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Thun - Bellinzona 3:1
22.05.2011Super League 2010/2011


Heute ist es also soweit: Ein letztes Mal ins Lachen. Zwar diskutieren wir vor dem Spiel noch angeregt, ob wir uns dereinst im Stadion Frauenfussball ansehen wollen, aber in den Zeiten von Anti-Hüpf-Sport-BHs sind Brustabnahmen auch nicht mehr so spektakulär wie früher. Frauenfussball muss man sich wohl schön trinken, wobei das auch für Männerpartien gegen die AC Bellinzona gilt. So hole ich mir um 14.45 Uhr im Stadion schon das erste Bier. Die Warteschlange umfasst mit mir zwei Personen, vorwärts geht’s irgendwie doch nicht. Schonen sich die drei Damen vom Grill Tina, Angela und Nicole etwa für den Gratisbierausschank nach dem Spiel? Wäre für mich eher schlecht, habe ich doch bis Spielende noch 7 gelbe Jetons aufzubrauchen. Da benötige ich eine gute Kondition – beim Anstehen und beim Trinken. Nebenbei helfe ich noch beim Vorbereiten der Choreo mit – na ja eigentlich bin ich mehr Gaffer und Bewunderer, der ab und zu beim Zusammenfalten des riesigen schwarzen Plastikteils hilft. Zudem ziehe ich mich um und streife mir das R.I.P.-Lachen-T-Shirt über. Habe dank frühzeitiger Reservation zwei der raren XL-Shirts erwischt – für mich keine Nummer zu klein. Ja, wir Thunfans sind wohl wirklich fett. Schliesslich ruhe ich mich etwas auf der Tartanbahn aus. Und wer kommt mir da entgegen: Fräulein von und zu Gring ache u seckle. Sie plant aber nicht die feindliche Übernahme des Stadions als Leichtathletin, sondern ist als rasende Reporterin unterwegs. Und so schwafle ich kurz was von meinem schönsten Lachenerlebnis, das aber nur bedingt beo-tauglich ist, da ich vom einstigen Maradona-Gastspiel erzähle und nicht etwa eine Budi-Latour-Anekdote zum Besten gebe.
Drei gelbe Jetons später werden Yakin, Proschwitz und Glarner offiziell verabschiedet. Da sind wir aber gerade damit beschäftigt, die Choreo hochzuheben und schwarze Ballone in den Himmel hoch zu schicken. Gelungene Choreo, wäre auch etwas düster. Vielleicht hätten weisse Tauben angebrachter gewesen. Aber die friedliebenden Tiere hätten womöglich Gügi die Augen ausgehackt. Zu unserer «Freude» spielt Gügi von Anfang an. Dies im Gegensatz zu Lustrinelli, der wie mehrere Mitspieler gesperrt worden ist. Kann ein so ersatzgeschwächtes Bellinzona Thun gefährlich werden? Zumindest in der ersten Halbzeit kann man die Frage ohne schlechtes Gewissen verneinen. Die Thuner wirbeln mal für mal durch die gegnerische Platzhälfte, insbesondere Rama scheint heute alle Gegenspieler zu überflügeln. Ob sein Red Bull-Pegel ähnlich hoch ist wie mein Bierpegel? In der 21. Minute erfolgt einmal mehr ein Angriff über Rama, er passt zu Proschwitz in den Strafraum. Dieser verpasst zwar seine Chance, doch kann Verteidiger Thiesson die Situation nur bedingt bereinigen. Der Plan, den Ball Secku vor die Füsse zu legen, mag ihn den allermeisten (Stolper-) Fällen keine nennenswerten Folgen haben. Heute aber trifft Secku den Ball und schiesst ihn volley in die rechte untere Ecke. 1:0.
Ideale Gelegenheit, den nächsten Gelben Jeton ins Spiel zu bringen – auch wenn gerade jetzt ein heftiger Platzregen einsetzt. Typisches Rama-Wetter zum Lachen-Abschied. In der (regenfreien) 38. Minute steht Rama einmal mehr im Mittelpunkt. Er setzt zum Schuss an, trifft aber nur die Latte. Der Ball landet zum Glück bei einem Thuner, der für seinen Schuss auf einem Liveticker mit folgender Liebeserklärung belohnt wird: «Den Abpraller verwertet der beste Spieler auf dem Platz, Markus Neumayr, in die lange Ecke». Bitte? Eh ja, Hauptsache 2:0. Und so dämlich unbeweglich wie sich Bellinzona auch bei diesem Gegentreffer anstellt – grassiert im Tessin jetzt definitiv das Wettfieber? – ist die Partie damit gelaufen.
Stellt sich eigentlich nur noch die Frage, wer sich als letzter Lachenstadion-Torschütze in die Annalen verewigt. Ein heisser Kandidat dafür ist – Roland Bättig! Im Basel-Spiel ist er ja schon durch stümperhafte Aktionen aufgefallen. Heute ist er aber besonders kreativ. In der 63. Minute köpflet er nach einem Eckball den Ball gekonnt ins Tor. Ja klar, er stand ja auch völlig frei. Dumm nur, dass es sich um einen Gügi-Eckball handelte und Bättig entsprechend ins eigene Tor getroffen hat. Ein Tor richtig zum Lachen – würde doch als letztes Thuner Tor im Lachenstadion passen.
Einer denkt da jedoch anders: Nur zwei Minuten später setzt Taljevic zum Sololauf an. Er lässt seine Gegner am rechten Strafraumeck stehen und schiesst wunderschön in die – aus Goaliesicht - linke obere Ecke. Ja, Bellinzona spielt tatsächlich mit Goalie. Aber wirklich bewähren kann sich Zotti in diesem Spiel nicht. Thuns Ersatzgoalie Djukic wirkt derweil souverän – in den wenigen Szenen, in denen heute überhaupt ein Bellinzona-, sprich Gügi-Schuss auf ihn zukommt.
Spannender als das Spiel ist in den Schlussminuten der Totomat. Ganz nach dem Motto «Luzern Loser» treffen im Minutentakt Tormeldungen aus Luzern ein: 0:2, 0:3, 0:4, 0:5. Da hat sich Murat aber wirklich eine zwäge Equipe herausgesucht. Und so klettert Thun auf Platz 5. Europa, wir kommen!? Zum vollumfänglichen Lachen-Happy-end fehlt jetzt nur noch ein Rama-Tor. In der Nachspielzeit hat er tatsächlich nochmals die Chance zum ganz besonderen Ehrentreffer. Doch sein Ball verfehlt das Tor knapp, es bleibt beim 3:1.
Da ist es kurz vor Sechs. Heim gehen wir aber noch lange nicht. Obwohl es zwischenzeitlich wieder schiffet, feiern wir noch stundenlang bei Wurstsalat und – zügig ausgeschenktem – Freibier. Ich bringe es derweil fertig, mein R.I.P.-Lachen-T-Shirt (sowie Drachensäckli, Velolicht und Schirm) noch am selben Abend zu verlieren. Um sachdienliche Hinweise wird gebeten – wobei Zeugenaussagen, dass ich betrunken gewesen sei, keine zusätzlichen Infos liefern.
Um 21.35 Uhr dann der eigentliche Höhepunkt: Milaim Rama wird nochmals auf den Platz gerufen. Er schnappt sich den Ball, dribbelt an Zuckerstöcken und anderem Feuerwerk vorbei und schiesst unter Applaus den Ball ins Netz. Hier haben wir es also, das letzte unvergessliche Lachenstadion-Tor. Danke Milaim, auf Wiedersehen im neuen Stadion!