Thunfans » Spielberichte » Challenge League 2008/2009 » Gossau - Thun
Gossau - Thun 4:3
17.04.2009Challenge League 2008/2009


Gleich sechs Aebikurve-Forum-User tippen vor dem Gossau-Spiel auf ein 1:3 für Thun. Diese Vorhersage ist etwa eine so realistisch wie die Prognose von Tom Toms Tom Tom-Gerät, das um 16.30 Uhr in Münsingen prophezeit, wir würden um 18.25 Uhr in Gossau eintreffen. Nur weil der Gegner bisher erst 20 Saisontore erzielt und ein einziges Heimspiel gewonnen hat, heisst das noch lange nicht, dass kein (Gossauer!) Torfestival möglich wäre. Realistischer sind die Fragen: Treffen Tomtom und ich pünktlich zum Anpfiff in Gossau ein? Und sehen wir dort bereits das 50. Gegentor der Saison?
Die Auto-Fanfahrt ist witzig. Selbst der stockende Verkehr vermag uns die Laune nicht zu verderben. Das ist immer wieder eine gute Gelegenheit, ein „Stau-Bier“ zu nehmen. Musikalisch lassen wir uns von den CDs „Rockin’ all over the summer festivals“, „Die besten Ferien-Hits“ und „Gubler: Rösti“ unterhalten. Besonders das Kurz-Hörspiel „Betty Bossy“ von Timmermahn ist sehr witzig. Kurzum wählen wir Geheimagent George Honeymoon zu unserem „Spieler“ des Tages.
Auch wenn wir fast anderthalb Stunde nach dem Fancar (oder sollte ich Fan-Offroader sagen) gestartet sind, holen wir die Fanprojekt-Jungs fast ein. Um 19 Uhr haben auch wir bereits den Gossau-Stutz im Sichtfeld, der aber nicht annähernd so stutzig wie der Bären-Stutz ist.
Wir parkieren auf dem Bahnhofparkplatz, geschätzte 100 Meter vor dem Gästeeingang. Zwei aus dem Fenster geworfene Franken. Man könnte nämlich auch 10 Meter vor dem Gästeeingang parkieren – gratis!
Anwesend sind 500 Gossauer, 50 Thuner sowie mindestens 20 Polizisten und sonstige Sicherheitsexperten. Dass wir hier auf dem Land sind, beweist mir der Securitytyp mit einem kräftigen Griff an meine Eier. Wetten, der Typ melkt im Stall noch von Hand?
Gelungen ist der Getränke- und Wurststand. Wie in Nyon kann man den Match durch ein Guckloch mitverfolgen. Das Bier hat aber einen üblen Nachgeschmack – nichts da von entspanntem go-saufen. Und wer eine Bratwurst bestellt, muss erst mal lieb nach Senf fragen, bevor einem der Grillchef ganz verschämt eine Senftube reicht. In der Ostschweiz gibt’s doch noch Handgriffe, die tabu sind.
Der Sportplatz Buechenwald ist zwar etwas holprig, aber immerhin stehen wir direkt an der Linie. Sanel nutzt diese Nähe für Trash Talk mit Gossau-Goalie Darko Damianovic aus. Bald merkt aber auch Sanel, dass heute ganz andere Spieler böse Worte verdient haben.
Gegentor Nummer 48 (das 1:0) fällt bereits nach zehn Minuten. Torschütze: Topstürmer Tomislav Misura, der in seiner Karriere immerhin schon für europäische Grossklubs wie Admira Wacker Mödling, Neftchi PFK, Lokomotiv Sofia, Kamen Ingrad und natürlich den Osteuropa-Klub schlechthin, den FC Wil, gespielt hat. Somit hat sich auch ein Slowene in die ruhmvolle FC Thun-Gegentor-Liste eingetragen.
In der 14. Minute trifft Blumer zum 1:1. Schön, aber nicht weiter wichtig.
Gegentor Nummer 49 (das 2:1) fällt in der 27. Minute. Wieder mal ein Fehler bei einer Standardsituation. Fabio Zancanaro trifft nach einem Freistoss. Natürlich ist auch der 22-jährige Italo-Schweizer ein Topstar des europäischen Fussballs. Er wurde immerhin beim FC Rorschach ausgebildet.
In der 50. Minute trifft Blumer zum 2:2. Schön, aber nicht weiter wichtig.
Gegentor Nummer 50 (das 3:2) fällt in der 54. Minute. Die Thuner Verteidigung unterschätzt mal wieder eine Flanke. Fabio Klingler lässt sich nicht zweimal bitten und trifft. Gegen einen Giganten wie Klingler (Körpergrösse: 1,72) sind die Thuner natürlich machtlos. Zumal Klingler als 20-Jähriger viel mehr Fussballerfahrung hat als die Thuner. Und dann kommt noch dazu: Klingler ist Mitglied der U20-Nationalmannschaft. Kein einziger Thuner wird es je soweit schaffen. Insofern ist mein Wutausbruch („50 Gegentore, verdammt noch mal, 50 Gegentore!“ natürlich völlig unangebracht.
Und es ist auch unangebracht, dem Torhüter irgendeine Schuld zu geben. Immerhin zweimal wird Stulz laut. „Schiri, Schiri!“ brüllt er, als roter Nebel (das muss ein Ostschweizer Wetterphänomen sein) in seinem Torraum eine Zuckerwatte-Atmosphäre schafft. Als ob es eine Rolle spielen würde, ob die Thuner gegnerische Bälle sehen oder nicht. Und „he, he“ brüllt Stulz, als ein Balljunge mal mehr als zehn Sekunden wartet, ihm einen Ball zuzuwerfen. Wir wären froh, wenn die Thuner Abwehrspieler eine ähnlich kurze Reaktionszeit wie der Balljunge hätten.
Gegentor Nummer 51 (das 4:2) fällt in der 65. Minute. Wieder mal ein Fehler bei einer Standardsituation. Ifraim Alija trifft nach einem Eckball. Auch er trägt natürlich einen grossen Namen. Er ist in Osteuropa so ein grosser Star, dass im Internet gleich drei Fussballnationen behaupten, er sei ein Landsmann. Wahlweise wird er als Albaner, Serbe oder Kosovoalbaner bezeichnet. Wir werden sehen, mit welcher Nationalmannschaft er 2010 in Südafrika spielen wird.
In der 88. Minute trifft Kukuruzovic zum 4:3. Schön, aber nicht weiter wichtig. Weniger schön, aber wichtig: Nach dem Match zeigen sich weder Spieler, noch Trainer vor der Fankurve. Das werden wir uns merken.
Die Feier bleibt aus, wir gehen nach Haus. So startet Tomtom um 22 Uhr wieder sein Tomtom. Tomtoms Prognose: In einer Stunde sind wir in Zürich, in zwei Stunden in Kiesen. Wann das wir aber wieder an einem Auswärtsspiel sein werden, kann uns das Gerät nicht verraten. Wir sind ratlos.

P.S. Ich verzichte auf die nächsten beiden Auswärtsspiele. Mit dem Geld, das ich spare, will ich einen Thunspieler für ein Zmittag oder Znacht einladen, der noch Herz für den Verein zeigt(e). So jemanden zu finden, wird schwierig werden.