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Thun - GC 3:2
04.10.2014Super League 2014/2015


Ist das euer Ernst? Will man so Sportbegeisterung in Thun entfachen? Da will man als Fangruppe im Stadion für Stimmung sorgen und hat neben Fahnen und Trommeln auch eine Choreo im Gepäck. Für die Gruppe sind ein halbes Dutzend Tickets organisiert, notabene alle zusammen im Vorverkauf beim Verein bezogen. Und dann das: Unser Capo hat bei Spielbeginn grösste Mühe, das Choreo-Spruchband in die Höhe zu halten, weil direkt neben ihm an der Choreo merklich nicht interessierte gegnerische Fans in Fanpullis stehen, während unten am Eingang zur Stehplatztribüne die Sicherheitsleute den Rest der Gruppe zurückhalten. Man habe zwar die richtigen Tickets für diesen Stehplatzsektor, aber die falschen Armbändeli. Naiv wie wir sind, hatten wir zuvor am Haupteingang noch gedacht, diese verschieden farbigen Armbändeli seien entweder ein modischer Gag oder ein neues Konkordatskonzept, bei dem die Fans in verschiedene Gefahrenstufen eingeteilt werden. Doch gelb oder orange bedeutet bloss: Deine Ticketeinnahmen nahmen wir gerne, aber jetzt komm bloss nicht auf die Idee, hier die Stimmung anheizen zu wollen. Viel zu gefährlich! Wir mussten ohnehin schon zwei Sicherheitsleute damit beauftragen, Kevä vom Rauchen abzuhalten. Und überhaupt: Warum sollen sechs Kollegen im Zeitalter von WhatsUp und Nacktselfies nicht auch in drei verschiedenen Stehplatzsektoren stehen können.
Einfach unglaublich, einfach… das Choreo-Team des Block Süd reisst mich aus meinen ärgerlichen Erinnerungen an den letzten Mittwoch und drückt mir ein rotes Fähnchen in die Hand. Ich schaue mich kurz überrascht um und stelle tatsächlich fest, dass zumindest in Thuner Fussballstadien keine Sicherheitsleute versuchen, mich von Mitmachen bei einer Choreo abzuhalten. Da fühlt man sich wirklich, als habe man den Trumpf in der Hand. Geile Idee, sehr gut umgesetzt. Doch auch die GC-Fans sorgen für einen Farbtupfer. Nein, gemeint sind nicht die sechs oder sieben Pyrochoreos während des Spiels, die schon fast avantgardistisch anmuten, da die GC-Feuerteufel bei jeder nichtigen Gelegenheit zündeln, bei den Toren ihres Teams hingegen für Momente der optischen Stille sorgen. Oder feiert man bei GC etwa nur noch Tore, wenn Salatic daran beteiligt ist? Hat Salatic etwa gar gerichtlich erwirkt, dass GC bei Pyroaktionen nach Nicht-Salatic-Toren die doppelte Geldbusse bezahlen muss? Der wahre GC-Farbtupfer ist aber das Spruchband zu Spielbeginn: «Mir wänd dä Sieg und ohni dä göng mir nöd hei.» Eine gewagte Drohung, wenn man bedenkt, dass GC in den letzten zwei Spielen gegen Thun acht Tore kassiert hat.
Und die Drohung wird noch gewagter, wenn man sieht, wie in der 8. Minute Jahic als letzter Mann Sadik im Strafraum umreisst. Fanclublegende und ich diskutieren zwar nach dieser Szene, wie gross die Chancen auf ein weiteres Thuner Tor per Eckball stehen. Aber mit dem Entscheid, auch mal gegen den Rekordmeister einen Penalty zu erhalten, können wir uns natürlich auch anfreunden. Über den kleinen Schönheitsfehler, dass Schiri Studer bei einem Penaltypfiff Jahic die Rote statt die Gelbe Karte zeigen sollte, sehen wir mal hinweg. Zumal Sadik den Penalty sicher versenkt. 1:0. Anlass für mich, den fliegenden Cola-Verkäufer – die Biere ist er mal wieder schneller los geworden – zu bitten, als Bierverkäufer nochmals in meine Stehplatzreihe zurückzukommen. In der 32. Minute ist er tatsächlich zurück und wir können unseren Bierdeal abschliessen – während Schirinzi das 2:0 schiesst. Man erzählt sich, es sei ein schönes Tor gewesen. Tor Nummer 3 sehe ich dann wieder: Schirinzi lanciert Frontino, der GC-Hüter Davari ebenfalls bezwingt. Ja liebe GC-Fans, scheint fast so, als ob ihr in Thun sesshaft werden müsstet. Deshalb vielleicht das regelmässige Entfachen eines Lagerfeuers im GC-Block. Da haben einige Jungs wohl jemand schon Heimweh.
Die zweite Halbzeit ist für alle Beteiligten nur noch Pflichtprogramm. In der Thuner Kurve diskutieren wir erst, dass wir nur noch drei Tore brauchen, um vorzeitig auf Platz 2 zu klettern. Dann aber sind wir froh, dass nicht GC das Team ist, das noch drei Tore erzielt. In der Schlussviertelstunde zeigt GC nämlich noch einen Ansatz an fussballerischem Können. Kahraba trifft in der 81. Minute, Lang – bei einem Freistoss – in der 90. Minute. Aber es ist deswegen verwegen, von einer Rückkehr der Spannung zu sprechen. Den grössten Schockmoment erlebt noch Fanclublegende, als zu Beginn der Nachspielzeit eine grosse Fünf auf dem Stadionbildschirm aufleuchtet. «Was, fünf Minuten Nachspielzeit!?» «Nein, der GC-Torschütze hat die Nummer 5. Die Nachspielzeit wird anders berechnet.» Und dann ist das Spiel auch schon fertig. Und bei all dem Jubel merke ist: Sportbegeisterung in Thun gibt es doch noch.

P.S. Sachdienliche Hinweise, ob die GC-Fans nun doch entgegen ihrer Drohung die Arena verlassen haben, bitte an den nächsten Polizeiposten oder an Vero Salatic.