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St. Gallen - Thun 2:0
16.10.2011Schweizer Cup 2011/2012


«Ja, was machst denn du schon hier? Der Match war doch erst um halb Vier…» Der Zugbegleiter ist heute echt geschwätzig. Und trotz den vielen Olma-Besuchern in kuhplütter-verdreckten Schuhen bin ich in meinem Rama-Trikot für den Herrn SBB die Hauptattraktion. «Ihr müsstet halt häufiger in Gossau Extrazüge einsetzen», kontere ich. Soll aber bloss keiner das Gefühl haben, ich hätte mich zu früh aus dem Stadion verdrückt. 90 Minuten habe ich in der ABC Arena ausgeharrt. Und anders als euer Frust vor dem Fernseher, wurde mein Fussballärger noch durch feiernde sprich in unsere Richtung maxende FCSG-Fans erhöht. Wären doch diese paar Ostschweizer Schlaumeier besser an die OIma gefahren. Und hätten doch einige Thunspieler heute besser an der Olma das «Gastkanton Bern»-Maskottchen gespielt als in der ABC Arena Fussballer zu imitieren.
Doch stattdessen stehen Bättig und Co. heute auf dem Platz, als der Cupmatch um halb Vier angepfiffen wird. Während wir noch darüber diskutieren, ob Challandes Recht hatte, vor dem Spiel St. Gallen zum Favoriten zu erklären, merken mir, dass Thun wirklich ängstlich und defensiv eingestellt ist. «Und schon jetzt wird klar: Thun wartet hier ganz ausgebufft auf die Fehler der St. Galler» heisst es da schon im fcsginfo-Liveticker. Eventuell könnte man das Wort «ausgeblufft» aber auch durch «ausgebrennt» ersetzen. Spätestens als in der 13. Minute Lüthi mit einer Knieverletzung ausfällt und in der 27. Minute Leczano folgenlos penaltywürdig gefoult wird (das grobe Foul ist dem fcsg-Liveticker-Team keine Zeile wert) ist klar: Hier und heute ist nur mit viel Glück ein Weiterkommen möglich.
Doch dann zaubern in der 40. Minute zwei Ex-Thuner (okay, bei einem von ihnen ist es noch nicht ganz soweit…): Hämmerli dribbelt sich über links durch, will passen, trifft Bättig - und der lenkt den Ball aus nächster Nähe ins eigene Tor ab. 1:0 für St. Gallen. Und gleich in der nächsten Szene sorgt ein Hands im Thuner Strafraum für Aufregung. Dieses Mal ist es unser Glück, dass der Schiripfiff ausbleibt. Dann wäre da noch Lustrinelli. Der erspielt sich in der 45. Minute seine allererste Chance. Doch er köpfelt im Fünfer über das Tor.
Die SMS, die ich in der Pause erhalte, sind voller Fluchwörter. «Katastrophe» ist noch der netteste Kommentar der Sofa-Experten. Nun ja, man sollte eine Mannschaft auch nicht nach ihren Leistungen im Cup beurteilen. All diese Partien sind nicht grundlos teleclub-untauglich. Und Thun hat schliesslich noch eine Geheimwaffe in der Hinterhand: Miliam Rama.
Und tatsächlich bringt Rama Schwung und Aggressivität in Spiel. Hier ein Gewaltschuss, da eine Vailati-Parade – doch statt Skorerpunkten sammeln die Thuner irgendwie nur Gelbe Karten. Der Ball will und will nicht rein. Anders auf der Gegenseite. Da nutzen die St. Galler Bättigs nächsten Schwächeanfall eiskalt aus. Eigentlich ein Grund zum Fluchen. Aber die Kollegen von fcsginfo finden tatsächlich einen Weg, Bättigs Patzer zu einer Glanzstunde des Weltfussballs zu (v)erklären: «Was für eine Kiste! Valente dribbelt Bättig schwindlig und wuchtet den Ball von der Strafraumgrenze in die Maschen! 2:0! Das war nicht unbedingt zu erwarten...» Also liebe St. Galler, wer Bättig kennt, hat so etwas ganz bestimmt erwartet…
Mit ein bisschen Charme schaffe ich es, direkt nach Abpfiff das Stadion verlassen zu dürfen. Nein, die «Rückhaltung» genannte Qual, den St. Gallern beim Feiern zuschauen zu müssen, hätte mich zu sehr genervt. Und es wäre auch wirklich zu schade gewesen, den Olma-Extrazug zu verpassen. Es ist wirklich teletop, innert 46 Minuten von Gossau nach Zürich Oerlikon zu kommen – ohne Umsteigen. Als ich in Oerlikon Richtung nächste S-Bahn stresse, ertönt hinter mir ein lautes (ironisch gemeintes!?) «Hopp Thun!» Völlig zu Recht, wie ich meine, kaum ein Thunspieler spurtete heute im Stadion so schnell wie ich jetzt. Aber auf meinem Rücken steht ja auch «Rama». Der wird dann bestimmt im nächsten Cupspiel wieder treffen – in der Saison 2012/2013.