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Thun - FCB 2:3
02.08.2014Super League 2014/2015


Die Basler am Fanshop wissen genau, was sie wollen. Mit roten Feuerzeugen, wie die Bebbis zuvor, lassen sie sich nicht vertrösten. «Händ Sie Rägepellerine?» Die Verkäuferin muss abwinken, die Basler ziehen ohne zusätzlichen Schutz ins Gefecht. Die Angst bei den Bebbis vor den Naturgewalten scheint gross zu sein. Wir Thuner dagegen sind in diesem Sommer schon so unwettererprobt, dass wir uns heute nur vor einem Sturm fürchten: dem Basler Angriff. Bevor Zuffi, Gashi und Streller loslegen, gibt’s noch einige Farbtupfer. Ferreira wird für seine gefühlt tausendste Profipartie geehrt, die Thuner Kurve zeigt eine farbenfrohe Blätterchoreo und die Bebbi zeigen mit viel Rauch Solidarität mit einem Luzerner Grossmaul: «Mir sind alli Capo.»
Dann wird’s so richtig ungemütlich in der Arena. Besonders der peitschende Sturm Made in Berner Oberland jagt manchen Zuschauer einen ordentlichen Schrecken ein. Es regnet heftig und dies dank dem heftigen Wind mitten ins Gesicht. Auf den Sitzplätzen setzt eine Völkerwanderung ein. Nur ist das Suchen eines trockenen Platzes mehr als knifflig. Die Arena ist nämlich sehr gut gefüllt, 9214 Zuschauer sorgen für eine tolle Kulisse. Und als wolle man das schlechte Wetter mit lauten Schreien in die Flucht jagen, wird die Stimmung auch abseits des Blocks Süd Minute um Minute lauter. Allerdings heisst es hier nicht «Im Süde vo dr Stadt», sondern schlichtweg «Hopp Thun, Hopp Thun!» Doch anders als das Wetter, das sich tatsächlich allmählich wieder bessert, lässt sich ein Streller von den Zuschauerplätzen nicht besänftigen. In der 19. Minute ist er gut anspielbar – dummerweise legt ihm ausgerechnet Leite den Ball in die Füsse. Wie kann man beim Auskick auch nur über den Ball hauen? Und es kommt noch schlimmer: In der 27. Minute kommt nur Gashi im Thuner Strafraum an eine Flanke. Per Kopf verwertet er sie zum 0:2.
«Sechs Punkte aus drei Spielen, damit dürfen wir zufrieden sein. Es hätte aber auch ein Punkt mehr sein können», sagte Christian Schneuwly vor der Spiel. Stellt sich bloss die Frage, ob Thun wirklich einfach phasenweise mutenlos spielt – damals gegen den FCZ und heute gegen den FCB. Oder ob die aktuelle Ausgabe des FC Thun nicht einfach hoffnungslos verloren ist, wenn das gegnerische Team einigermassen kompakt steht. Schneuwly jedenfalls wird heute konsequent in die Manndeckung genommen und kommt kaum an einen Ball. Als er aber in der 38. Minute einmal etwas mehr Platz hat und Gonzalez lancieren kann, entsteht praktisch aus dem Nichts eine Riesenchance. Gonzales läuft Degen davon und setzt den Ball ins Lattenkreuz – setzt ihn nicht. Der Ball fliegt an die Latte und landet vor der Linie. Dennoch macht diese eine Szene Mut, dass Thun auch heute nicht zu hoch verliert.
Oder liegt gar noch ein Punkt drin? Nach der Pause kommt Kaludjerovic ins Spiel und beweist gleich mal wieder bei einer Standardsituation seine Bissigkeit. Bei einem Freistoss von Wittwer setzt er sich so gekonnt im Basler Strafraum durch, als gäbe es nichts Leichteres auf der Welt, als gegen den FCB ein Tor zu schiessen. Und dann kommt auch noch Sadik auf Touren. Eine erste grosse Chance setzt er noch neben das Tor. Aber bei Topchance Nummer 2 – einer weiteren tollen Vorlage von Schneuwly – macht er alles richtig und setzt den Ball rechts unten ins Netz. 2:2. Und da schon 84 Minuten gespielt sind, ist der Punktgewinn wieder in Reichweite.
Allerdings zeigt Basel, dass mit ihnen immer und überall zu rechnen ist. Da hebt ein Japaner Sekunden, nachdem er erstmals in ein NLA-Spiel gekommen ist, schon frech zur Schwalbe ab. Der ordentlich pfeifende Bieri gibt ihm aber keinen Penalty als Begrüssungsgeschenk. Und als in der 88. Minute Zuffi einen Freistoss gefährlich in den Strafraum tritt, merken wir, was wir mit seinem Abgang verloren haben – und auf welchen anderen Positionen Thun sonst noch schwere Verluste zu beklagen hatte. Jedenfalls kann Schär viel zu einfach hochsteigen und den Ball Leite um die Ohren hauen. Schwache Abwehrleistung – nicht nur des Goalies. Plant etwa Glarner eine zweite Karriere als Handballer?
Das Spiel endet bei Sonnenschein 2:3, womit Thun angesichts seiner Schwächen und dem absoluten Fehlstart in die Partie zufrieden sein kann. Ich rätsle ernsthaft, wie dennoch Spielanalysen wie folgende zustande kommen können: «Und Thun soll angeblich am Ende der Saison den zweitletzten Platz erreichen? Meiner Meinung nach, werden am Schluss Zürich, Basel und Thun ganz oben stehen :} Ich weiss die Saison ist noch jung aber die drei Teams haben mich bisher überzeugt!» Gabs heute etwa eine Schümmli-Pflümmli-Happy-Hour im Stadion?
Auf dem Heimweg simulieren wir dann noch in Gedenken an die Fussballhochburg Niederhasli – Respekt für die 3800 Zuschauer beim Abstiegskampf GC – Sion – ein wenig die heutige Streetparade. Angesichts des wieder viel angenehmeren Wetters begeben sich die FCB-Fans wieder auf einen Fanmarsch. Und unser Bus reiht sich quasi als Lovemobile in den Umzug ein. Für die musikalischen Elemente im Bus sind ein paar wenige Basler Troubadoure besorgt, die passenderweise zum Sieg ein Kinderficker-Lied anstimmen. Da die Jurybewertungen durch Basler wie Thuner Fans aber nicht besonders gut ausfallen, steigen die Dummköpfe bei der nächsten Haltestelle – also nach rund 15 Minuten – schon wieder aus. Wir geniessen den Rest der Fahrt und gönnen uns – auch wegen der verpassten S-Bahn – im Aperto noch ein Bier. Selbstverständlich darf auch hier das Original Streetparade-Feeling nicht fehlen, die möglichst lange Warteschlange vor der Kasse. Was schliesslich einen Angestellten der SBB auf den Platz ruft: «Der Extrazug fährt in 30 Sekunden!» ruft er durch die offene Ladentüre. Die Bebbis schauen kurz auf das Bier in ihren Händen und grinsen nur. Die Basler im Aperto wissen genau, was sie wollen.