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Thun - GC 0:1
25.04.2011Super League 2010/2011


Ein Fussballabend ist gelungen, wenn man nach Abpfiff noch stundenlang gemütlich in der Stammbeiz zusammen sitzen und sich durch die Getränkekarte saufen kann. Erst recht heute, am Giorno della Liberazione, der im Klösterli Pub entsprechend gefeiert wird – weshalb auf der Presentazione Köstlichkeiten wie italienische Schnäpse und Moretti Bier stehen. Das Pub ist mit zahlreichen italienischen Fahnen geschmückt – sah ein Pub je besser aus!? – und an der Bar sitzt ein frustrierter YB-Fan im Italiendress. Der beklagt eine Null-Punkte-Woche. So schlecht ist Thun ja nicht gerade dran. Worauf Gölä die Frage aufwirft, ob man bei einem verlorenen Montagsspiel (P.S. Scheiss Montagsspiele!) nicht auch aus Thuner Sicht von einer Null-Punkte-Woche sprechen muss. Vorderhand natürlich.
Ich frage mich derweil, ob der Italien-Tag in meinem Lieblingspub nicht ein Fingerzeig der Fussballgötter ist. Genau so, wie vielleicht auf dem Titelbild des aktuellen «ballesterer» eine geheime Botschaft für mich versteckt sein könnte: «Catenaccio: Ketten, Konter und Klischees» steht dort. Porca miseria, muss ich als Italien-Fan jetzt ausgerechnet beim FC Thun lernen, was Catenaccio wirklich ist!?
Am Nachmittag herrscht im Lachenstadion wahrhaft südländische Atmosphäre. Das Wetter ist top, die Choreos auf beiden Seiten ebenso. Die Thuner Choreo steht ganz unter dem Motto ei, ei, ei… grosse bunte Karton-Ostereier werden in die Höhe gestreckt. Ein davon unabhängiges Spruchband fordert derweil den Verbleib von Rama beim FC Thun. Richtig so! Auf der Gegenseite strecken die GC-Fans Ballons und weisse Karton-Wolken in die Höhe. Der «Himmel uf Erde» (hoffe, min Züridüütsch isch korräkt, ey Mann) wird zudem durch blauen Rauch symbolisiert. Eine biblische Botschaft zum Osterfeiertag? Überhaupt: Das letzte Mal gastierte GC am 1. August in Thun, heute am Ostermontag. Wann kommen die Niederhasler das nächste Mal nach Thun? An Weihnachten? An Silvester? Am Jahrestag der Ungeziefer?
Thun startet gut in die Partie. In der Startminute setzt sich Andrist gegen Smiljanic durch, es kommt zum Eckball. Und auch dieser ist gefährlich, GC bringt den Ball nicht raus, wieder kommt Andrist zum Abschluss… doch sein Schuss ist zu hoch und landet irgendwo in den GC-Wolken. So viel zum Elan der Thuner. Denn fortan setzen sie auf Catenaccio, statt Vorwärtsbewegung gibt es Quer- und Rückpässe, lieber bleiben die Spieler stehen, als sich freizulaufen. GC kommt zu mehreren Chancen.
Auch in der 20. Minute scheinen die Thuner eher desinteressiert am Spielgeschehen zu sein. Nicht nur die halbe Fankurve mag nicht zuschauen, als Zuber eine Flanke vors Tor schlägt, auch die Thuner Spieler reagieren… hm… zurückhaltend. So kann Emeghara ins Netz köpfeln. 0:1. Thun spielt weiter abwartend. Dabei war doch da noch was: Der Uefa Cup-Platz liegt wieder in Reichweite, vorausgesetzt der Cupfinal heisst Sion-FCZ und der Sieger der heutigen und der zwei verbleibenden Lachen-Partien heisst Thun. Und schliesslich heisst es ja auf Wikipedia: «Catenaccio ist ein Spielsystem im Fußball, das streng ergebnisorientiert ausgerichtet ist.» Also könnte Thun dieses Spiel noch gewinnen. Nur lässt sich halt die starke Defensivausrichtung der Thuner weniger als Riegel-Konzept denn als pure Lauffaulheit deuten.
Die löbliche Ausnahme bildet Andrist. In der 45. Minute spielt er den Ball noch ins Tor, nach dem die Szene längst vorbei ist. Bürki holt deshalb zur Ohrfeige aus… da Andrist mal nicht den toten Mann markiert, wurde er wohl nicht getroffen. Die Gelbe Karte erhält jedenfalls er. Wenig später (okay, es ist gleichwohl schon die 56. Minute), holt Vallori Andrist von hinten von den Beinen. Dafür gibt’s auch Gelb. Nur Gelb! Das sah doch sehr nach Notbremse aus. Der anschliessende Freistoss von Taljevic landet im Niemandsland. In der 59. Minute kommen Rama (für Taljevic) und Neumayer (für Matic) ins Spiel. Für die nächste Thuner Chance ist aber erneut Andrist besorgt, doch wird er fälschlicherweise wegen vermeintlichem Offside zurückgepfiffen.
Erst in der Schlussviertelstunde setzen auch andere Thuner als Andrist offensive Akzente. Das ist viel zu spät, weshalb man beispielsweise beim Kopfball von Schindelholz an den Pfosten oder bei den von Bürki abgewehrten Chancen von Klose und Rama nicht einfach von Pech reden darf. Minimalistenfussball wird nicht jeden Tag belohnt. So verliert Thun 0:1. Und weil anderthalb Stunden später der FCZ noch gegen Xamax aus dem Cup ausscheidet, sind die Thuner Träume einer Europacupteilnahme bereits wieder geplatzt.
Aber davon soll hier in der Bar di Paese nicht die Rede sein. Wir diskutieren bereits über das Derby vom Samstag. Ein Skandal, dass der Extrazug in Uttigen, Kiesen und Wichtrach hält, aber einfach nicht in Münsingen. «Du wirst gemobbt!» meint der YB-Fan zu mir. Hat was. Er selber geht aber überhaupt nicht ans Spiel. «Das gibt sowieso ein Unentschieden. Ich schaue mir am Samstag lieber Nazareth in Rubigen an.» Ja dann… Alla salute!