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Lausanne - Thun 2:4
07.04.2013Super League 2012/2013


Verflucht noch mal. Auf der Pontaise scheint ein Fluch zu liegen – ausgesprochen an jenem 20. April 2002, als die berüchtigte Hexe Nicole Petignat in den Schlussminuten einen Penalty gegen Thun pfeift und dem FCT nicht nur für dieses Spiel sämtliche Siegeschancen raubt. 0:1 verlor Thun an jenem Samstag vor fast 11 Jahren. Fünfmal sollte Thun in den folgenden Jahren auf die Pontaise zurückkommen – und dies nach der Wiederauferstehung von Lausanne stets als Favorit! Doch die Spiele endeten aus Thuner Sicht 1:3, 1:3, 0:1, 0:1 und – im letzten November war der Waadtland-Ausflug besonders bitter – 0:3.
Jetzt aber macht sich der Pontaise-Fluch in seiner ganzen Perversität bemerkbar. Gut gelaunt habe ich soeben ein SMS zu tippen begonnen: «Nach 27 Minuten führt Thun tatsächlich in Lausanne mit…» Bevor ich die «2»-Taste gefunden habe, zappelt aber der Ball erneut im Netz – bei Faivre in der linken Ecke. Moussilou hebt die Arme zum Jubeln in die Höhe – wir dagegen verwerfen die Hände. Ich überlege mir derweil, ob ich meine SMS immer noch in so positivem Ton abschicken soll. Statt dem «tatsächlich» wäre jetzt wohl eher ein «knapp» angebracht. Zeit habe ich ja, Lausanne macht sich gerade für einen Freistoss bereit. Eigentlich eine ungefährliche Szene. Doch der Ball kommt nah vors Tor, wo Sonnerat den Ball tatsächlich ins Netz köpfelt. 2:2. 29 Minuten sind gespielt. In hohem Bogen fliegt ein Bier durch den Sektor, das ausgerechnet ein Ehepaar trifft, das gerade erst jetzt ins Stadion kommt. Dumm gegangen. Also gleich doppelt: Dumm gegangen. Dumm gegangen. Ich dagegen drücke auf meinem Handy das «Löschen»-Feld. Nein, jetzt mag ich wirklich keine SMS schicken.
Dabei hat das Spiel doch so gut begonnen. Gleich nach 30 Sekunden wird Demiri im Strafraum so klar von den Beinen geholt, dass Schiri Amhof nur auf Penalty entscheiden kann. Das Duell heisst Schirinzi gegen Favre. Und der Thuner löst die Aufgabe brillant, wie selbst der Sportal-Liveticker-Schreiberling neidlos, wenn auch mit leichter Schreibschwäche, anerkennt: «Besser kann man einen Elfemter nicht treten. SCHIRINZI haut das Leder in die hohe linke Ecke - den hätte kein Torhüter dieser Welt gehalten.» Die ersten beiden Thunfans zünden da bereits ihre Siegesstumpen an.
Eher haltbar ist da schon das 2:0. Nach einem von Bättig (!) eingeleiteten Konter spielt Demiri in die Mitte, wo Schneuxty aus kurzer Distanz einschiebt und damit wohl bereits seinen ganzen April-Torhunger stillt. Sein Tor wird von uns lauthals bejubelt. Nur eben: Das war vor gut zwei Minuten. Jetzt wird vor allem hässig. Sehr hässig. Will uns Thun etwa eine erneute Lausanne-Blamage zu muten?
Die Waadtländer spielen jetzt richtig frisch auf. Nach den zwei Toren versuchen sie es mit schnellen Kombinationen und einem frühen Pressing; die Thuner hingegen wirken richtiggehend geschockt. Der Pausenpfiff ist unter diesen Umständen eine Erlösung. Doch zittern wir auch in den nächsten 15 Minuten. Es ist verdammt noch mal bitterkalt auf der Pontaise, die Bise treibt mit aller Kraft ihr Umwesen. Fast scheint es so, als sei Nicole Petignat auch eine Wetterhexe gewesen. Oder kann sich jemand daran erinnern, hier je ein Spiel bei angenehmer Witterung miterlebt zu haben? Wir beklagen uns daher auch nicht über die neue Zeltüberdachung, die mit ihren Pfosten die Sicht erheblich verschlechtert. Gegen das stets schlechte Lausanne-Wetter ist uns jedes Mittel recht.
In der zweiten Halbzeit fängt sich Thun zum Glück wieder auf. Und wieder ist Schirinzi unser Mann. Dieses Mal aber eher unfreiwillig, versucht er doch eine Flanke zu Schneuxty zu schlagen. Dieser ist aber einmal mehr zu spät… doch da Favre auch nicht reagiert, fliegt der Ball direkt ins Tor. 3:2 für Thun. Und Thun probiert den selben Trick gleich noch einmal. In der 71. Minute sucht Lüthi mit einer Flanke wahlweise das Tor oder dann halt Schneuxty. Der reagiert aber bereits zum zweiten Mal heute goldrichtig und köpfelt den Ball ins Netz. 4:2. Bemerkenswert Schneuxtys Jubel: Er maxt mit seinem Zeigefinger. Für mich ist sofort klar: Das muss eine typische Zauberer-Handbewegung sein, mit dem er umgehend und für immer den 11 Jahre alten Petignat-Fluch aufhebt. Ob er indes zugleich YB verflucht, bleibt sein Geheimnis. Jedenfalls kassiert YB zur selben Zeit zwei Tore gegen Servette. Ciao, ciao, Rueda könnten wir singen. Wir grüssen YB jedoch kurzerhand mit anderen Schlachtrufen – und stimmen auch bereits ein «Derbysieg! Derbysieg!» an.
Nach Schlusspfiff feiern wir dann aber erst mal diesen überraschenden Auswärtssieg. Am Bahnhof Lausanne stossen wir gemeinsam an, die Szene erinnert schon fast an ein Botellon. Zum Glück haben wir unsere beiden Broncos als Anstands-Wau-Wau dabei. Prost!