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Thun - Concordia 1:0
23.03.2009Challenge League 2008/2009


Rasenmontag in Thun. Oder eher Rasermontag in Thun? Als Fan muss man sich einmal mehr nach der Arbeit beeilen, um rechtzeitig im Stadion zu sein. Wer spät kommt, wird vom FCT persönlich bestraft. Um fünf vor Acht gibt es keine Gratis-Mützen mehr am Fanstand vor dem Stadion. Skandal! Die Verantwortlichen haben wohl nicht damit gerechnet, dass tausende Saisonabobesitzer (okay, vielleicht warens auch nur 50) das versprochene Geschenk auch wirklich wollen. Angeblich ist ja Mützen-Nachschub unterwegs, aber spätestens fünf Minuten vor Spielbeginn werden wir langsam unruhig. «Tschuldigung, aber ich muss drin meine Glocke schwingen.» «He, ich muss aufs WC.» «Fängt jetzt nicht der Match an?» Schliesslich bekommen doch noch alle in der wartenden Menge ihre Mützen. Just bei Anpfiff sind wir im Stadion. Peinlicher Auftakt des Rasenmontags.
Das Medieninteresse am Match ist gross. Star TV überträgt live. Und der rasende Fussballexperte Marco Wölfli befragt für den Berner Landbote Fans, ob sie für oder gegen Montagsspiele sind. Gute Idee. Einfach schade, dass hunderte Saisonabobesitzer nicht am Match sind, weil sie wie meine Mutter heute Abend arbeiten müssen.
Auch die Thun-Spieler scheinen ungern am Montag zu spielen – wobei sie auch am Samstag, Sonntag und allen anderen Wochentagen unmotiviert auf dem Platz stehen. Nur so lässt sich erklären, dass sie gleich in der Startminute vom Bieli, Muff und Co. ausgespielt werden. Ein Wunder, dass das 0:1 nicht fällt. Überhaupt ist Congeli in der 1. Halbzeit das bessere Team auf dem Platz… oder besser gesagt, das weniger peinliche. Denn das Spiel ist schlecht, sehr schlecht. Thun verliert praktisch jeden Ball, meist gar unbedrängt. Doch auch die Kleinbasler wissen mit dem Ball nicht anzufangen, Bieli, Muff und Co. vergeben ihre Chancen auf haarsträubende Art. So steht es 0:0 zur Pause. Und wir wissen ja, dass Thun nach dem Pausentee jeweils noch viel schlechter spielt als davor. Prost, da bestelle ich mir lieber mal ein Holdrio.
Die zweite Halbzeit beginnt. Keine Wechsel bei Thun. Erst später werden Wittwer, Di Nardo (ja Rüfe, wir wissen, er hat eine YB-Vergangenheit und eine YB-Zukunft) und Cattaruzzi eingewechselt werden. Noch hofft Baumann, dass Talent, Kondition und vor allem Ehrgeiz der Thuner Startelf zur Leistungssteigerung ausreichen. Wir Fans wissen es besser.
Dann, in der 50. Minute geschieht das wohl nie mehr erwartete Thuner Fussballwunder. Thun hat einen Eckball. Eine Dutzendaktion, die sowieso nicht zum Tor führen wird. Ich schaue gar nicht hin, sondern diskutiere weiter mit einer Kollegin über Freuden und Leiden beim Pendeln. Ich sehe nur aus dem Augenwinkel, wie der Ball zuerst vors Tor fliegt, dann aber nach hinten gepasst wird. Dort steht Calapes. Und der schiesst. Ja, er trifft. Tor, tor, tor! Wie ein brasilianischer, pardon, wie ein portugiesischer Fussballkommentator möchte ich jetzt losschreien. Obrigado Luis, das ist das erste Thuner Eckballtor seit 55 Spielen. Ja, mindestens seit 55 Meisterschaftsspielen, denn ich führe erst seit letzter Saison Statistik die Thuner Eckballmisere. Also wenn jetzt endlich wieder ein Thuner nach einem Eckball das Tor trifft, dann weiss auch ich: DAS IST DIE WENDE! AB JETZT WIRD ALLES WIEDER GUT!
Und tatsächlich, in den Minuten nach dem Tor spielt Thun wie eine Spitzenmannschaft. Die Spieler rennen schnell und kämpfen, der Ball läuft gut. Man sieht Ballstafetten. Wahnsinn. Ist das noch das selbe Team, das uns noch in der 1. Mannschaft und irgendwie in allen Spielen im Kalenderjahr 2009 so sehr genervt hat. Ihr könntet es ja, Jungs!
Nur eben, der Ball sollte endlich ins Tor. In dieser Halbzeit vergeben die Thuner Topchancen. Die Congeli-Abwehrspieler sind doch jetzt sichtlich müde. Schiebt endlich den Ball an ihnen vorbei. Doch es steht nach wie vor 1:0.
In den Schlussminuten sehen wir stürmische Szenen. Sturmböen wehen Mützen vom Kopf und drohen Transparente und Fahnen wegzureissen. Und ausgerechnet jetzt greift Congeli zu elft an, selbst Buh-Mann, eh Tor-Mann da Costa taucht in der Thuner Platzhälfte auf. Doch die Thuner, nun auch etwas ermüdet, halten mit letzter Kraft dagegen. Noch ein letzter Ball, den Stulz aber sicher hält, und dann hat Thun gewonnen. Wow, der erste Sieg seit dem 15. November. Und der ist sicher verdient, wenn man die 1. Halbzeit mal ausblendet und sich an die Kampfszenen der 2. Halbzeit erinnert.
Mann des Spiels, laut Star TV-SMS-Wahl, ist übrigens Reiner Bieli (46 Prozent). Er hat sich bei der Wahl gegen Stulz (35 Prozent) und Schürpf (19 Prozent - ist das einer der unbekannten Nordkoreaner von Congeli?) durchgesetzt. Wir haben seine Qualitäten schon immer zu schätzen gewusst.