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Schweiz - Georgien 4-1
08.09.2002Nationalmannschaft


Was für ein Angebot - notabene beim lausigen Testspiel Baden-Thun ausgetüftelt: Man lasse einen legendären Hockeyfan seine Beziehungen im FCB-Sekretariat spielen und schwupps hat eine ganze Gruppe motivierter Fans aus dem Bernbiet Länderspieltickets. Doch so ein Arrangement hat auch seine Tücken, setzt es doch Vertrauen und Pünktlichkeit voraus. So sagt beispielsweise Fanclublegende Sascha am Vormittag seine Reiseteilnahme ab, weil er Angst vor einem Billet zu wenig, ja gar vor Ausverkauft hat. Und um zehn nach zwölf, der geplanten Abfahrtszeit in Thun, meldet sich Christian (ein YB-Fan muss beigefügt werden) telefonisch, dass er nach einer langen Pubfeier verpennt habe. Er will zwar schon noch nach Basel reisen, aber halt mit einer Stunde Verspätung.
So sind ab Thun erst drei, ab Bern dann acht Schweizliebhaberinnen und -liebhaber unterwegs. YB-, Thun-, Friburrrr-Fans und WG-Genossen sind wir, Schüler und Lehrer, Fussballerinnen und neckische Fees.
In Basel stellen wir fest, dass unsere Tickets leider nicht wie gewünscht für in der Muttenzer Kurve plazierte Plätze sind. Eine Diskussion mit Sicherheitsbeamten bringt nichts, wir müssen im C-Sektor bleiben.
So setzen wir uns halt hin - in zwei geteilte Gruppen. Tschaschper und ich relaxen mallorcageprüft in der Sonne, Rüpel-Alain und Kickerin Anna ebenso. Die weiteren Vier, eiszeitliebende Hockeyfans, dagegen finden ihr Gefallen am Schatten.
Hymnen singen geht heute mal einfacher, denn auf einem verteilten Faltblatt hats nicht nur eine grossformatige Schweizerfahne, sondern auch den Morgenrottext.
So brüllen wir halt die ganzen Verse heraus, die Spieler dagegen schweigen.
Der Match beginnt. Er nimmt erst einen ruhigen Lauf, doch dann steigern sich die Schweizer in eine Spieldominanz hinein. Gleich viermal springe ich in der ersten halben Stunde auf, will jeweils "Goooooooooal" schreien, doch die Aktionen enden leider jeweils mit missratenen Chancen.
Langsame macht sich da Ungeduld breit, zumal nicht alle Schweizer auf dem Platz in Topform scheinen. So etwa Hass in der Verteidigung, Cabanas im Mittelfeld oder einmal mehr Chappi im Sturm. Doch zum Glück steht auch ein EX-Thuner auf dem Platz. So wie Hakan Yakin macht auch Frei vorne gross Druck. Und in der 37. Minute schiesst er souverän ein - 1-0.
Georgien dagegen bleibt blass, einzig die paar Dutzend mitgereisten Fans wissen zu überzeugen.
Pause. Zwischenfall. Anna schwankt. Übermässiger Bierkonsum? Nein, nein, Hitzeschock. Halb schwarz vor den Augen, klappt sie vor dem Getränkestand fast zusammen. Sie schleppt sich in die Sanitätsstation und wird dort mit kalten Umschlägen wieder aufgepäppelt. Nach einer Viertelstunde Liegen ist sie wieder ganz gesund und kommt rechtzeitig zur Pause zu uns restlichen Fans zurück.
Wir bleiben nun alle solidarisch im Schatten - und pennen dabei fast ein. Das Spiel plätschert jetzt richtig. Kaum ein Schweizer Fanschrei ist noch zu vernehmen. Die Georgier haben nun vermehrt Spielanteile und münzen eine erste grosse Chance gleich in ein Tor um. Nach 62 Minuten stehts damit 1-1.
Oha lätz, wir ahnen Schlimmes. Doch noch bevor der Stadionspeaker den ausländischen Torschützen verkünden kann, schiesst Hakan Yakin zum 2-1 ein. Die Fussballwelt ist wieder in Ordnung.
Und noch viel mehr. Die Schweizer sind nun in einem Spielrausch wie man ihn sonst nur vom FC Thun her kennt. Da trifft Müller zum 3-1 und Chappi (ja genau der, der zuvor 80 Minuten äusserst blass und ineffektiv war) zum 4-1. Die YB-Fans unter uns zeigen freudig ihre gelben Schäle, wir Thuner Fans lästern, dass da doch jeder Nachwuchsspieler getroffen hätte.
Schliesslich wehen alle Fahnen, wirbelt die La Ola-Welle, pfeift der Schiri. 4-1, die Schweiz ist ein ganz wenig auf EM-Kurs.
Die Heimfahrt läuft fröhlich und vollzählig ab, anders als beim Wil-Match bleibt eine Fräulein-Verlust ein. Wobei... die meldet sich ja immerhin noch bei Älu smsig.
Und doch gibt es einen grossen Skandal zu vermelden: Bei der allgemeinen Gummibärlifütterung werde ich auf böseste Art vernachlässigt. Erst werden meine Gummiwünsche mit scheinheiligen Ausflüchten abgeblockt: "Wir wollen erst die salzigen Snacks essen!" Dann wird, kaum bin ich durch ein SMS abgelenkt, die ganze Packung ohne mich gefüttert.
Das sind natürlich genau solche Aktionen, die einem zum Kauf eines Anti-Gotteron-Schals bringen können.
Man sieht sich wohl trotzdem wieder: An jenem fernen Tag, wenn YB, Thun und Friburrrrr mal nicht am selben Abend spielen werden.