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Servette - Thun 0:0
02.12.2012Super League 2012/2013


Bienvenue à la Police Cantonale de Genève! Heute machen wir einen Gastbesuch bei der besten Polizei der Welt (nicht zu verwechseln mit der besten Armee der Welt). Die Genfer Gendarmerie versteht zwar nach wie vor nicht, wie sie das Gütesiegel «Kriminalitätshochburg» wieder los werden kann. Aber wenn es darum geht, den grössten Schwerverbrechern, welche die Menschheit kennt, Einhalt zu bieten, ermittelt sie gerne auch am 1. Advent im 20-Mann-Grossaufgebot: gegen die sogenannten Fussballfans. Und so sitzen rund 50 Thunfans nach dem Spiel Servette-Thun in einer Lagerhalle de la Police Cantonale de Genève fest. Carpassagier um Carpassagier muss aussteigen, um sich identifizieren und massieren zu lassen. Derweil erhält ein Hund seine grosse Chance. Der Genfer Esprit kann allerdings anders als sein österreichischer Namensvetter nicht tanzen und seilspringen, dafür aber zumindest nicht vorhandene Drogen nicht finden und vorhandene Getränke auf den Teppich ausschütten. Ein Supertalent! Wir dagegen harren aus und fragen uns, wie wir uns diesen Besuch überhaupt verdient haben…
Dabei ist der Gastbesuch in Genf doch bislang überaus ereignislos verlaufen. Sind wir in Thun vormittags noch im dichten Schneegestöber aufgebrochen, ist Genf praktisch schneefrei. Eine Spielabsage steht jedenfalls nie zur Diskussion, ausser in den beiden Torräumen ist der Platz in einem guten Zustand. So lautet vor dem Spiel denn auch das Motto «Rasen bitte betreten», unzählige Kinder und kostümierte Gruppen stampfen auf dem Grün herum. Uns ergibt sich der Sinn des nervenraubenden Rituals nicht, wir nehmen bloss den verspäteten Anpfiff zur Kenntnis.
Auch beim Spiel selber müssen wir viel Geduld aufbringen. Es ist ein typischer Dezember-Abnützungskampf. Viele Fouls, viele Fehlpässe und kaum schöne Spielzüge. Servette macht als Heimteam etwas mehr Druck als Thun, ist aber auch nur im Mittelfeld das klar stärkere Team. Angriff um Angriff verpufft mit einem Schüsschen. Thun dagegen hat in der ersten Stunde gerade mal zwei Torchancen. Und selbst in der Schlussphase, in der beide Teams eigentlich alles auf die Karte Offensive setzen, bleiben die Torchancen rar. Ja, hier stehen wirklich die zwei schwächsten Teams der Liga auf dem Platz. Dieses Spiel hat demnach nicht nur keinen Sieger, sondern auch keinen Torschützen verdient. Sonst kommt der «Blick» plötzlich wieder auf die Idee, einen Fehleinkauf wegen irgendeiner Statistik zum Toptransfer zu erklären. Ja, liebe Ringier-Leute, praktisch jede Statistik lügt. In einer angeblichen «Super League» sowieso. Nachdem Thun die Torchancen 3 und 4 ebenfalls vergeben hat, pfeift der österreichische Schiedsrichter kurz nach halb Vier beim Stande von 0:0 ab. Komisch finden wir dann, dass wir nach Abpfiff noch 20 Minuten lang im Gästesektor aufgehalten werden, was selbst die heimischen Sicherheitsleute verwundert. Und anschliessend werden wir von Polizeifahrzeugen eskortiert – aber nicht etwa zur Autobahneinfahrt…
Um Fünf sind wir immer noch in Genf. Bei der Polizei. Sitzgelegenheiten fehlen, unsere Sandwichs bewacht der knurrende Hund. Wenigstens eine Runde Pris ist erlaubt. Auf einen polizeikritischen Schnupfspruch verzichten wir aber. Nachdem wir etwas mehr Infos untereinander ausgetauscht haben, rätseln wir: Spielen jetzt wirklich 50 Thuner Räuber und Polizei, weil vorher in der Pause Kollege Capuruzovic so genervt war, dass wir zum x-ten Mal in dieser Saison Polizeibesuch in unserem Sektor hatten? Darf man sich nicht darüber ärgern, dass Zivis die Thuner Kurve als ihr zweites Zuhause anschauen, in denen sie gerne mal Modefansprüche («Dich sehen wir hier das erste Mal, zeig mal deinen Ausweis») und Rauchbenimmregeln («Du hast während dem Spiel geraucht, zeig mal deinen Ausweis») zum Besten geben? Ich kann leider zur Klärung der Sippenhaft-Frage (Handgemenge ja oder nein oder überhaupt schlimm?) keinen Beitrag leisten, da ich mich zu jenem Zeitpunkt um die Bier-Frage kümmerte (Lösung: Obwohl an der Theke nicht deklariert, war es einmal mehr nur 2,4-Bier). Ich muss aber im Namen der lebensgefährlichen Thunfans eines eingestehen: Beim Gastbesuch bei der Polizei sind wir so brav, dass wir nach nur 70 Minuten Tête-à-tête bereits wieder aus der Lagerhalle raus dürfen. Haben wir damit überhaupt genügend Ultrapunkte erreicht, damit wir 50 Fans alle ein genfweites Rayonverbot erhalten? Siegessicher gibt sich in dieser Hinsicht eigentlich nur Capuruzovic, der Schreckliche. Aber der hat sowieso schon immer Mühe gehabt, das Wesen der Polizisten zu verstehen.
Also dann: Au revoir et bonne soirée! BTW: Freiheit für alle Schlagzeuger und alle anderen Polizeigestrandeten.