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Thun - Wil 3-3
23.09.2000NLB Qualifikation 2000/2001


Ich hätte das schlechte Omen wahrnehmen müssen: Als ich das Lachenstadion eine Stunde vor Spielbeginn betrat gröhlten mir über Lautsprecher die Big Brothers Zlatko und Jürgen entgegen. Schreckliche Musik, zu der sich das "Schiedsrichtergespann" Schluchter/Schluchter einlief. Lydia runzelte beim Anblick der Zwei ein erstes Mal die Stirn und warnte vor Frau Schluchter, die bekannt für ihre Fehlentscheide an der Linie sei. Doch ihre Besorgnis teilte im Fanclub keiner und froh gelaunt lärmten wir bei Spielbeginn.
Nach zehn Minuten sprach der Schwarze Mann Schluchter den Thunern nach einem groben Foul einen Freistoss zu. Mario Raimondi trat zum Ball, in der Absicht das schöne Freistosstor vom Delémont-Match zu wiederholen. Er trat den Ball, der flog und flog an der Verteidigung vorbei, am schlecht reagierenden Goalie vorbei ins Netz: Das frühe 1-0 für Thun.
Unser Jubel war gross, die zahlreichen Wiler Fans dagegen verstummten. Jedoch nicht für lange, da die Wiler knapp fünf Minuten später im Angriff waren. Die St.Galler gewannen mit ihrer Ballstaffete zwar viel Raum, richtig gefährlich wurde es aber nicht vor dem Thuner Tor, standen doch da wackere Verteidiger. Besonders Stettler hatte wieder einmal einen starken Zug auf den Ball und stürzte sich regelrecht in den Schuss. Mit der Brust hielt er den Ball erst auf, liess ihn dann aber vor die Füsse eines Wiler Angreifers fallen. Dieser lief blitzschnell auf das Tor zu. Gefährlich.
Doch da ertönte ein Pfiff von Schluchter. Alle Thuner atmeten auf, weil die gefährliche Situation damit geklärt schien. Doch plötzlich wich die Erleichterung purem Entsetzen: Schluchter zeigte doch tatsächlich auf den Penaltypunkt. Begründung: ein angebliches Hands von Stettler. So falsch diese Entscheidung auch war, sie war unumstösslich.
Ein Trost blieb den Thunern aber. Noch war der Ball nämlich nicht im Tor, den zwischen den Pfosten stand immer noch Toldino Valente. Konzentriert blickte dieser den Wiler Schützen Fuchs an, der antrat, in die linke Torecke zielte und... traf. 1-1.
Die Antwort der Thuner liess zum Glück nicht lange warten. Sofort rannten sie wieder Richtung Wiler Tor, bissen sich im Strafraum fest und schossen scharf - Haller traf, in Minute 21. Wieder Thun in Front.
Und damit nicht genug, die Thuner wollten das Spiel schon vorentscheiden. Besonders Chris Okapala lag viel daran, einen Treffer zu erzielen. So kämpfte er für einmal wieder um jeden Ball und liess sich von keinem Gegner beeindrucken. Bei einem dieser Zweikämpfe stürzte er plötzlich zusammen mit einem Wiler Verteidiger zu Boden. Keiner wusste so recht warum. Nur Schluchter wollte es genau gesehen haben und stürzte sich auf die beiden Liegenden. Er griff in seine Shorts und nahm eine Karte hervor: zu aller Überraschung stellte er Chris vom Platz! Fassungslos schritt der Nigerianer vom Feld, begleitet von lauten "Pfui"-Rufen von uns. Doch diese Rufe galten nicht etwa dem Thuner, sondern diesem angeblich so neutralen "Schiedsrichter" Schluchter.
Die Thuner Spieler dagegen blieben erstaunlich ruhig. Sie traten an die Mittellinie, spielten an, rannten Richtung Tor... und schossen in Sekundenschnelle das 3-1. Unglaublich und das ohne einen der wichtigsten Stürmer. Aber Raimondi, er war der erfolgreiche Schütze, war heute einfach in Topform.
Da hatte Wil das Nachsehen. Obwohl in Überzahl, gingen die Gäste mit einem 1-3-Rückstand in die Pause.
