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Wil - Thun 0:1
03.11.2009Challenge League 2009/2010


Heute bin ich mein eigener Extrazug. Da in Autogaragen derzeit ebenso Hochbetrieb herrscht wie bei Versicherungsgesellschaften, müssen meine beiden (vermeintlichen) Reisebegleiter kurzfristig absagen. Montag ist halt einfach kein Fussballtag, mögen die Macher dieses Ramsch-Fernsehsenders, der im Bernbiet grösstenteils gar nicht empfangbar ist, noch so tolle Werbesprüche klopfen. Scheiss-Montagsspiele. Nämlich! Gratulation an die Wiler für die entsprechende Zaunfahne.
So sitze ich alleine im Zug Richtung Wil. Münsingen ab 17.09, Wil an 19.24. Was beschwerlich und langweilig tönt, ist aber ganz entspannend. Ich habe ein Viererabteil ganz für mich allein. Mit meinem Schal bin ich in den Augen der Heimwärts-Pendler und Durch-den-Regen-Wanderer viel zu gefürchig. Finster dreinblickend sitze ich hinter meinem Laptop und tippe Rivella blau trinkend Bewerbungen in die Tastatur. Ein richtig asozialer Fussballfan eben.
Beim Aussteigen in Wil ist Kleiderwechsel angesagt. Über meine eigentliche Jacke ziehe ich nun eine hellgrün-pinkige Regenjacke. Wetterfest muss ich heute sein, die Jungs im Blackbears-Forum haben mir jedenfalls richtig garstiges Herbstwetter prophezeit. Und ja, auch zur Farbwahl stehe ich: Hey, heute komme ich schliesslich im Farbfernsehen. Am Bahnhof dann aber die grosse Überraschung: Es regnet ja gar nicht. Kein einziger Regentropfen fällt heute Abend. Alle 20 Minuten ein Apfelpunsch, um mich warm zu halten, und schon lassen sich die klimatischen Bedingungen hier im tiefen Osten einigermassen ertragen.
Insgesamt sind wir 40 Thunfans in Wil. Etwa ähnlich viele Fussballangefressene stehen im Wiler Sektor hinter dem Tor – und das an einem Montag. Für NLB-Verhältnisse herrscht auf beiden Seiten Topstimmung. Jedenfalls zu Beginn. Denn während das Wetter besser als erwartet ist, ist das Spiel noch schlechter als befürchtet. Besonders die Wiler spielen ultradefensiv. Was soll denn das, lieber Didi!?
Bei dem Grottenkick bleibt uns wenigstens Zeit, ein wenig mit Taini zu schwatzen. Interessant, dass er noch weiss, wie er mal einen von uns mit der Getränkeflasche abgespritzt hat. Aber für solche Wasserspiele ist es heute definitiv zu frostig.
Irgendwer beschwert sich in der Pause bei Didi scheinbar über den Betonfussball, denn nach dem Wiederanpfiff gehen die Einheimischen viel energischer Richtung Ball. Endlich sehen wir richtigen Fussball. Und das Tolle daran: Jetzt wo die Wiler mehr wagen, haben die Thuner im Mittelfeld mehr Platz und kommen zu Möglichkeiten. Doch Rama und Roux können ihre Chancen nicht nutzen.
Yakin reagiert heftig. Nach einer Stunde wechselt er gleich beide Stürmer aus. Rama raus. Roux raus. Kavak und Kukuruzovic kommen ins Spiel. Scarione wird nach vorne beordert. Bereits nach wenigen Minuten geht Yakins Überraschungscoup auf. Kukuruzovic spielt auf Scarione, der schiesst zum 0:1 ein. Der Auftakt zu einer spannenden Schlussphase. Ja, nun gefällt uns der Match, nicht nur wegen der Führung. Hier ein wilder Zweikampf, da ein schöner Angriff… beide Teams zeigen nun, dass sie zur Top 5 der NLB gehören. Doch für Wil sind heute keine Punkte zu holen, die Thuner halten hinten dicht – auch wegen einem stark spielenden Stulz. Nach etwas mehr als 93 Minuten endet das Wil-Abenteuer, Thun holt drei wichtige Punkte und verteidigt Platz 2.
Also auf nach Hause – natürlich mit dem Thurbo. Während die Wiler Fans bald in Fussballhochburgen wie Guntershausen aussteigen, dauert allein meine S-Bahn-Fahrt geschlagene 63 Minuten. Erst fahre ich mit der S35 nach Winti, dann mit der S12 nach Zürich. Hier überrascht mich immerhin meine Freundin mit einem Znacht – notabene um Mitternacht. Merci. Es ist doch nicht alles schlecht an Montagsspielen.