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Lugano - Thun 1:2
31.07.2009Challenge League 2009/2010


FĂĽr einen (vermeintlichen) FC Thun-Allesfahrer hatte ich bisher einen massiven Flecken in meinem MilchbĂĽchlein: In all den Jahren bin ich nie an einem Meisterschaftsspiel im Tessin gewesen. Zu gross war meine Angst davor, Stunden unterwegs zu sein, um mir eine wahrscheinliche Niederlage ansehen zu mĂĽssen.
Für das heutige Spitzenspiel zwischen Lugano und Thun bin ich aber besonders motiviert. Die Planung ist jedoch komplex, zumal die Anspielzeit keine Rückfahrt im Zug zulässt. Ich muss mich also als Passagier auf die Strasse wagen: Im Car darf ich aber nicht mit (eine alte Geschichte…) , im Red White Boys-Bus hats keinen Platz mehr (ich habe die Anmeldung verpennt) und die Schizo-Reisevariante (zu 99% verspätete Ankunft, keine Rückfahrt) sagt mir definitiv nicht zu. Da entschliesst sich zum Glück spontan Thunplayaz, mit dem Auto ins Tessin zu fahren. Tiptop, da bin ich doch gerne dabei. Auch wenn die Abfahrtszeit 16.00 Uhr ab Thun etwas gar knapp bemessen ist. Um diese Zeit ist der Thun-Fancar schon am Ende… nicht am Ende der Reise, sondern schlicht kaputt. Dank einem blitzschnell organisierten Ersatzgefährt sind die um 13 Uhr gestarteten Fanprojektjungs dennoch früh genug in Lugano.
Wir sind dagegen um 18 Uhr erst auf dem Nufenen. Glauben wir jedenfalls, herrscht hier doch dichter Nebel. Wir bleiben trotzdem einigermassen im Zeitplan – Schizo und Co., die erst um 17 Uhr in Spiez gestartet sind, vermögen uns jedenfalls nicht einzuholen. Thunplayaz und ich machen gar noch eine kurze Pause an der Raststätte Gottardo Sud. Der Red White Boys-Kleber auf dem Herren-WC unterstreicht, dass wir hier nicht die ersten unserer Art sind.
Wenige Minuten vor Matchbeginn sind wir beim Stadion. Dumm nur: Alle Parkplätze sind besetzt. Lugano ist aber nicht etwa im Fussballfieber (1399 Zuschauer sind heute anwesend), vielmehr gastiert ein Zirkus auf dem Nachbargelände. Der Circus Cirque Starlight ist ja so etwas von doof. Ma certo. Bis wir endlich einen freien Privatparkplatz gefunden haben, ist das Spiel längst angepfiffen. Entsprechend schnell marschieren wir Richtung Gästesektor. Als wir da von weitem ein Pfeiffkonzert hören, können wir nur raten, was los ist. Ein schlimmes Foul? Eine Gelbe Karte? Als wir endlich im Stadion sind, stehen lauter Einser und Nullen an der Anzeigetafel: «10:00, 0:1. 1.» Thun führt tatsächlich 0:1, Faye hat mit einem schönen Tor in der 3. Minute die Pfiffe entfacht.
Eine gute Ausgangslage, nun muss Lugano das Spiel machen. Dpch das wollen sie auch. Besonders bei Standardsituationen sind die Tessiner gefährlich. In der 27. Minute dürfen sie einen Freistoss treten. Der Ball wird zwar auf Goaliehöhe geschossen, doch Stulz ist dennoch chancenlos. Das 1:1.
In der 31. Minute sieht Eldar Ikanovic seine erste Gelbe Karte. Nicht weiter wichtig – vorerst.
Und in der Pause sieht endlich Schizo sein erstes FC Lugano-Bier, trifft er doch zu diesem Zeitpunkt im Cornaredo ein. Da niemand mehr mit einem verspäteten Thunfan gerechnet hat, kann er sich wenigstens gratis ins Stadion schleichen.
Er hat Glück. Wenige Minuten später werden die Tore in unserem Sektor zu allen Seiten hin geschlossen. Wir sind nun von der Aussenwelt und auch vom Bierstand abgeschnitten. Ist das nun eine Sicherheitsmassnahme? Oder ist die Schliessung auf Anordnung meiner Freundin erfolgt, damit ich bestimmt kein weiteres Bier trinken kann?
Nach der Pause macht Lugano ordentlich Druck. Thun lauert auf Konter. In der 63. Minute ergibt sich eine Gelegenheit. Nach schnellen Pässen landet der Ball bei Ikanovic. Er schiesst zum1:2 ein. Seine Freude ist gross, er will sie teilen. Er rennt über die Werbebanden hinweg auf die Laufbahn, eilt uns Fans entgegen. Während wir ihm zuklatschen, rufen ihm die Mitspieler genervt zu. Einer schüttelt demonstrativ den Kopf. Wir verstehen erst nicht. Doch dann zeigt der Schiedsrichter Ikanovic die Gelb-Rote Karte. Übertriebener Torjubel.
Thun also nur noch zu zehnt. Und das Spiel dauert noch eine halbe Stunde!
Die Thuner zeigen sich von ihrer bissigsten Seite. Mal für Mal stoppen sie die Luganesi mit Fouls, fälschen sie den Ball ins Aus ab, erobern sie den Ball ganz einfach wieder. Lugano ist dennoch fast durchgehend im Ballbesitz. Schliesslich eine Riesenchance für das Heimteam. Doch pariert den Schuss mirakulös.
Vier Minuten werden nachgespielt. Die Thuner müssen nochmals zittern, nicht einmal die Möglichkeit, mit einem Wechsel Zeit zu schinden, haben sie noch. Mit letzter Kraft wehren sie nochmals die Lugano-Angriffe ab. Der Kraftakt gelingt, Thun gewinnt 1:2 und übernimmt damit die Tabellenspitze.
Ein toller Anlass, um gemeinsam mit der Mannschaft die Welle zu zelebrieren. Auch „Murat Yakin“-Rufe ertönen, er winkt uns fröhlich zu. Der eigentliche Star ist aber Faye, der auch als einziger ganz an den Zaun kommt.
Die Rückreise wird zum Strategiespiel. Der Radiosprecher verkündet sieben Kilometer Stau vor dem Gotthard. Wir planen daher, bei Ambri die Autobahn zu verlassen und den Rest der Reise auf Landstrassen fortzusetzen. Damit wir den Weg nicht selber heraussuchen müssen, schliessen wir noch auf der Autobahn mit unserem Thunplayaz-Mobil zu einem Kleinbus mit Berner Nummernschildern auf. Da gibt’s plötzlich vor uns einen Staubwirbel auf der Fahrbahn, wir prallen in einen Gegenstand rein. Der Kleinbus hält auf dem Pannenstreifen, wir auch. Unsere Red White-Boys haben soeben einen Pneu verloren, ein Teil davon klebt noch an unserem Auto. Wir helfen beim Aufstellen des Pannendreiecks, fahren dann aber nach ein paar aufmunternden Worten weiter.
Wir haben schliesslich noch drei massive Hügel zu bezwingen: Nufenen – Grimsel – Bärenstutz. An dieser Stelle ein grosser Dank an Thunplayaz und alle anderen Chauffeure, die heute Thunfans ins Tessin transportiert haben. Dir sit alles geili Sieche!