Thunfans » Spielberichte » Super League 2013/2014 » Thun - FCZ
Thun - FCZ 2:1
03.11.2013Super League 2013/2014


«Auso uf dä Matchbricht vo dir bi ig ja gspannt. Grottenschlächt die Thuner.»

Wieder mal trifft während einem Match per SMS Fundamentalkritik am FC Thun auf meinem Handy ein. Ja, wie kann man denn immer so negativ sein. Wie kann man von einem Auswärtsspiel wieder so viel erwarten. Doch halt. Nur weil so viele Zürcher im Sektor E11 um mich herum sitzen, ist das hier immer noch DIE ARENA, in der Thun einen Heimsieg anstreben sollte. Und egal wo diese Partie hier nun gespielt würde, die Thuner Leistung muss nun wirklich als schlecht bis miserabel eingestuft werden. Und das sage ich jetzt nicht bloss, weil direkt neben mir meine Stadtzürcherin sitzt, die jeden einzelnen Satz dieses Spielberichts vor Veröffentlichung auf allfällige anti-zürcherische Tendenzen untersuchen will. 70 Minuten sind gespielt, als die SMS auf meinem Handy leuchtet. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der FC Thun gerade mal eine Torchance gehabt – über die ich mich erst noch lustig gemacht habe. Wie konnte ich in der dritten Minute auch ahnen, dass jener Fehlschluss von Lukas Schenkel für über eine Stunde die beste Thuner Szene sein sollte.
Der FCZ dagegen spielt gar nicht etwa so, als befinde er sich in einer Dauerkrise. Seine Chancen sind zahlreich. Mal nutzt er sie, ohne dass Schiri Hänni den Treffer gibt – in der 33. Minute heisst das Verdikt «Offside» statt «Tor Gavronvic». Mal nutzt er sie, ohne dass Thun sich aus dem Durcheinander im Strafraum befreien kann – in der 53. Minute können nach einem Freistoss Buff, Gavronvic und Chikhaoui in bester Football-Manier Meter um Meter gewinnen, ehe Chikhaoui zum 1:0 einschiesst. Und mal für mal nutzt der FCZ seine Chancen eben nicht, weshalb der FC Thun mit dem 0:1-Rückstand mehr als zufrieden sein muss.
Selbst die Bronchos stehen heute eher unmotiviert herum. Auch sie müssen erst durch das 0:1 geweckt werden, um gegen die frechen Zürcher im Sektor E11 durchzugreifen: Da das Gentlemen Agreement von einer Zigarette pro Halbzeit den Zürcher Gästen unbekannt ist, beginnen die Bronchos bei Zigarette Fünf oder Sechs pro Kopf doch noch das Rauchverbot durchzusetzen. Ich möchte hiermit allerdings betont haben, dass mein Husten mehr mit dem Oberländer Wetter als mit dem Hobby der Zürcher zu tun hat.
Fast scheint es mir, als würde die Thuner Trägheit auch auf mich übergreifen. Hätte ich doch das Mardy-Shirt (ich habe es immerhin in der Thuner und in der Zürcher Variante) übergestreift, um etwas Biss zu verspüren. Stattdessen trage ich über meiner Jacke ein Thun-Trikot mit der Nummer 9. Beschriftet ist es aber mit RAMA, nicht etwa mit SADIK. Letzterer ist noch weit davon entfernt, in Thun je Publikumsliebling zu werden. Da müsste er ja ein Spiel wie heute im Alleingang entscheiden. Jawohl, reines Wunschdenken. Und jetzt auch dieser Schuss von Marco Schneuwly wieder. Ist ja klar, dass der am Pfosten landen muss. Auch wenn – oder eben weil! – das Tor so leer ist.
Dann geschieht aber schier Unfassbares: In der 81. Minute bringt Thun endlich mal einen schönen Angriff zustande. Martinez spielt auf Wittwer, der eine Flanke zu Sadik schlägt. Der steht völlig frei – und nutzt den Freiraum tatsächlich mal. Per Kopf erzielt er das 1:1. «Souverän», wie neutrale Spielbeobachter ernsthaft behaupten. Und dann drei Minuten später, in Minute 84: Martinez Martinez passt dieses Mal gleich direkt auf Sadik. Der steht völlig frei – und nutzt den Freiraum tatsächlich schon wieder. Per Fuss erzielt er das 2:1. Und Thun bejubelt einen der unverdientesten Führungstreffer der letzten achteinhalb Jahre. (BTW: Freiheit für alle Schlagzeuger, die schon anno 2005 dabei waren.)
Achteinhalb Jahre ist es her, seit Thun letztmals ein Heimspiel gegen den FCZ gewonnen hat. Und auch heute scheint nichts daraus zu werden. Der FCZ fängt sich in den Schlussminuten nochmals auf und kommt nun wieder zu starken Szenen. In der 94.(!) Minute brennt es schliesslich lichterloh im Thuner Strafraum. Statt den nicht mal mehr Zigis in die Hand nehmenden FCZ-Fans wollen jetzt die FCZ-Spieler ein Feuerwerk zünden, wobei selbst Da Costa vorne mitmischt. Schliesslich weiss sich Thun nur noch mit einem Foul zu helfen. Pedro Henrique trifft einen wuchtigen Freistoss, bei dem gleich mehrere FCZ-Spieler besser auf den Ball achten als die Thuner. Chermiti hat schliesslich die Gelegenheit zum Abschluss - und tritt den Ball auch über die Linie. Doch weil die übermütigen Zürcher eben zu sehr auf den Ball und zu wenig auf ihre Offsideposition geachtet haben, wird der Treffer aberkannt. «Pfui» und «Wärchet emol!» toben die FCZ-Fans. Sie meinen damit aber nicht etwa den - eher thunfreundlich pfeifenden - Schiri Hänni. Sondern die - eher thunfreundlich spielenden - FCZler. Ich nehme derweil die nächste SMS des Thun-Kritikers zur Kenntnis:

«Ungloublech dä Sadik. Hopp THUN.»