Zur Pausenunterhaltung fand ein weiterer Lucky Punch-Wettbewerb statt. Erneut standen fünf wagemutige Hobbyfussballer am Elfmeterpunkt, um den Ball gewinnbringend an Pfosten oder Latte zu knallen. Zu unserer Überraschung war einer dieser Nachwuchshoffungen kein anderer als Peter Kobel. Natürlich jubelten wir laut, wollten wir ihm doch zeigen, dass wir ihn trotz den sensationellen Leistungen von Valente noch nicht vergessen haben. So trat Kobel zum Ball, schoss... weit über das Tor. Schade.
Die zweite Hälfte begann. Das Spiel wurde nun immer ruppiger. Viele Zweikämpfe wurden mit unfairen Mitteln geführt. Es wurde gehalten und nachgetreten. Von beiden Mannschaften natürlich. Problem aber war, dass "Schiri" Schluchter durchwegs nur Thuner Attacken wahrzunehmen schien und vor allem am laufenden Band mit Gelben Karten bestrafte. Die Wiler Täter aber kamen immer wieder ungeschoren davon. Die konnten selbst Thuner Stürmer wenige Meter vor dem Tor äusserst brutal von den Beinen nehmen - der Pfiff blieb aus. Dafür pfiffen wir Zuschauer Mal für Mal lauter, war uns doch klar, dass der "Schiedsrichter" den Wilern unbedingt zum Unentschieden verhelfen wollte. Und zumindest der Anschlusstreffer wurde Tatsache, als Valente einen harten Schuss nicht halten konnte, sondern abprallen liess. Die Verteidigung passte kurz nicht auf und schon schnappte sich Sawu den Ball und schoss ins Netz.
Noch 15 Minuten. Das Stadion wurde mit jeder Fehlentscheidung des unverschähmt schlecht pfeiffenden Schluchters mehr zu einem Hexenkessel. "Pfui!"-Rufe ertönten mittlerweile im Minutenabstand. Auch Trainer Bregy schrie, wenn auch in anderem Wortlaut, mit. Und wurde nach dem ersten Wort vom völlig entgeisterten Schluchter auf die Tribüne geschickt. Von dort musste er mitansehen, wie ein Wiler Stürmer im Thuner Torkreis wild wie ein Kung Fu-Kämpfer alle Gegner kalt machte. Normalerweise ein Fall für eine Gelbe Karte, wenn nicht mehr... doch Schluchter hatte natürlich auch hier nichts Regelwidriges gesehen. Wiler Gewalt scheint für ihn ganz einfach zu einem Fussballmatch zu gehören. Für mich dagegen nicht. So schrie ich sicher zehnmal laut durchs Megaphon: "Karte! Karte! Karte!" Und wurde plötzlich angepöbelt! Nicht von dem "Schiri", nicht von der Security, auch nicht von Wiler Fans. Ein Thuner Zuschauer, der ein paar Reihen hinter mir stand, glaubte sich plötzlich wichtig machen zu müssen. Frech schrie er mich in breitem Berndeutsch an: "Du bisch es Dubi! Schrei doch nicht so! Du willst vom Fanclub sein? Ha! "Hopp Thun" musst du schreien und nicht..." Ich verlor bei diesem Scheiss-Geschwafel prompt die Nerven und hätte mich wohl auf diesen Vollidioten, der selbstverständlich während des ganzen Spieles nicht auch ein einziges Mal die Thuner Mannschaft angefeuert hatte, gestürzt. Doch der Willen, die Mannschaft auch in den letzten fünf Minuten zu unterstützen, war zu seinem Glück grösser.
So schrie ich, meist simples "Hopp", doch leider musste ich auch weiterhin "Schririaktionen", die total falsch waren, kommentieren. Und all das, während sich Wil fortlaufend böse foulend Richtung Valente stürzte.
Und es kam, wie es kommen musste... in der 93.Minute schoss der Wiler Eugster aus weiter Entfernung den 3-3 Ausgleich. Spielende.
Die Thuner liessen die Köpfe hängen. Die Wiler dagegen gingen froh unter die Dusche - wahrscheinlich Arm in Arm mit "Schiri" Schluchter.