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Thun - FCB 1:1
21.08.2010Super League 2010/2011


Vor genau sechs Monaten, am 21. Februar 2010, hat der FC Thun letztmals ein Heimspiel verloren. Das war in der sogenannten guten alten Zeit, als es weder peinliche Thun-Songs, noch pöbelnde Gästefans gab. Und wenn doch, wäre kaum einer im Stadion gewesen, um sich je daran zu erinnern. 2250 Zuschauer sahen sich die 1:3-Niederlage gegen Wil an.
7100 Leute sind dagegen heute im Stadion. Das Ziel heisst erneut Sprung an die Tabellenspitze – wie Schneider Marc vorab in Interviews geprahlt hat. Nachdem aber bis zu Spielbeginn auch der letzte Thuner mitbekommen hat, dass Scarione Oscar wegen einer Muskelverhärtung fehlt, wären wir alle froh, wenn die drohende Niederlage gegen Basel nicht zu hoch ausfällt.
So diskutieren wir denn auch nicht die Fussballtabelle, sondern den Zwischenstand beim eidgenössischen Schwing- und Älperfest. Dank dem tollen Resultateservice meiner Freundin sind wir über sämtliche Rangierungen von 1 (Wenger Killian) bis 4k (Zbinden Stefan) informiert. Mit dem führenden Diemtigtaler fiebern wir mit und mit dem im vierten Umgang leider geschlagenen Meiringer Glarner Matthias leiden wir mit. Und natürlich auch mit Glarner Stefan. Der fehlt nämlich heute ebenfalls im Thuner Aufgebot – wegen einer Verletzung. Oder schwänzt da etwa jemand den Thun-Match, um seinen Bruder in Frauenfeld zu unterstützen?
Schon nach 90 Sekunden merken wir, dass der Yapi Gilles aus dem Nordwestschweizer Verband kein Naturell für den Schwingsport hat. Nach einem vermeintlichen Kontakt mit einem Thuner – da war aber nicht mal der Ansatz eines Griffes zu sehen – bleibt er mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Ist Fussball überhaupt noch ein Männersport?
In der 8. Minute kommt es zur folgenden Szene. Ich zitiere – zuerst aus dem Sportal-Liveticker: «Pascal Schürpf startet aus offsideverdächtiger Position in den Strafraum und scheitert alleine vor Da Costa am Thuner Goalie!» Und nun zitiere ich noch die Fussballexperten aus der Thuner Kurve: «Hey, säb chasch nöd mache, Fändlima! Das isch Abseits verdammt! U du Studer, gsehsch ume nüt?!» Dass das Schirigespann fünf Minuten später eine ähnliche Offsidepostition von Proschwitz nur allzu schnell erkennt und abpfeift, versteht sich natürlich von selbst.
Das Spiel erinnert in der ersten Halbzeit an einen Gestellten. Und selbst das Schwinger-Ritual Brunnentrog-Trinken wird nachgeahmt. Nach 22 Minuten gibt es eine Trinkpause. Ansonsten passiert nicht viel im ersten Umgang. Ausser dass die Basler Torschüsschen eigentlich immer von einem gewissen Schürpf Pascal abgegeben werden. Man sollte ihn mal einem stärkeren Gegner zuteilen.
In der zweiten Halbzeit beginnt Thun klar offensiver. Erst schiesst Demiri Muhamed einen 35-Meter-Freistoss nur knapp am Tor vorbei, dann köpfelt Klose Timm einen Corner (!) an die Latte (!!!). Was für eine Aktion, wenn man bedenkt, wie gnadenlos schlecht ansonsten die Thuner Eckbälle sind. Und dann flankt in der 60. Minute Lüthi Benjamin wunderschön auf Proschwitz Nick. Doch Proschwitz Nick schiesst den Ball ebenfalls an die Latte. Nun wäre die Thuner Führung wirklich verdient.
Doch hat Basel eben die stärkere Ersatzbank. Als für die Schlussviertelstunde Frei Alex (er wird von der Thuner Kurve mit lauten Buhrufen und Pfiffen begrüsst) und Huggel Benjamin ins Spiel kommen, ändern sich die Kräfteverhältnisse. In der 80. Minute tritt Frei Alex einen Freistoss aus gefährlicher Distanz, Schürpf Pascal kommt an den Ball und bezwingt Da Costa David. 0:1. Die Basler Spieler hüpfen zu fünft über die Werbebande und rennen zum Basler Block hin. Die Euphorie-Einlage wird von Studer natürlich nicht mit Gelb geahndet.
Nun muss Yakin Murat handeln. Er hat noch eine Wechselmöglichkeit. Er schickt Rama Miliaim für Lüthi Benjamin in die Kampfarena. Sekunden später kommt Thun zum Eckball. Dieser wird vom ebenfalls erst spät ins Spiel gekommenen Andrist Stephan getreten. Der kickt den Ball gezielt zu Rama Milaim, der mit dem Kopf einnickt. 1:1! Halleluja, nach (vermeintlich) jahrelangem Warten endlich wieder ein Eckballtreffer. Und der Beweis, dass auch die Thuner Ersatzbank gut bestückt ist. Also mit Fussballtalent. Klar, dass die Thuner Spieler das Tor ausgiebig feiern und zu den Fans rennen. Die Euphorie-Einlage wird von Studer natürlich mit Gelb geahndet.
Ausser drei weiteren Gelben Karten (für Schneider Marc, für Andrist Stephan und für Abraham David) sind die Schlussminuten verblüffend ereignislos. Thun ist gar die Equipe, die den drei Punkten ein wenig näher ist als Basel, aber zu einer wirklichen Topchance kommen auch die Einheimischen nicht mehr. So endet das Spiel 1:1.
Umgehend meldet sich der Speaker über die Stadionlautsprecher. Doch er bedankt sich nicht etwa beim FC Thun für die tolle Leistung, sondern bei den FCB-Fans für ihr sportlich-faires Verhalten. Wohl weil die Bebbis für einmal weder Pyros, noch Hecken angezündet haben. Ausgerechnet in diesem Moment wird es noch einmal hektisch. Als die Spieler zum Welle-Machen zu uns kommen wollen, eilt ein Basler Ultra dazwischen und stellt sich vor die Thuner Kurve. Härzig, wie er auf der Laufbahn den Max macht und uns seinen Muttenzerkurve-Schal entgegen streckt. He jo derno, ich schweer, ych bi der Kondiggteer. Oder so ähnlich. Doch ehe er sich versieht, stürzt sich ein Thunfan auf ihn zu und… reisst ihm den Schal weg und hüpft in die Kurve zurück. Leicht irrtiert schlendert er daraufhin davon und begegnet dann doch noch irgendwann den toporganisierten Securityleuten.
Wir feiern derweil mit der Mannschaft den Punktgewinn und das 6-Monate-Heimspiel-Dominanz-Jubiläum. Was eigentlich Grund genug wäre, den Schwinger-Spruch mal im Thuner Sinne umzudichten:

Mir Schwinger si die beschte
im suufe, vögle und im feschte.
Wärs nid gloubt söus cho teschte…