herren wie mich. Also bestellen Fussballtroubadour Kevä und ich zwei Shots. «Gib mal 6 Franken!» meint Kevä zu mir. Ich mache grosse Augen, da ich kürzlich in Zürich an einer Weihnachtsfeier 14 Franken für einen Grappa bezahlt habe. Also lege ich gönnerhaft eine 10er-Note auf die Theke und will auch einen Teil von Keväs Shot zahlen. Doch Kevä winkt die Serviertochter zu sich, gibt ihr 2 Franken und bestellt gleich zwei neue Shots. «Ein Shot kostet doch nur 3 Franken», belehrt mich Kevä. Und plötzlich stehen gleich fünf Shots vor uns, da Sammelbestellungen im zweistelligen Frankenbereich im Kreuz auch schon mal mit einem zusätzlichen Getränk «aufs Haus» belohnt werden. Was mich wiederum rätseln lässt: Könnte es nicht sein, dass das Kreuz nach Thunsiegen so voll ist, weil die Thunfans angesichts der drohenden hohen Kosten für all die Europacupreisen bereits einen Teil ihres Wochenendbudget zur Seite legen und deshalb lieber in einer günstigen Beiz saufen? Man sieht sich bald wieder im Kreuz – wahlweise im Kreuz Krakau, im Kreuz Lille oder im Kreuz Dortmund! Cheers!