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Lausanne - Thun 0:1
19.09.2014Schweizer Cup 2014/2015


Oui bien sûr, Fanclublegende und ich sprechen Frühfranzösisch. Und deshalb sind wir heute schon um 18 Uhr in Lausanne, um uns auf diese ferne Kultur einzulassen. So nehmen wir direkt an einer typisch viel befahrenen Lausanner Kreuzung an einem Tischchen Platz und lassen uns vom kulinarischen Angebot der originalen – oder eher originellen – Waadtländer Brasserie verwöhnen: Und so genehmigen wir uns in der Brasserie Thaie ein Bier und ein Teller Sachi. Wobei Fanclublegende an diesem Menu höchstens den Namen begrüssenswert findet und das Angebot, mitessen zu dürfen, ausschlägt. Klar kann sich nicht jeder für rohen Thunfisch auf grünem Salat begeistern, aber hier in der Romandie hat man nun mal eine andere Esskultur. Und ich warne ihn noch explizit davor, dass die Bratwurst im Stadion kaum billiger und definitiv nicht besser sein wird. Dank dem rohen Fisch auf dem Teller, werde ich von den Einheimischen sofort akzeptiert. Ein kleiner Bub deutet im besten Frühfranzösisch auf mein Thundresss und will wissen, wie hoch Thun gewonnen hat. Erst glaube ich, dass ich die Zeitform, die er benutzt, falsch deutet, doch er beharrt wirklich darauf, dass Resultat zu erfahren. Schliesslich scheine ich ihn aber einigermassen überzeugt zu haben, nervt er doch fortan seine Mutter, ob sie mit ihm an den Match geht. Ich nehme derweil das Le Matin zur Hand, um noch ein wenig zu lesen, was die Romandie so bewegt. Das grosse Sportthema ist das Hockeyduell zwischen Gottéron und Servette, das Fussballthema Nummer 1 ist ein grosses Interview mit dem FC Biel-Trainer Aeby. Vom Spiel Lausanne-Thun ist dagegen nur die Anspielzeit erwähnt. Wenden wir uns halt dem Kulturteil zu. Dort wird die gestrige Tagesfrage, ob bei den Romands Batman oder Superman beliebter ist. Batman hat das Duell für sich entschieden. Und sogleich wird eine neue Frage gestellt: Sind für die Romands bei den Frauen „les seins“ oder „les fesses“ attraktiver. Oh la la.
Nachdem wir uns so viel welsche Lebensart angeeignet haben, brechen wir auf Richtung Stadion. Schliesslich ist schon 18.55 Uhr, als wir bei der Pontaise eintreffen. 35 Minuten vor Spielbeginn eines Gästesektors betreten zu wollen, das ist schon (un)ordentlich spät… (un)ordentlich früh?! Nachdem Fanclublegende das Drehkreuz betreten hat, bricht Unruhe aus. Ein Sicherheitsmann meint, er müsse erst „le chef“ fragen, bevor er die Sicherheitskontrolle durchführen dürfe. Und prompt muss Fanclublegende wieder rückwärts durchs Drehkreuz wegtreten. Erst fünf Minuten später, um Punkt Sieben dürfen wir rein ins Stadion. In der Westschweiz ticken wohl auch die Uhren anders.
In der ersten Halbzeit scheint sich der FC Thun der welschen Nonchalance anzupassen. Unauffälliger als der FC Thun kann man praktisch nicht spielen. Fischers Leute fallen weder durch Fehler, noch durch nennenswerte Aktionen auf. Für die drei besten Schüsse aus Thuner Sicht sind in dieser Spielphase wir Fans selber besorgt. Gleich dreimal fliegt eine Saucisse wegen Ungeniessbarkeit ins Gebüsch. Nur Fanclublegende hält tapfer durch. Bauchschmerzen bereiten ihm erst zwei Szenen kurz vor der Pause. Erst reagiert Lausanne-Goalie Fickentscher mit einem Batman-Reflex bei einem Kopfball von Reinmann goldrichtig, so dass das sichere 1:0 doch nicht fällt. Und dann bleibt Sadik nach einem harten Zweikampf benommen liegen. Hirnerschütterung? Er muss auf der Barre in die Kabine getragen werden.
Wie schon im Breitsch, wird auch diese Cuppartie in der Romandie äussert hart gespielt. Doch während Lausanne durch (über-)hartes Einsteigen ein Zeichen setzen kann, bleibt das Heimteam spielerisch sehr schwach. Mehr als zwei genaue Pässe hintereinander bringen sie nicht zustande, Faivre hat ziemlich wenig zu tun. Anders das Gästeteam: „Thun wird in der zweiten Halbzeit immer dominanter“, vermeldet Radio SRF3. Wir hätten zwar lieber etwas mehr Strafraumszenen, doch können selbst die gefrustesten Thunfans unter uns nicht abstreiten, dass er FCT diese Partie ziemlich im Griff hat. Und dann fällt tatsächlich das erlösende 1:0: Als sich Gonzalez über rechts gegen drei Lausanner durchspielt und den Ball in die Mitte lenkt, braucht der heranstürmende Schneuwly nur noch einzuschieben. 71 Minuten sind da gespielt.
Die Lausanner zeigen in der Schlussphase dann noch, wie man sich in der Romandie gegen eine sich abzeichnende Niederlage wehrt: Man konzentriert sich darauf, einen Elfmeter zu erhalten. Das Verhalten der Lausanne-Spieler bei einem Eckball kurz vor Schluss ist die reinste Slapstick-Einlage. Gleich mehrere von ihnen gehen zu Boden, ehe der Corner überhaupt getreten ist. Eine Taktik, die wohl höchstens aufgehen würde, wenn die Spieler ein fanatisches Heimpublikum im Rücken hätten. Doch es haben sich gerade mal 800 Personen in die Pontaise verirrt. Und so bleibt Lausanne ohne Elfmetergeschenk. Und weil es auch nur gerade drei Nachspielminuten gibt – man stelle sich eine ähnlich knapp bemessene Überzeit im Breitsch-Match vor – geht Thun wenig später als verdienter Sieger vom Platz. Oui bien sûr, zumindest in dieser Runde hat das „dominante“ Thun das Weiterkommen tatsächlich verdient.