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GC - Thun 2:3
26.07.2014Super League 2014/2015


Wie haben wir am Mittwoch an gleicher Pilgerstätte gelernt: FAIR-PLAY IM FUSSBALL IST ETWAS FÜR WEICHEIER. Schön, wie dies die Thuner Mannschaft heute umzusetzen versucht. Und schön auch, dass auch Schiedsrichter San mitmacht und bei manch überharter Szene einfach weiterlaufen lässt: Schindelholz fährt gegen Lang den Arm aus – wer ausser Skibbe würde da schon ernsthaft Penalty verlangen. Siegfried bremst Davari beim Auskick aus – wer ausser Skibbe würde da schon die Gelbe Karte zücken und gleich auch noch Rot, weil Siegfried schon zuvor verwarnt worden ist? Ein guter Schiedsrichter vielleicht, wie Fanclublegende anmerkt? Nein, erstens waren das zwei rhetorische Fragen, deren Antworten mich als Thunfan nicht zu kümmern haben (Stichwort Fair-Play ist…) und zweitens sind wir hier in der NLA, in der Schirientscheide nicht weiter zu begründen sind. Da darf auch mal Zürcher Team unverhofft und unverdient leiden. Auch Zuhause bzw. im Exil. Heute zeigt sich sowieso, wie leer und wirkungslos die Drohgebärden des Speakers im Sommer 2014 noch sind, wenn er mal wieder über die Lautsprecher betont, dass hier der Rekordmaischter auf dem Platz steht – und in seinem Rücken gerade mal 4000 Zuschauer auf einen Heimsieg hoffen. Da wirken sich Fehlentscheide nicht einmal akustisch aus.
Der Schiedsrichter könnte bei solch einem Spielverlauf Man of The Match sein. Doch zwei topmotivierte Stürmer sowie ein Goalie stehlen ihm die Schau. Besonders geil ist der Auftritt von Chrigu Schneuwly. Er scheint beweisen zu wollen, dass nicht nur Bruder Marco GC mit einem Dreier-Pack abzuschiessen vermag. In der 10. Minute steht er nach einem Angriffsfurioso von Ferreira und Schirinzi goldrichtig und schiesst zum 1:0 ein. Und in der 20. Minute nimmt er eine Flanke von Ferreira gleich direkt ab und erzielt das noch schönere 2:0. Ein «Weltklassetreffer!» kommentiert da selbst der GC-Haussender SRF1. Und für uns Fans liegt schon wieder ein 5:0 in der Luft – wie einst am 16. April 2014. Doch zumindest ein GC-Spieler hat was dagegen, schon wieder ein halbes Stängeli zu kassieren. Und so geht es nach dem 2:0 keine zwei Minuten, ehe Dabbur den Anschlusstreffer erzielt. Leite sieht dabei ziemlich ungelenk aus. Und keine zehn Minuten später ist Dabbur schon wieder schneller am Ball als Leite, der beim 2:2 einem schönen Kopfball hinterher schauen muss. Mit einem überraschenden 2:2 und – wie eingangs erwähnt noch überraschender – 11 gegen 11 Mann geht’s in die Pause.
Nach der Pause taucht bei Thun Siegfried nicht mehr auf, Fischer hat den Rotgefährdeten ausgewechselt. Dagegen hat Skibbe ob all seinem Ärger vergessen, den ebenso erröteten Karaba von Platz zu nehmen. In der 36. Minute schon durch ein hartes Foul von hinten aufgefallen, schliesst er in der 53. Minute einen Sololauf mit einem Höhenflug statt einem Höhepunkt ab. Ganz nach dem Motto FAIR-PLAY IM FUSSBALL IST ETWAS FÜR WEICHEIER legt er eine schweinische bzw. robbenische Schwalbe hin und sieht Gelb-Rot. Und ich reibe mir noch mehr die Augen als Skibbe, sehe ich doch meine während Karabas Sololauf geäusserte Aussage «Jetzt wird der Schiri mindestens 20 Minuten lang kompensieren und gegen Thun pfeifen» ein klein bisschen widerlegt.
Ein weiteres Understatement von mir folgt in der 75. Minute. Da kommt nämlich Wittwer auf den Platz, der gleich Richtung Cornerfahne schlendert. «Dieses Zeitspiel ist clever. Bei Thun spielt es eh keine Rolle, wer den Eckball tritt.» So tritt ihn Wittwer, worauf der Ball zu Chrigu Schneuwly fliegt, der prompt zum 3:2 einschiesst. Thun hat damit schon halb so viele Eckballtore geschossen wie in der ganzen letzten Saison. Und dem Schneuwly-Grosi kommt mal wieder ein GC-Match ganz teuer zu stehen, werden doch schon wieder «drü Schnägge» fällig. Eine Aussage, bei der ein paar unserer Damen im Sektor die Stirn runzeln. Das ist aber nicht weiter schlimm, schliesslich geben sich Frauen ja normalerweise auch nicht mit Münz zufrieden.
Ja, die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen im Thuner Sektor. Bis ein klares Handspiel in der 83. Minute noch mal die Frage auskommen lässt, wer jetzt wirklich Man of the Match ist. Schri San ist es schon mal nicht, denn er leistet sich keinen dritten Fehlentscheid und zeigt umgehend auf den Elfmeterpunkt. Die Frage ist somit vielmehr, wer für sein persönliches drittes Tor besorgt ist: Thun-Goalie Leite oder GC-Stürmer Dabbur. Da Letzterer in der zweiten Halbzeit nur noch durch Gemotze statt Geschosse aufgefallen ist, stehen die Chance etwa 50/50. Dabbur läuft an – und sieht, wie Leite seinen Schuss mirakulös abwehrt. Da der Abpraller in den Beinen eines Thuners landet, ist der Goalie innert Sekunden vom Buhmann zum Helden geworden. Der zweite Man of the Match.
Thun gewinnt 3:2. Und Chrigu Schneuwly hat sich noch eine weitere gelungene Szene fĂĽr die Fans aufgespart. Er schnappt sich den Matchball und schiesst ihn in die Thuner Kurve. Sehr zum Ă„rger des GC-Materialwarts, der uns noch wild gestikulierend einen Gastbesuch abstattet. Dummerweise verstehen wir kein RekordmaitschtertĂĽtsch.
FAIR-PLAY IM FUSSBALL IST ETWAS FÜR WEICHEIER. Auf und neben dem Platz. Und so wird unser 13er-Tram (nomen est omen) nach dem Spiel noch von einem Streifenwagen verfolgt. Drei Stationen später kennen wir den Grund, aber nicht die Ursache. Zwei Polizisten steigen mal soeben ins Tram ein und führen einen Thuner vor den Augen dutzender belustigter GCler in Handschellen ab. Auch das ist Zürich. Auch das ist fehlendes Fair-Play.